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We Are Augustines - Rise Ye Sunken Ships Review


2012-03-06  Matthias Kraut  11 Likes  0 Kommentare 
Die Hintergrundgeschichte
Eines vorweg: Das Album "Rise Ye Sunken Ships"ist ein Gesamtkunstwerk und wenn man die volle Wirkung der Songs fühlen und verstehen will, sollte man nicht nur einen näheren Blick auf die wunderbaren Lyrics werfen, sondern sich auch über die Hintergrundgeschichte der melancholischen und zugleich vor Energie strotzenden Indie-Band "We Are Augustines"ein Bild machen.

Songwriter, Sänger und Gitarrist Billy McCarthy ist einer der Individuen, die von Schicksalsschlägen viel zu berichten haben. Seinen Vater hat er nie gekannt, seine Mutter war Alkoholikerin, schizophren und brachte sich schließlich selbst um. Billy und sein Bruder James kamen daraufhin in ein Pflegefamilie, doch James verkraftete sein Schicksal nur mit Drogen oder anderweitigen Exzessen, die ebenfalls zu Schizophrenie und mehreren Aufenthalten in psychiatrischen Behandlungen führten. Alle Hilfeversuche seines Bruders nützten nur temporär und letztendlich stand James eines Tages vor Gericht -er hatte einen Mitmenschen mit einem Messer attackiert. Doch da James aufgrund seiner psychischen Labilität nicht zurechnungsfähig war, wurde er an eine psychiatrischen Anstalt verwiesen. Eines Tages hielt es Billy McCarthy's Bruder einfach nicht mehr aus, geriet wohl in Panik und erhängte sich. Zur gleichen Zeit löste sich auch Billy's Band"Pela"auf. Die Gruppe war eigentlich noch recht jung, doch Spannungen innerhalb der Band, Streit mit der Plattenfirma und James Freitod machten eine weiteres Bestehen schwierig.

Die Frage wohin und wie es weiter gehen sollte, blieb nicht lange offen, denn Billy McCarthy und BandkollegeEric Sanderson entschieden sich von den restlichen beiden Mitgliedern zu verabschieden und unter einem neuen Bandnamen weiterzumachen. Dieser war schnell gefunden und bezieht sich auf den Monat August, was in Hinblick auf die Hintergrundgeschichte schlüssig scheint: Die McCarthy Brüder und Sanderson sind alle drei im August geboren und die Band Pela löste sich ebenfalls im August auf. Viele Konnotationen zum achten Monat eines Jahres also, doch um Streitigkeiten sowie Verwechslungen mit anderen Bands aus dem Weg zu gehen, wurde noch ein "We Are" vor das "Augustine" gehängt. Mit über 40 Songs und Demos machte man sich fortan an die Arbeit und das Endergebnis hört auf den Namen: "Rise Ye Sunken Ships"
Die Story von James
Schon der Opener "Chapel"macht klar, dass "Rise Ye Sunken Ships"ein sehr emotionales Album ist. Aber wo Künstler wie Justin Vernon (Bon Iver) den ruhigen, fast schon introvertierten Weg gehen und in sehr prägnanten Texten ihre Gefühle zum Ausdruck bringen, macht Billy McCarthy genau den entgegengesetzten Schritt und will sich vergangene Erlebnisse mit Energie und Kraft von der Seele singen. Ebendarum haben die insgesamt zwölf Songs des Albums oftmals einen sehr persönlichen Beigeschmack, denn lauscht man konzentriert McCarthy's Stimme, wird man unfehlbar seine persönliche Erlebnisse aus den Lyrics herausfiltern können, die insbesondere in Verbindung mit seinem verstorbenen Bruder James stehen. Zugleich kann man den Botschaften derSongsauch eine gewisse universelle Gültigkeit zusprechen, denn McCarthy's Lyrics sind meist sehr düster, verschwommen und lassen somit viel Raum zur Interpretation. Doch Themen wie Verlust, Sehnsucht, Vergebung, Erlösung und die Suche nach Hoffnung ziehen sich wie ein roter Faden durch das Album. Natürlich kann man über die Bedeutung der Platte nur spekulieren, aber auf was man sich uneingeschränkt einigen kann ist, dass "Rise Ye Sunken Ships"eine tiefe Bedeutung für diejenigen haben wird, die sich dem Album länger widmen werden, da es ohne Zweifel ein textliches sowie musikalisches Kunstwerk darstellt.

