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Jerry-Lewis-Box - 4 Filme auf 2 DVDs Review


2010-08-30  Tonio Gas  9 Likes  0 Kommentare 
Die Box versammelt drei Komödien unterschiedlicher Qualität und ein Drama. Im Einzelnen:

Jerry das Mondkalb (Jerry am Arsch der Welt)
Der Filmvorspann ist das einzig wirklich Kreative in diesem Film, das sich anzusehen lohnt. Was den Film darüber hinaus noch aufwertet, ist die von Lalo Schifrin komponierte Musik. Doch selbst diese beiden Aspekte machen es mir, die ich über die schrägsten Jerry-Lewis-Trotteleien noch lachen kann, wirklich schwer, dem Film etwas Sehenswertes abzugewinnen.

Die Handlung ist schnell erzählt: Der Film, der von 1966 ist, spielt um die kommende Jahrhundertwende. Sowohl die Amerikaner als auch die Russen betreiben auf dem Mond eine Wetterstation, die mit jeweils zwei Landsleuten besetzt ist. Doch während sich die beiden Amerikaner aufgrund der dauernden Anödung durch das gleiche Geschlecht an die Gurgel gehen, haben die russische Kosmonautin Anna Soblova (Anita Ekberg gespielt wird) und der Kosmonaut Igor Valkleinokov ganz offensichtlich Spaß. Dass die Russen fortschrittlicher sind oder die besseren Ideen haben, ist für die Amerikaner eine Katastrophe, so dass sie beschließen, ein ausgebildetes und zugleich miteinander verheiratetes Team auf dem Mond zu schicken. Die Wahl fällt auf Wetternaut Pete Mattemore (Jerry Lewis) und die Astronautin Eileen Forbes. Diese kennen sich zwar erst seit drei Tagen, aber in Anbetracht der prekären Lage des Vorgängerteams, des Ansehens Amerikas und mangelnder Alternativen können sie überredet werden - Blitzhochzeit inklusive. Nach anfänglichen Streitereien legt Eileen ihre Prüderie ab, und es werden auf dem Mond wilde Partys gefeiert, bei denen die Partner auch schon mal wechseln. Annas Wunsch, Igor zu heiraten, wird durch eine Schwangerschaftslüge perfekt gemacht. Doch stopp: Die Russen als erste Nation, die auf dem Mond eine schwangere Frau haben? Das kann nicht angehen und so müssen auch Eileen und Pete nachziehen.

Der Film besteht aus keinesfalls witzigen, eher bescheuerten Gags und trieft vor Vorurteilen: Die Russen werden als ein sauffröhliches Partyvölkchen, die Amerikaner als moralische Saubermänner verkauft. Die Entstehungszeit des Films zeigt sich auch deutlich im Eifern, die andere Nation mit allen Mitteln zu überholen. Und in Kleidung wie Frisuren, die zur Jahrtausendwende noch genauso schrill und toupiert sind wie in den Sixties. Wenn es auch für einen Moment ganz nett ist, eine SF-Komödie als Projektionsfläche für psychedelische Design-Exzesse der Sixties zu missbrauchen: Insgesamt ein beschämender Film, bei dem selbst Jerry-Lewis-Fans leugnen sollten, ihn jemals gesehen zu haben.

Besuch von einem kleinen Planeten (Jerry der Astronautenschreck)
Eigentlich wollte Kreton, ein Außerirdischer vom Planeten X 47, zu Studienzwecken den amerikanischen Bürgerkrieg miterleben. Trotz erheblicher Bedenken genehmigt ihm sein Lehrer nachträglich die Reise; einerseits um praktische Erfahrungen im Wahlfach "Erde" zu bekommen, andererseits um ihm die Flausen auszutreiben.

