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Der Tiger Review

Ein deutscher Kriegsfilm als Höllentrip im Panzer


2025-10-01  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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Der Film spielt im Jahr 1943, an der Ostfront: Eine fünfköpfige Besatzung erhält den Auftrag, weit hinter den Frontlinien einen abtrünnigen Oberst zu finden und zurückzubringen – oder ihn festzunehmen. Begleitet von „Panzerschokolade“ (Methamphetamin), rückt der Tank tiefer ins feindliche Gebiet vor, während die Männer zunehmend psychische Qualen durchleben. Die Mission wird zur Reise ins „Herz der Dunkelheit“ – zwischen realen Gefahren und inneren Dämonen.

Der Tiger, der titelgebende Panzer, wird nicht nur zum Gefährt, sondern zum beengten Schauplatz für Schuld, Angst und moralische Konflikte. Während außen die Artillerie donnert, tobt im Inneren ein Krieg zwischen Befehl, Gewissen und Verzweiflung.

Inszenierung & Atmosphäre: klaustrophobisch, intensiv, visuell stark
Regisseur Dennis Gansel setzt stark auf Nähe: Enge Bilder im Panzer, Schweiß, Staub, Gesichter im Halbdunkel – man spürt förmlich, wie die Luft dünn wird. Die Kamera bleibt dran an den Charakteren, der Ton schwankt zwischen infernalischem Beschuss und bedrückter Stille.

In einzelnen Szenen entwickelt der Film echten visuellen Stil – wenn sich Realität verschiebt, die Grenzen zwischen Wahn und Wahrheit aufweichen. Doch manchmal kippt die Symbolik ins Überdeutliche, verschenkt an Szenen, die zu sehr plakativ werden.

Technisch überzeugt „Der Tiger“ weitgehend: Kamera, Schnitt, Soundtrack – alles fügt sich zu einem dichten Erlebnis. In diesen Momenten zeigt sich, dass hier kein Popcorn‑Kriegsschinken, sondern filmisches Anspruchsdrama geplant ist.

Charaktere & Ensemble: Stimmen im Stahlpanzer
Lediglich ein kleiner Teil des Films kann sich der Charakterzeichnung widmen – das Drehbuch lässt viele Figuren schemenhaft. Dennoch gelingt es, einige Konflikte anzudeuten: Pflicht vs. Empathie, Gehorsam vs. Selbstschutz, Schuld vs. Verdrängung.

David Schütter trägt als Kommandant viel Verantwortung – er ist Führer, aber auch zweifelnder Mensch. Die anderen Mitglieder der Besatzung bekommen Momente, in denen sie hervortreten, doch meist bleiben sie Nebenfiguren gegen das Ensemble und die klaustrophobische Situation.

Der Oberst im Versteck fungiert schließlich als Projektionsfläche – nicht als vollständig realisierte Figur. Damit bleibt eine zentrale Schwäche: Die Perspektive verschiebt sich stark auf die Täterseite, Opfer und historische Dimension laufen Gefahr, im Schatten zu stehen.

Der Tiger ist kein leichter Kriegsfilm – aber ein Film, der mit seiner Einschließlichkeit, seinem psychologischen Spannungsbogen und seiner Bildsprache beeindruckt. Er kratzt an Rändern, zieht Parallelen zwischen Befehl und Verantwortung, zwischen Krieg draußen und Krieg innen. Doch er präsentiert nicht die Opferseite, und manchmal wirken seine Aussagen zu wenig konturiert. Wer sich auf ein intensives, verstörendes Erlebnis einlassen will – und mit Ambivalenz leben kann – wird hier Stoff zum Nachdenken finden. Für alle anderen könnte die Distanz zur Geschichte zu groß sein.

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