Filme » Reviews

Amityville 3 Review


2010-01-12  Tonio Gas  8 Likes  0 Kommentare 
Fleischer fleischlos und blutarm
Was musste das Städtchen Amityville schon über sich ergehen lassen. Erst "Der weiße Hai" 1 und 2, und dann auch noch die "Amityville Horror"-Reihe. Na, vielleicht war der dämonische Fluch ein touristischer Segen, wer weiß? Den zu rezensierenden Film kann jedenfalls der Teufel holen.

Wie bei Haunted-House-Filmen nicht unüblich, ist's die nachte Gier, die Menschen auch nach den geballten Schrecknissen zweier Vorgängerfilme noch in das verwunschene Domizil treibt. Ein Traumhaus zu einem sagenhaft günstigen Preis? Da setzen bei so manchem die Warnsignale mal eben aus. Auch bei John Baxter, der als Enthüllungsjournalist sowieso hinter jedem Spuk einen geschickten Fake vermutet. Dass er sich eines besseren wird belehren lassen müssen, dürfte so unerwartet nicht kommen.

Und nun einmal zur Wertung, bei der leider nicht viel Gutes zu sagen ist. Kennen Sie den? Kommt der Tod zu einem Mann (es könnte auch eine Frau sein) und sagt: "Okay, jetzt komm' mal mit." Sagt das potenzielle Opfer: "Nö, Du kannst mich nicht holen, ich habe nämlich gar nicht gelebt." Und das ist das Grundproblem des Filmes. Das Drehbuch hat den Hauptcharakteren einfach kein Leben eingehaucht, die Darsteller (neben Unbekannten die junge Meg Ryan in einer kleinen Rolle) können es auch nicht. Wer nicht lebt, um dessen Ableben muss ich mich auch nicht ängstigen, ich muss keinen Anteil daran nehmen, und das Gegenteil sollte doch wohl das Ziel eines Horrorfilms sein. Die Hauptcharaktere sind klischeehafte Abziehbilder: Ein Mann im mittleren Alter, der sich weigert, an Spuk zu glauben, die zerrüttete Ehe, die (evtl. durch das gemeinsame Durchleben der Extremsituation) wieder gekittet werden könnte, eine Tochter ohne Eigenschaften. Wer sind diese Menschen, wie fühlen sie wirklich, warum sollen wir um sie bangen? Mir waren diese Figuren niemals nahe, also soll sie sich das Haus doch ruhig holen! Wie kann man das völlige Fehlen von Anteilnahme ausgleichen? Durch rabenschwarzen Humor, durch atemberaubendes Tempo, notfalls auch durch einen Splattereffekt nach dem anderen. Doch wenn man sich eher zurückhält und Standardsituationen abspult, müssen schon Geschichte und/oder Charaktere stimmen, sonst wird es langweilig.

Und so war es hier, wenngleich Regisseur Richard Fleischer sich als passabler Techniker erweist. Er beherrscht die Grundregeln des Genres halbwegs, wie die, dass sich Fake und wahrer Schrecken gern einmal unerwartet abwechseln dürfen. Am Ende bleiben aber doch zu viele blinde Flecken. Was sind das nun eigentlich für Wesen, die das Horrorhaus bewohnen, warum sieht der Hauptgeist wie ein Trash-Monster aus, das wahlweise Insekten, Feuer und eisige Winde losschickt? Es gibt durchaus Filme, die ihren Reiz darin haben, nicht alles zu rationalisieren, aber bei denen ist das Paranormale in sich stimmungsvoll oder Ventil, durch das sich aufgestaute Gefühle (Ängste, Aggressionen etc.) der Protagonisten Bahn bricht. Hier wirkt letztlich alles wie ein etwas krude zusammengebasteltes Horror-Haus aus dem Baukasten.