Doch Kreton verrechnet sich um 99 Jahre und landet 1960 im Vorgarten des Fernsehmoderators Spelding und seiner Familie. Dieser ist entschiedener Vertreter der Meinung, dass es weder fliegende Untertassen noch Besucher aus dem Weltraum gibt. Er wird eines besseren belehrt. Im gegenseitigen Austausch lernt man sich kennen. Kreton beobachtet, fragt, probiert aus und mischt sich ein. Schon bald genießt er große Sympathie bei seinen Gastgebern. Als er sich in die Tochter des Hauses verliebt, rechnet er nicht mit den Konsequenzen: Er verliert seine vorteilhaften Superkräfte, lernt Eifersucht, Liebesschmerz und ganz realen physischen Schmerz kennen - er wird zum Erdling. Doch bevor alles aus dem Ruder läuft, kann Kreton seinem Lehrer zweifelsfrei versichern, von seiner Erdensehnsucht geheilt zu sein.

"Der Astronautenschreck" zählt sicherlich nicht zu Jerry Lewis besten Werken, aber der Schwarz-weiß-Film hat solide Jerry-Lewis-Gestik, Mimik und Wortwitz und liefert allemal gute Unterhaltung.

Alle Mann von Deck (Keiner verlässt das Schiff)
Die Vorfreude auf Hochzeitsnacht und Flitterwochen wird jäh unterbrochen, als Navy Leutnant John Paul Steckler VII. den Befehl bekommt, sich umgehend bei seinem Commander zu melden. Trotz des wahrlich unpassenden Zeitpunktes vertröstet er seine eben Angetraute mit der Vermutung, auf ihn warte sicherlich ein Orden. Die Navy hat aber alles andere als eine Auszeichnung im Sinne, vielmehr wird er mit der Anklage konfrontiert, Marineeigentum veruntreut zu haben.

Steckler gesteht bereitwillig und reumütig, einen Kompass, einen Sextanten und einen Büchsenöffner nicht zurückgegeben zu haben. Doch geht es der Navy um nicht weniger als einen voll einsatzfähigen und komplett ausgerüsteten Zerstörer im Wert von 5.415.925 Dollar.

Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Steckler nämlich die Aufgabe übertragen, die U.S.S. Kornblatt in den Heimathafen zu überführen. Doch kommt der Zerstörer dort nie an und fehlt seither im Inventar der Navy. Unter Einsatz von Hypnose, viel Geduld einer frisch angetrauten Ehefrau und aufwändiger Suchaktionen wird das Geheimnis um den Verbleib des Schlachtschiffes gelüftet und Steckler rehabilitiert.

"Alle Mann von Deck" sprüht vor Wortwitz und soliden Lachern. Wie immer spielt Jerry Lewis einen etwas ungeschickten und ungeplant komischen Witzbold, den missliche Umstände einholen, hier das Kriegsende. Der Film nimmt gekonnt immer wieder kleine Motive auf und verarbeitet sie im weiteren Verlauf der Handlung. So ist allein das schreckliche Hin und Her zwischen Navyhauptquartier und Ehebett ein stetiger Kraftakt für die Nerven aller Beteiligten. Deshalb ist der Schluss, wenn das Hotelzimmer der Eheleute zum militärischen Sperrgebiet ernannt wird, eine Geste, die das Pflichtbewusstsein der vorhergehenden Bemühungen würdigt. Der Zuschauer kommt aus dem Schmunzeln jedenfalls nicht heraus. Und wer sich nun noch fragt, warum John Paul Steckler eigentlich der VII. ist, dem sei verraten, dass er nur durch den ungeplanten Umstand, dass sein Bruder eine Schwester ist, der VII. wurde.

