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Alice Madness Returns Review


2011-06-27  DasStampa  17 Likes  0 Kommentare 
Es begab sich aber zu der Zeit, da eine Videospiel-Schmiede ein Spiel erschuf, welches auf einem berühmten Roman basierte. Dieses Spiel war gänzlich von Erfolg gesegnet. Einzig die Tatsache, dass es nur auf einem System (PC) erhältlich war, warf einen verworrenen Schatten über das ansonsten positive Gesamtbild. Mit anderen Worten: American McGee's Alice ist damals eingeschlagen wie eine Bombe. Grafisch top, atmosphärisch revolutionär präsentierte sich das Jump 'n' Run auf den heimeligen Personal Computern. Die Presse war begeistert und auch die Spielerschar rissen sich um dieses Kleinod der Videospielkunst. Nun, 11 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Teils, gibt es einen Nachfolger. Ob dieser genau so abreissenden Absatz finden wird wie einst der erste Teil oder aber lieber hätte in den wunderlichen Köpfen der Entwickler bleiben sollen, lest ihr hier.

Vom Irrenhaus ins Waisenhaus
London, Whitechapel im 19. Jahrhundert. Ein Sündenpfuhl sondergleichen. Hurerei auf offener Straße, Dreck in jedem Winkel der Gassen und marode verfallene Gebäude wie auch sämtliche sich nur vorstellbare Menschensünden sind in diesem Londoner Viertel gebündelt. Und genau hierhin hat es unsere Alice verschlagen, genauer gesagt ins Waisenhaus. Die vergangenen Ereignisse (Tod der Familie, Irrenhaus) liegen mittlerweile 10 Jahre zurück. Im Waisenhaus ist sie in Behnadlung des Psycho-Docs Dr. Bumby, der sie in regelmäßigen Abständen versucht, ob ihres immer noch vorhandenen Traumas aus vergangenen Tagen zu therapieren. Der Erfolg lässt jedoch nach wie vor auf sich warten. Naja, wie dem auch sei, streift unsere Alice nach einer weiteren Sitzung beim Psych nun durch die Straßen des Vergnügungs-Viertels und folgt einer schneeweißen Katze durch die schmutzigen Gassen Whitechapels. Schließlich trifft sie eine alte Bekannte aus dem Irrenhaus, die auch sogleich mutiert und Alice an ihren jungen zarten Kragen will. Somit kehrt Alice ins Wunderland zurück.

Alles anders und doch noch vertraut
Im Wunderland angekommen, fällt Alice sofort auf, dass sich die Dinge hier verändert haben - und das nicht zum Positiven! Ein monströser Zug verheert das ihr ach so heilige Wunderland. Sie trifft ziemlich bald auf einen alten Freund, den Grinsekater. Dieser hüllt sich, wie auch das Katzentier im Vorgänger, wieder einmal in verwirrendes Schweigen bzw. sehr rätselhafte Aussagen. Das Wunderland ist eine Mischung aus verzerrtem Kindertraum und grausamer Vorstellungskraft eines Wahnsinnigen. Die Atmosphäre sucht definitiv Seinesgleichen!

Nun ja, der Grinsekater sagt uns also, dass der Hutmacher für die Misere Veränderung verantwortlich sei und somit stapfen wir also los um die alte Teenase zu suchen. So geht es im ganzen Spiel. Der Hutmacher schickt uns zum Zimmermann, dieser sagt, dass die Raupe was wüsste Näheres, etc. Die Level sind stellenweise langatmig. Daran ändert auch die Suche nach den Schweineschnauzen, die uns diverse Boni bringen, nichts. Häufig ertappte ich mich bei dem Gedanken: Wann ist dieses Level endlich vorbei... Es wiederholt sich sehr viel. Eine Mini-Map zur Orientierung der riesig geratenen Spielwelten wäre ebenfalls wünschenswert gewesen. Ich muss jedoch sagen, dass die Jump'n'Run-Passagen sehr gelungen und intelligent aufeinander abgestimmt sind. Auch die Minispiele, die sich zwischenzeitlich untermogeln, sorgen für etwas Abwechslung im Spielgeschehen.

Alice kann...
Alice kann viele Dinge. Neben atmen und sich bewegen kann sie wenn sie stirbt, sich in Schmetterlinge verwandeln, schrumpfen oder zum Riesen werden. Die letzten beiden Fähigkeiten sind zwingend notwendig, will man doch alle Geheimnisse im Wunderland und um Alice lösen. Da wären zum Beispiel die Erinnerungen der Personen, die regelmäßig mit Alice zu tun haben oder hatten. Diverse Zitate setzen nach Einsammeln der Erinnerungs-Icons die Geschichte wie ein grausames Mosaik zusammen.

Sagenhaft grausame und nicht minder blutige Zwischensequenzen in 2-D bringen die Geschichte weiter und belohnen die Spielerschaft mit makabren Impressionen aus der Spieleschmiede. Hat man eines der insgesamt 6 Kapitel abgeschlossen, findet man sich zwischendurch immer mal wieder in London wieder. Hier streift man von Punkt A zu Punkt B um ebenfalls die Geschichte voran zu bringen. Nahezu krankhaft sind die Charaktere, mehr als vom Leben gezeichnet. Die Grausamkeit der Realität des 19. Jahrhundert hat hier gleichermaßen etwas Erschreckenden, aber auch Faszinierendes. Hier wären wir wieder bei der einmaligen Atmosphäre.

