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Die Gilde 2 Review


2008-09-24  Spielemagazin  8 Likes  0 Kommentare 
Als vor vier Jahren das Spiel "Die Gilde" erschien war das Presseecho geteilter Meinung. Zwar freuten sich eingefleischte Mittelalter-Spieler über ein gelungenes Spiel, welches aber jedoch, und das war der Vorwurf der Kritiker, bei Weitem nicht das komplette Potential ausschöpfte, was zur Verfügung stand. Nun, im Herbst 2006, steht der 2. Teil in den Regalen der Spielehändler. "Die Gilde 2" nennt sich das gute Stück aus dem Hause 4Head / Koch Media und versetzt uns ins Spätmittelalter, wo die Uhren noch etwas anders tickten...

Tick, Tack

Etwas Zeit wird man schon mitbringen müssen, um bei "Die Gilde 2" sein eigenes, spielerisches Potential ausschöpfen zu können, denn für Zwischendurch ist das Spiel eigentlich nicht geeignet. Glücklicherweise bringt ein gut gemachtes Tutorial etwas Licht ins Dunkel und erklärt dem Spieler über mehrere Kapitel hinweg das Grundprinzip und einige Feinheiten des Spiels. Leider blickt man so manch einen Zusammenhang allerdings erst Mitten im Spiel, so dass man sich schonmal mit den Spielspeicherständen vertraut machen darf, denn so manches Level wird man nach dem Geistesblitz wohl nochmals starten wollen.

Die Wirtschafts- und Lebenssimulation spielt an insgesamt sieben Schauplätzen und entführt den Spieler in verschiedene europäische Regionen. Am Anfang des Spiels steht neben dem Tutorial zunächst einmal das Anlegen eines Profils inklusive der Schaffung seiner individuellen Spielfigur. Von der Haarfarbe bis zum Hauttyp ist alles einstellbar. So kann man seinen eigenen muskelbepackten und sonnenstudio-gewohnten Körper 1:1 auch im Spiel nachstellen. Anschließend muss man sich noch für eine der vier zur Auswahl stehenden Charakterklassen entscheiden: Handwerker, Patron, Gelehrter oder Gauner ? Man kann natürlich versuchen sich als Schmied seine Lorbeeren zu verdienen oder eben als Taschendieb, der von der Hand in den Mund lebt. Jede Klasse bietet hierbei ihren eigenen Handlungsspielraum, wobei man sich sorgsam Gedanken um die Erstverteilung seiner Spielpunkte auf diverse Talente machen sollte. Hier kommt ein erfreulicher Schuss Rollenspiel ins Game, der es ermöglicht unseren Character upzugraden und mit der Zeit immer talentierter werden zu lassen.

Die Talente wirst du auch brauchen...

Man beginnt das Spiel mit diesen Vorstellungen etwa im Jahr 1400 und baut sich erstes mal sein Hauptquartier, abhängig von der gewählten Charakterklasse eben beispielweise eine Werkstatt. Man wird dann zunächst versuchen seinen neu gegründeten Betrieb am Laufen zu halten. Seinen Mitarbeiter kann man diverse Aufgaben zuweisen und so nach und nach die Produktivität seiner kleinen Mittelalterfirma steigern. Erfreulicherweise kann man so manch eine kleine und lästige Arbeit auch dem Cmputer anvertrauen, so daß man selbst den Kopf frei hat für andere Dinge. Wenn sich der Erfolg einstellt kann man seinem Gebäude auch diverse Upgrades verschaffen, allerdings muss man von Zeit zu Zeit ohnehin einige Renovierungsarbeiten machen, denn sonst sind den lokalen Einbrechern bald schon Tür und Tor geöffnet.

Es ist geschafft, der Anfang ist gemacht. Aber wir befinden uns im Mittelalter, nicht vergessen. Als Handwerker oder Gauner kommt man da nicht weit und die Rente steht auf wackligen Füßen. Es wird Zeit mal den Stadtschreiber im Rathaus zu besuchen, um sich dort einen Titel zuzulegen. Mit diesem Titel hat man dann schon bedeutend bessere Karten und kann, das nötige Kleingeld vorausgesetzt auch schon bald schönere Häuser bewohnen, größere Betriebe eröffen oder sich auch mal auf ein offenes Amt bei der Stadt bewerben. Wie in der heutigen Politik muss man dann auf Stimmenfang gehen. Anders wie heute stehen allerdings im 15. Jahrhundert vor allem Bestechung und Stimmenkauf an oberster Stelle der Möglichkeiten.