An einem Freitagabend
Ist es moralisch vertretbar, wenn ein krankes Kind eine Medizin bekommt, anderen kranken Kindern aber diese Chance nicht eröffnet wird? Diese Frage stellt sich Dr. Bernard Abrams während des Krankheitsverlaufes seiner sechsjährigen Adoptivtochter Felice. Diese erkrankt an einer seltenen Form von Epilepsie, und nach langem und zähem Kampf gegen die Bürokratie steht in Aussicht, ein möglicherweise wirksames Mittel zu bekommen. Der Film, der auf tatsächlichen Geschehnissen beruht, wird durch die Erzählperspektive von Dr. Abrams eingeleitet. In einer Rückblende wird die Geschichte einer Familie erzählt, die sich gegen Bürokratie zur Wehr setzt und nach einem langen zehrenden Kampf doch gewinnt. Nach einem unerklärlichen Sturz wird bei einem vormals fröhlichen und lebenslustigen Mädchen Epilepsie diagnostiziert. Trotz einer medikamentösen Behandlung wird der Abstand der Anfälle kürzer und werden die Anfälle heftiger. Die Ärzte stellen in Aussicht, dass absehbar geistige Schäden verbleiben werden - helfen können sie nicht. Der verzweifelte Familienvater stürzt sich in die Recherche nach sachdienlichen Hinweisen. Er wird auf ein Medikament aufmerksam, das in England mit Erfolg in solchen Fällen zum Einsatz kommt. Alle hinzugezogenen Spezialisten bestätigen, dass Valproinsäure die Rettung sein könnte - das Medikament ist allerdings nur auf dem europäischen Markt erhältlich. In den USA kämpft bereits das Nationale Institut für Gesundheit um die Medikamentenzulassung; Studien laufen bereits, die Sicherheit und Wirksamkeit sicherstellen sollen. Da Felice nicht den Voraussetzungen der Testpersonen entspricht, wird ihr das Medikament verwehrt. Eine Sondergenehmigung vom Gesundheitsministerim zu bekommen, dauert zu lange. Eine groß angelegte Pressekampagne soll das Bewusstsein der Bevölkerung, aber auch der Behörden schärfen.

Aufgrund hartnäckiger Bemühungen wird der Kontakt zum führenden britischen Spezialisten hergestellt, und die gesamte Familie samt behandelndem Arzt und befreundetem Priester macht sich auf den Weg nach Birmingham, England. Eine Verabreichung des Mittels bringt umgehend sichtbare Erfolge. Als wäre dieser entsetzliche Leidensweg für Felice und ihre Familie noch nicht genug, ist die Einfuhr von Valproinsäure die nächste Herausforderung. Leid, Entbehrung und Vernachlässigung tritt die Familie mit unumstößlichen Glauben in die Wohlbedacht göttlicher Entscheidungen und mit Familienzusammenhalt entgegen. Eine Hommage an das Ertragen, Hoffen und Siegen.

Jerry Lewis ist einmal nicht als Blödelmime zu sehen. In dieser völlig untypischen Rolle überzeugt er mit einer kämpferischen, emotionalen, aber auch zutiefst verzweifelten Darstellung. Eine weitere namhafte Rollenbesetzung ist mit Morgan Freeman gelungen, der den behandelnden Arzt von Felice spielt.

Gesamtqualität der Box
Es gibt nur den deutschen Ton, und die Tonqualität einiger Filme lässt zu wünschen übrig. Auf der zweiten DVD finden sich einzelne dumpfe Nebengeräusche und plötzliche Lautstärkenunterschiede. Die Farbqualität oftmals ist nicht satt, sondern blass. Die Hautfarbe im vierten Film lässt alle Beteiligten passenderweise krank und elend aussehen. Zusätzliche Extras enthält die DVD-Box nicht. Was auch stört, ist, dass das DVD-Cover zwar einzelne Handlungsangaben zu den einzelnen Filmen gibt, ansonsten aber überhaupt keine individuellen Angaben enthält. Darsteller, Erscheinungsjahr und einzelne Spielfilmlängen wären sicherlich für den schnellen Blick interessant und hilfreich. Außerdem hat man noch nie so viele Deutschfehler auf so kleinem Raum gesehen.

Doch auch wenn die Verpackung eine Schlampigkeit sondergleichen ist, enthält sie ein paar unentdeckte Schätze.

Insgesamt ist die Filmauswahl bis auf einen Missgriff positiv. Einzelne Filme erreichen möglicherweise nicht die Klasse Lewis' Meisterwerke. Doch allein die Chance, auch unbekanntere Filme kennen zu lernen, ist Grund genug, sich auf die Filmauswahl einzulassen.

Punktewertung

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   Titel Jerry Lewis Box *4 Filme auf 2 DVDs!*
   Genre
   Release 2010-07-29
   Systeme
   Publisher SchröderMedia HandelsgmbH & Co KG
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
   Homepage
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