Waffen aus Omas Wunderküche
Die Waffen bei Alice sind ja bekanntlich skurril. Wurden im ersten Teil noch Spielzeuge zur Vernichtung der dunklen Heerscharen zweckentfremdet, sind es dieses Mal Dinge des alltäglichen Küchenzaubers. Hier fetzt man somit nicht etwa mit einer Tommy-Gun durch die gegnerischen Massen, sondern mit einem umfunktionierten Pfefferstreuer. Auch der Granatenwerfer musste einem Teepott weichen, der kochend heißes Wasser auf die Opponenten schießt. Auch im Nahkamf weiß Alice sich zu wehren. So verteidigt sie sich zum einen mit der Vorpalklinge, eine Mischung aus Schlachtermesser und Schwert sowie mit einem Steckenpferd. Zweitere Waffe ist langsam, aber schmerzt mehr. Die Erstere macht den geringen Schaden mit Geschwindigkeit wett. Zu guter letzt gibt es den lustigen Hasen mit Zylinderhut, der nach gewisser Zeit oder aber auf Kommando in die Luft geht. PAFF! Jede dieser Waffen kann man per Zähne upgraden. Irgendwann im Verlauf des Spiels trefft ihr nämlich auf Hohler Jahn, der sich anbietet, eure Waffen zu verbessern wenn man ihm als Gegenleistung Zähne bringt. Diese sammelt man entweder nach Erledigung von Gegnern ein oder aber man findet sie in den Leveln versteckt. Ja, leider war es das auch schon mit der Anzahl an Waffen. Ich hätte mir ein Arsenal ähnlich wie im ersten Teil gewünscht, welches immerhin mit 10 Waffen aufwarten konnte.

Der Teufel steckt im Detail... Alice auch!
Die Level sind wunderschön designt, wirklich mit Liebe zum Detail. Wunderschöne Lichteffekte treffen hier auf düster-verspielte Texturen. Man springt stets durch dystopische melancholische Welten, welche sich alle grundsätzlich thematisch unterschieden. Auch Alice selbst hat mehrere Kostüme im Schrank, die sie von Kapitel zu Kapitel (also von Level zu Level) dem jeweiligen Thema der Welt passend wechselt. Sehr schön! Zwar ist die grafische Darstellung nicht mehr so auf der Höhe der Zeit, dies tut der Atmosphäre jedoch keinen Abbruch! Die Gegner sind allesamt an die Romane von Lewis Caroll angelehnt und verzerrt dargestellt. Jedoch weisen alle Charaktere einen hohen Wiedererkennungswert auf - grandios. Detailverliebt und einfach toll anzusehen wuseln sich die Gegner durch das Wunderland und wollen, jeder Gegner für sich, mit einer eigenen nicht immer auf Anhieb ersichtlichen Taktik ausgeschaltet werden. Ist Alice kurz vor ihrem Ende der Kräfte angelangt, hat sie die Möglichkeit, in Hysterie zu verfallen. In diesem zeitlich begrenzten Zustand nimmt sie keinen Schaden und teilt mehr Schaden aus. Atmosphärisch wie auch psychedelisch ist die perfekt auf die jeweilige Situation abgestimmte musikalische Untermalung, ein grandioses düseteres Werk der klassischen Musikkunst. Der Soundtrack sei an dieser Stelle ebenfalls wärmstens ans Herz gelegt. Nicht nur schön für verregnete Herbstabende.

Wunderland²
Das Doofe an zweiten Teilen ist die Tatsache, dass sie sich immer wieder mit den ersten Teilen vergleichen lassen müssen. Und da die Messlatte dort seeeeeeeeeeehr hoch gesetzt wurde, hat man natürlich auch eine bestimmte Erwartungshaltung. Diese wird zum Teil erfüllt, sieht man von der nach spätestens 6 Spielstunden vorhandenen Aktionsmonotonie und gelegentlichen frustrierenden Junp'n'Run-/Kampf-Passagen ab. Auch grafisch ist Alice leider nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Allerdings muss ich sagen, dass das Spiel atmosphärisch massiv etwas zu bieten hat. Bereits nach den ersten Spielminuten ziehen einem die skurrilen Charaktere, die wirren Dialoge und die faszinierende Welt in ihren Bann. Wenn man sich auf diese Welt einlassen und mit den oben beschriebenen Mankos leben kann, hat man mit Alice viele Stunden morbiden Spielspaß. Auch der Humor, wenngleich auch auf einem höheren Niveau, ist genial. Wer den ersten Teil nochmal spielen möchte, kann dies ebenfalls tun. Denn mit dem Kauf von Alice Madness Returns erwirbt man automatisch einen Code, den man im Store einlösen kann. Und zack, hat man den alten Kracher auf seiner Festplatte. Schönes Ding! Ansonsten kann man die vergangenen Geschehnisse im Spiel selbst nochmal nachlesen.

Atmosphärischer Toptitel, den man am besten bei Dunkelheit spielen sollte... und allein. Auf lange Sicht leider monoton, aber atmosphärisch top. Erwähnte ich bereits die fulminante Atmosphäre? Detailverliebt und morbide. Kauftip!

Punktewertung

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   Titel Alice: Madness Returns (uncut)
   Genre Actionspiele
   Release 2011-06-16
   Systeme PlayStation 3
   Publisher Electronic Arts
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 16 Jahren Jahren
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