Gibt es Reizvolles? Ein bißchen schon, aber man muss suchen. Im Grunde ist schade, was aus dem guten Regisseur Richard Fleischer geworden ist. Er hatte von 1946-87 Filme gedreht, ein paar gute Reißer sowieein paar äußerst reizvolle, innovative Filme mit eigenwilliger Nutzung des filmischen Raumes. Aber ab Mitte der Siebziger musste er nehmen, was Hollywood ihm noch bot, und er befand sich leider auf dem absteigenden Ast. "Amityville 3" macht da leider keine Ausnahme, wenngleich sich einiges Markantes erklären lässt. Als Sproß einer Trickfilmfamilie (Fleischer-Studios, u.a. "Betty Boop" und "Popeye") war Fleischer immer interessiert an technischen Neuerungen. Für so einen muss es reizvoll gewesen sein, einmal einen Film in 3-D zu drehen. Jawohl, "Amityville 3" heißt im Original "Amityville 3-D"und fällt mit seinem Aufführungsjahr 1983 in eine Periode, in der die lustigen grünroten Brillen kurzzeitig in Mode gebracht werden sollten. Vielleicht ist es ja James Cameron, seinem "Avatar" und einem wahrscheinlichen neuerlichen 3-D-Boom zu verdanken, dass nun die Amity-DVD wieder neu aufgelegt wird, in einer limitierten Auflage sogar mit Brille. Doch 3-D im Fernsehen ist trotz guter DVD-Qualität immer noch recht suboptimal mit zerlaufenden Konturen an den Rändern. Macht nichts, man kann auf 2-D umschalten und auch dort noch sehen, wo Fleischer den 3-D-Effekt bemüht hat. Dies macht er ganz geschickt durch Staffelungen des Raumes in die Tiefe und durch plötzliches Hervorschießenlassen von Gegenständen und Wesen. Aber letztlich sind das nur ein paar kleine Fleisch(er)bällchen in einer faden Suppe, vordergründige Effekte ohne Fond. Man hat den Eindruck, Fleischer war nur an der Technik statt am Geschichtenerzählen interessiert und hat weitgehend auf Autopilot geschaltet. So blutleer sollte ein Horrorfilm nicht sein! Frei nach Harry Dawes, dem von Humphrey Bogart gespielten Filmregisseur aus "Die barfüßige Gräfin": "There are films with three dimensions, with two dimensions, with one dimension and with no dimension at all."

Die FSK-18-Freigabe wirkt heutzutage ein wenig streng, der Einsatz von Schockeffekten ist zwar vorhanden, aber eher moderat. Die DVD bietet im Rahmen der 3-D-Möglichkeiten ein gutes Bild, hervorragende Tonqualität und ein paar Trailer. Den 3-D-Effekt kann man ausschalten. Es gibt den deutschen und englischen Ton, aber keine Untertitel. Fazit: Eine Enttäuschung, bei der man nur für gewisse handwerkliche Geschicklichkeit am Rande 25 von 100 Punkten geben kann. Was gibt es Besseres? Ungeschlagen aus dem Bereich "haunted house" ist "Bis das Blut gefriert" (1963, s/w) von Robert Wise, der mit minimalen Effekten maximale Gänsehaut erzeugt und endlich auch einmal die hier so schmerzlichen vermissten interessanten und Anteilnahme erweckenden Charaktere hat. Eingefleischten Fans mag dieser Klassiker zu wenig zur Sache kommen, da könnte man zum Remake "Das Geisterschloss" greifen. Aber besser nicht zu "Amityville 3".

Zusammenfassung: "Amityville 3" ist ein mäßig origineller, moderat schockierender und die Altersfreigabe nicht ganz rechtfertigender Haunted-House-Horrorfilm. Neben der jungen Meg Ryan in einer Nebenrolle tummeln sich unbekannte und mittelbegabte Darsteller in einer konventionellen und etwas zusammenhanglosen Geistergeschichte. Da den klischeehaften und/oder uninteressanten Figuren kein Leben eingehaucht wird, brauchen wir auch um das Ableben nicht mit Anteilnahme zu bangen, und das macht's langweilig. Regisseur Richard Fleischer, eigentlich ein eigenwilliger Gestalter des filmischen Raumes, hat ein schwaches Spätwerk gedreht, in dem er ab und an 3-D-Efekte nutzt, aber sich augenscheinlich mehr für Technik als Geschichte und Charaktere interessiert hat. Trotz guter DVD-Qualität und optionalem 3-D-Effekt mit Pappbrille ein reichlich eindimensionaler Film.

Trotz 3-D: Der Film ist erschreckend flach.

Punktewertung

Fehler gefunden? Melden.

Dieser Artikel kann Affiliate-Links enthalten, die mit gekennzeichnet sind. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für dich ändert sich dadurch nichts, auch nicht am Preis, aber du unterstützt damit dieses Projekt. Deswegen bereits im Voraus: Danke.
   Titel Amityville 3
   Genre
   Release 2009-10-09
   Systeme
   Publisher Indigo
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 18 Jahren Jahren
   Homepage
Werbung

DVD & Blu-ray

Jetzt bestellen!
Paypal Trinkgeld