Die energiegeladenen Songs versetzten einen regelrecht in die Geschichte, die sie erzählen wollen. "Headlong Into The Abyss"entführt in eine wilde Spritztour inklusive Autodiebstahl, die Billy wohl mit seinem Bruder erlebt hat. Billy erzählt vom Gefühl, dem Adrenalin, das dieses wahnwitzige Vorhaben begleitet und fordert den Hörer auf ihnen auf dieser Fahrt zu folgen und sich in die Situation hineinzuversetzten: "Follow me down/ follow me down/ we'll raise our glasses to borrowed cash."Das ganze Lied baut eine Spannnung mit Hilfe von einem prägnanten Schlagzeug sowie dezent eingesetzten Trompeten auf, bis McCarthy schließlich der ganzen Welt entgegenschreit: "Well call the police/ go ahead call your shrink/ call whoever you want/ but I won't stop the car." Zum Schluss realisiert er jedoch und singt aus voller Kehle, beinahe klagend: "I ain't gonna wait around for some pill to kick in/ I ain't gonna wait around for some pill to kick in."Eine emotionale Fahrt also, die der Song perfekt einfängt und durch seinen energischen Aufbau vermittelt.

Ebenso emotionale Lieder sind auch "Book of James"oder "Juarez", deren Lyrics ein Bild von Billy's schwierigen Erlebnissen zu zeichnen versuchen. Wie der Titel schon verrät, erzählt "Book of James"von James (Billy's schizophrenen, verstorbenen Bruder) und weist gleichzeitg Billy McCarthy's wunderbares Schreibtalent auf: Die Sichtweise der Erzählung wechselt nämlich im Lied zwischen Billy und James, und versetzt einen damit in die betrübliche Realität der erlebten Ereignisse beider. "He stood there in his boots unable to move/ And i came here to tell you that i love you", singt Billy woraufhin James erwidert:

"I guess your either headin' somewhere or endin up somewhere.
cause I tried the bible, tried the bottle,
tried the needle, tried to love people
And in the end there aint much to say
And in the end there aint much to say anyway
And i stand here in my shoes, unable to move
my hat in my hands, at the bottom of the ocean."


Der Wechsel zwischen akustischen und elektrischen Gitarrenelementen, gemischt mit einem treibenden Schalgzeug, tut sein übriges und formt einen gefühlvollen, energiegeladenen Song, der zugleich einen kleinen Hoffnungschimmer in den Raum stellt, wenn Billy am Schluss mitteilt: "Just know we tried/ and you're forgiven."

Auch"Juarez"bedient sich an McCarthy's persönlicher Hintergrundgeschichte. Anspielungen auf seine Familienumstände in Textzeilen wie"Son I wouldn't know where to begin, but your daddy's gone, he's gone down south/ it was all he would talk about'' oder ''Lord I see red and I'm prayin' on my bed/I got a drunk for a mother/Got a saint for a brother", sind hier wieder der Mittelpunkt, um den verträumte, hallende Gitarren und ein dezent eingesetztes Schlagzeug kreisen, als ob sie Planeten wären, in deren Zentrum der Text als zentraler Himmelsgestirn steht und den Song zusammenhält. Doch so düster die Lyrics auch wirken mögen, "We Are Augustines" und allen voran Leadsänger Billy McCarthy verstehen es diese düsteren Texte in Melodien zu verpacken, die einem dennoch ein gestärktes Gefühl geben. Billy versteht sich eben darauf, seine Gefühle mit Kraft und Leidenschaft zu vermitteln, während mal griffige, peitschende oder verträumte Gitarren und Rob Allen's markante Schlagzeugbeats Billy's ungewöhnliche Stimme umarmen.

Auch für Abwechslung ist allemal gesorgt. Während sich ''New Drink For The Old Drunk'' mit einer hymnenartige Songstruktur präsentiert, wird in ''Patton State Hospital'' ordentlich auf die Saiten gehauen und all das wird stets mit einer Portion von McCarthy's emotionalen Lyrics vermischt, sodass auch schnellere Nummern wie "Philadelphia" oder eben "Patton State Hospital" nie belanglos wirken, sondern mit einer Portion Power mitreißen.

Man muss sich letztendlich unweigerlich darauf festlegen, dass ''Rise Ye Sunken Ships'' ein ungwöhnliches Album darstellt, da es sich aus der Masse vieler Indie-Platten und Künstler -nicht zuletzt durch das innovative Konzept des Albums und Billy McCarthy's faszinierenden, emotionalen Stimme und Hintergrundgeschichte- abhebt.

Man könnte noch viele weitere Zeilen mit Sätzen füllen, welche die Qualitäten der Songs (man bemerke auch das sehr ruhige und gefühlvolle "Barrel Of Leaves") und des gesamten Albums rühmen. Doch stattdessen verweisen wir auf das Werk ''Rise Ye Sunken Ships'' selbst, lassen es für sich sprechen und verbleiben mit einem letzen Satz, der alles wunderbar zusammenfasst: Ein Meisterwerk!

''Rise Ye Sunken Ships'': Hoffnung, lautet wohl die Botschaft des Albums. ''We Are Augustines'' folgen diesem Ruf, erheben sich und lassen einen nicht mehr los!

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   Titel Rise Ye Sunken Ships
   Genre
   Release 2011-08-23
   Systeme
   Publisher Wea/Atlantic
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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