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Winter Voices Review


2010-11-15  gracgre  7 Likes  0 Kommentare 
Vergesst alles, was ihr bislang über Rollenspiele gewusst habt, denn das werdet ihr in diesem innovativen Game aus diesem Genre kaum brauchen. Beyondthepillars versucht mit Winter Voices eine ganz andere Richtung auf diesem Gebiet einzuschlagen und sich mit einer für solche Spiele eher untypischen Systematik von dem Rest der RPG-Welt abzusetzen.

Worum geht es denn überhaupt?
Die Atmosphäre zu Beginn des Spiels, das komplett auf englisch bzw. französisch spielbar ist, ist ziemlich finster und kalt. Die Bilder erinnern ein wenig an solche, wie sie Kinder oder Teenager in Gruselstreifen zeichnen würden, wenn sie ihre Ängste vor irgendwelchen Gestalten oder Geschehnissen darstellen müssten. Abgerundet wird das Ganze durch die düstere Stimme des Erzählers, der euch von einem verschneiten Dorf berichtet, das umgeben von Nebel und Bergen mehr oder weniger abgeschottet von der Außenwelt ist.

Ihr spielt ein vierundzwanzigjähriges junges Mädchen, deren Vater soeben verstorben ist. Geplagt von großem Schmerz und tiefer Trauer über diesen Tod, beginnt für die Heldin ein Abenteuer, in dem sie versucht Licht in die Geheimnisse rund um die dunkle Vergangenheit ihres Vaters zu bringen. Dies erweist sich jedoch umso schwerer, als dass sie immer wieder mit ihren Leiden konfrontiert wird.

Winter Voices gliedert sich in mehrere Episoden, die alle separat erscheinen und in denen ihr der Lösung dieses Abenteuers Schritt für Schritt näher kommt. Der Prolog, um den es in diesem Test geht heißt Avalanche.

Na dann auf!
Bevor es überhaupt losgeht, dürft ihr eurem Charakter ein wenig Persönlichkeit verleihen. Im Klartext heißt das, dass ihr eurer Hauptfigur einen Namen geben sowie ihr Äußeres, also Kleidung, Gesicht, Haarfarbe, etc. verändern und ihr sogar einen von drei vorgegebenen Berufen zuweisen könnt. Die Auswahl des Berufs hat jedoch, soweit dies festgestellt werden konnte, lediglich dahingehend Auswirkungen, dass je nach Beruf die einzelnen Eigenschaften eurer Heldin zu Beginn einen entsprechenden Mindestwert haben.

Im Rahmen der Erstellung eures Charakters besteht für euch noch die Möglichkeit, anhand euch geschenkter Punkte diese Werte anzupassen. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Eigenschaften.

Hier wartet bereits die erste Überraschung: Eigenschaften wie "Angriffs-", "Verteidigungs-" oder "Magiestärke" werdet ihr nicht - zumindest nicht unter dieser Bezeichnung - finden. Sie unterteilen sich in Begriffe wie Willenstärke, Erinnerung, Scharfsinn, etc.

Diese Eigenschaften benötigt ihr, um euch gegen eure Widersacher zu verteidigen und zwar NUR zu verteidigen.

Nur zu verteidigen?
Ja, ihr habt richtig gelesen. In diesem Spiel - und das ist das Innovative an der ganzen Sache - trefft ihr nämlich nicht, wie sonst üblich, auf irgendwelche Monster, durch deren Besiegen ihr Geld oder Gegenstände erhaltet, die ihr für den Kauf neuer Waffen, Rüstungen, usw. gebrauchen könnt. Eure Gegner sind eher eure "hartnäckige Erinnerung" oder der "Schatten des Zweifels". Hier habt ihr es also vielmehr mit psychologischen Attacken zu tun, wie eben Erinnerungen oder Traumata. Gegen diese Art von Angriffen hilft nun mal kein Schwert, kein Schild und keine Rüstung, weshalb ihr diese Ausrüstungsgegenstände in diesem Spiel auch nicht finden werdet.