Von Freunden, Frauen und Vaterfreuden...

Durch geschicktes Agieren mit seinen Mitmenschen kann man so seinen "Gunstfaktor" im Spiel verbessern und so treue Freunde in der Bevölkerung gewinnen. Diejenigen, die einem gerade nicht so passen sollte man hingegen mit kleinen oder größeren Sabotageakten dragsalieren, dann klappt es auch mit der nächsten Wahl. Politisch sollte man als Spieler also schon etwas draufhaben, aber man kann und sollte sich im Spiel auch "hochschlafen". Gemeint ist die Möglichkeit im Spiel den Bund der Ehe einzugehen, indem man sich wie im wahren Leben eine Dame des Herzens sucht und versucht diese von seinen Vorzügen zu überzeugen. Gelingt dies kann man die Dame des Herzens schon bald als voll steuerbare Figur in der Familie willkommen heißen. Es macht Sinn die beiden von Zeit zu Zeit auch in die Gemächer zu schicken, denn mit etwas Glück beschäftigen sich die beiden miteinander und Nachwuchs wächst heran. Kleiner Tipp: Was hilft alles Geld der Welt, wenn man keinen Nachfolger hat?

Mit der Zeit spielt dann auch der Rollenspielfaktor immer wieder eine größere Rolle, wenn man sich selbst durch gelungene Aktionen und Entwicklungen uplevelt oder die eigenen Mitarbeiter sich weiterentwickeln. Auch der Wirtschaftspart kommt nicht zu kurz und hält den Spieler mit zahlreichen Aufgaben und aussagekräftigen Statistiken auf Trab. Im Großen und Ganzen vermischt das Spiel aber Lebens- und Wirtschaftssimulation gekonnt mit einigen Rollenspielelementen, die das Spiel deutlich aufwerten. Dies bringt viel Spielspass, allerdings auch einen Nachteil: Die Komplexität des Spiels hat seit dem ersten Teil deutlich zugelegt und macht das Spiel zu einem der anspruchsvollsten Spiele seines Genres. Glücklicherweise ist das Spiel intuitiv genug, damit sich die meisten Zusammenhänge von selbst erklären, aber dennoch bleibt das Spiel in seiner Spieltiefe einfach enorm vielschichtig.

Grafik und Sound

Grafisch erinnert "Die Gilde 2" zwar an das Mittelalter, präsentiert sich aber in absolut zeitgemäßer Form. Besonders die Wetter und Wassereffekte sind ganz besonders gelungen. Alles Kameras sind frei schwenk- und zoombar und liefern so eine sehr gute Übersicht vom aktuellen Spielverlauf. Die Spielfiguren bewegen sich etwas starr und hölzern, aber verfügen über magische Fähigkeiten: Die gehen durcheinander hindurch. Dahingegen bleiben Pferdekutschen gerne mal am Zaun des Nachbarn hängen. Machen wirs kurz: Die Kollisionsabfrage ist ein Graus, denn sie funktioniert wo sie es nicht sollte und andersherum. Das einzigste echt ärgerliche Argument auf der Negativ-Liste unseres Spielestests.

Etwas besänftigen kann uns da der Sound. Sowohl die Soundeffekte wie auch die gelungene Sprachausgabe betten sich hervorragend ins Spiel ein und bringen uns mit Pferdekutschen und dem metallenen Schlagen aus der Schmiede das Mittelalter direkt ins heimische Wohnzimmer. Auch die Hintergrundmusik (immerhin eingespielt von der Thüringer Philharmonie) macht Freude uns verleiht dem Spiel noch mehr Authentizität.

Jetzt soll nochmal jemand sagen früher war alles einfacher. "Die Gilde 2" besticht durch ein ungemein komplexes Spielprinzip, in dem Wirtschafts- und Lebenssimulation mit einem Schuss Rollenspielepos dominieren. Definitiv nichts für Zwischendurch aber Liebhaber des Genres dürfen in jedem Falle bedenkenlos zugreifen. "Bedenkenlos"? Zumindest fast. Einige wenige technische Probleme im Laufe des Tests stören den Spielspaß leider empfindlich, so daß man Wohl oder Übel auf den Patch warten muss, der hoffentlich in Kürze das Problem mit der Kollisionsabfrage in den Griff bekommt.

Punktewertung

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