Damit ihr aber nicht ganz alleine gelassen werdet, stehen euch ziemlich früh die vier Fähigkeiten "Rückstoß", "Vorausahnung", "Erkennung" und "Flucht" zu Verfügung. Im Laufe des Spiels könnt ihr mit steigendem Level eures Charakters nicht nur eure Eigenschaftswerte erhöhen, sondern auch neue Fähigkeiten erlangen. Bei letzteren steht euch ein Baum zur Verfügung, aus dem ihr, abhängig davon, welche Fähigkeiten ihr bereits besitzt, aus mehreren Fähigkeiten eine neue wählen könnt.

Erfahrungspunkte, um einen Level aufzusteigen, könnt ihr auf verschiedene Weisen erlangen.

Zum einen erhaltet ihr diese, wenn ihr einen Kampf erfolgreich übersteht. Da es keinerlei Angriffsmöglichkeiten gibt, geht es in den Kämpfen oftmals darum, sich eine gewisse Anzahl an Runden, den inneren Feinden zu widersetzen oder einen bestimmten Punkt zu erreichen. Das Kampffeld ist nämlich in mehrere Felder unterteilt. Abhängig von der Stärke eurer Heldin bzw. eurer Bewegungspunkte kann sich diese zu einem Feld in einem bestimmten Umkreis um ihre bisherige Position bewegen. Für das Benutzen eurer Fähigkeiten benötigt ihr die entsprechenden Fähigkeitspunkte, die sich in jeder neuen Runde wieder etwas regenerieren. Sind eure Gesundheitspunkte aufgebraucht, ist der Kampf verloren. Dabei müsst ihr nicht jeden Kampf bis zum Ende überstehen. Gibt es zum Beispiel die Vorgabe, 25 Runden durchzuhalten, so reicht es auch aus, sofern nichts anderes bestimmt ist, wenn ihr nur 20 Runden durchhaltet. In diesem Fall bekommt ihr zwar weniger Erfahrungspunkte, auf den Fortgang der Geschichte hat dies aber keine Auswirkungen.

Zum anderen könnt ihr diese Punkte sammeln, wenn ihr mit anderen Menschen redet. Hierzu bewegt ihr euch von einem Bereich zum nächsten bzw. von einem Haus zum anderen. Schade ist, dass man es hier versäumt hat, eine Funktion einzurichten, die einen schnellen Ausgang - zum Beispiel per Doppelklick - aus einem Bereich ermöglicht. Konsequenz daraus ist, dass man in diesem Spiel viel laufen und somit zusehen muss. Da es aber dafür die Erfahrungspunkte gibt, wird man wohl kaum daran vorbeikommen. Bei den Dialogen habt ihr hinsichtlich dessen, was ihr sagt, verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Passend zu der Gemütslage der Heldin sind die Antworten manchmal traurig, manchmal sarkastisch angehaucht. Zum Problem bei den Konversationen könnte es werden, dass das komplette Spiel auf englisch bzw. französisch ist. Da die Entwickler den Texten eine besondere Bedeutung zuerkennen, sollte man einer der beiden Sprachen ziemlich mächtig sein, um wirklich allles zu verstehen. Einfaches Englisch bzw. Französisch ist es, auch bedingt durch die Thematik des Spiels jedenfalls nicht.

Grafik und Sound
Grafisch ist das Spiel mit Sicherheit kein Meisterwerk, bei den Figuren in dem Spiel ist es kaum möglich, mal ein Gesicht zu erkennen, im Inneren der einzelnen Häuser sowie drumherum sieht es ziemlich gleich aus und die Gegner stellen sich als einfache Punkte, Flammen oder Klumpen dar. Aber Grafik ist auch nicht das, worauf der Hauptaugenmerk hier gesetzt wurde. Die Story sowie die Texte sind hier die Hauptattraktionen. Der Sound passt sich der Thematik in gewisser Weise an, jedoch ist auch dieser kein Highlight und innerhalb eines Hauses bleibt es soundtechnisch stumm.

Kreativ, innovativ und gewöhnungsbedürftig - ein Rollenspiel, dass in eine ganz andere Richtung geht, ohne dabei vom Pfad abzukommen. Beyondthepillars hat sich mit dieser neuen Spielsystematik Einiges getraut und auf keinen Fall etwas verloren. Ein Novum in der RPG-Szene, das weit mehr als nur eine Chance verdient hat.

Punktewertung

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