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Valiant Hearts: The Great War Review


2014-08-02  Bastion  11 Likes  0 Kommentare 
Nun ist es schon einhundert Jahre her als die große Katastrophe Europa erfasste, aus der sich fast alle weiteren Konflikte bis in die Neuzeit entwickelten. Die Spieleindustrie tut sich mit diesem Thema aber immer noch schwer, zumal man höchstens noch von der Ostfront, nicht aber der Westfront mit ihrem Grabenkrieg einen interessanten Triple A First Person Shooter kreieren könnte. Eventuell ist das Thema auch noch zu kontrovers, da im zweiten Weltkrieg wenigstens ein klarar "Bösewicht" feststeht. "Ubisoft" nimmt sich aber dem Ersten Weltkrieg mit "Valiant Hearts: The Great War" an und greift dabei auf das etwas unspektakuläre Adventure-Genre zurück. Ob sich der Ausflug an die Westfront lohnt, klärt unser Test.

Im Westen nichts Neues?
Die Handlung des Spiels ist an der Westfront angesiedelt. Es geht um Personen, die alle auf die ein oder andere Art unter dem Krieg in Frankreich zu leiden haben. Karl, ein Deutscher, hat eine Frau im lothringischen Saint-Mihiel geheiratet und wird zu Kriegsbeginn von der deutschen kaiserlichen Armee eingezogen. Sein Schwiegervater Emile widerum von den französischen Streitkräften. Weiterhin haben wir auch die Möglichkeit Anna zu spielen, einer französischen Sanitäterin, die aufgrund gleicher Ziele mit den zwei zuvorgenannten Personen in Verbindung gerät. Zum Schluss ist noch Freddy, ein Amerikaner der in der französischen Fremdenlegion kämpft, weil er Probleme mit einem gewissen General von Dorf hat. Doch genau hier finden wir wieder das übliche Klischee vor, dass wohl von den Spielen die über den Zweiten Weltkrieg erzählen herrührt, dass die Deutschen einfach böse sein müssen. Ansonsten gibt es an der Story nichts auszusetzen, sie ist sehr gut strukturiert, kaum langatmig und kann über die 5-6 Stunden Spielzeit überzeugen. Teilweise sollen sich manche Begebenheiten in der Realität so zugetragen haben.

[caption id="attachment_20650" align="aligncenter" width="300"]Alle Protagonisten bis auf Karl auf einen Blick Alle Protagonisten bis auf Karl auf einen Blick[/caption]

 

Geschichte wird von Siegern geschrieben
Natürlich braucht jedes Spiel einen Bösewicht, den man ja nur bei den Deutschen suchen kann. Dafür muss der fiktive General von Dorf herhalten. Um ihn natürlich noch etwas grausamer darzustellen, zwängt man ihn in die damals übliche Husarenuniform, denn wer einen Totenkopf auf dem Hut trägt, kann ja nur böse sein. Natürlich ist dann auch gleich der Amerikaner Freddy zur Stelle, der mit einem Sack voller amerikanischer Werte im Rücken diesem grausamen Schlächter ein Ende machen will.

[caption id="attachment_20651" align="aligncenter" width="300"]Freddy bereitet General von Dorf Kopfschmerzen Freddy bereitet General von Dorf Kopfschmerzen[/caption]

Weiterhin spielt man bis auf eine kleine Episode nur auf Seiten der Entente, man erlebt die Gräuel also nur von einer Seite, dass auf der anderen Seite auch grausam gestorben wird ist eher eine Randnotiz. Zu guter Letzt ist es auch die Darstellung der Deutschen, die mir teilweise die Nackenhaare aufstellen. Während die Deutschen immer rülpsend Bier trinken und sich rüpelhaft benehmen, sitzen die französischen Soldaten kultviert in einem Kreis beim Lagerfeuer und stimmen alte Weisen an. Auch wenn es eine französische Produktion ist, ein bisschen mehr Respekt vor der deutschen Kultur hätte ich mir schon gewünscht, zumal sich ja manches auch so zugetragen haben soll und damit mit der Realitätskeule geschwungen wird. Wenn man sich schon mit Quellenarbeit abgibt, dann bitte auch richtig.

[caption id="attachment_20648" align="aligncenter" width="300"]Unkultivierte Darstellung der Deutschen Unkultivierte Darstellung der Deutschen[/caption]

interaktive Geschichtsstunde
Doch nun aber genug gemecket, man könnte ja den Eindruck bekommen, "Valiant Hearts" sei ein schelchtes Spiel. Ganz im Gegenteil, denn wir erleben den Ersten Weltkrieg, wie wir ihn noch nie am PC erleben durften. Es beginnt bei der Einberufung, steigert sich über Schlüsselszenen wie Flandern, Ypern, Reims, die Somme, Verdun, Donaumont und die Nivelle Offensive und gipfelt dann abrupt im Jahr 1917 durch ein sehr emotionales Ende, dass uns ganz schön die Kinnlade hat runterklappen lassen und wir uns schon etwas nachdenklich gefühlt haben. Durch die gezeigten Gefechte (besonders die Nivelle Offensive ziemlich zum Schluss, Stichwort Ausbluten) zeigen die Entwickler ungeschönt, wie schrecklich Krieg ist und wie er den Verlauf eines ganzen Jahrhunderts und eine ganze Generation zerstören kann.

[caption id="attachment_20655" align="aligncenter" width="366"]Valiant Hearts 08 Sinnloses Sterben bei der Schlacht an der Aisne[/caption]

Adventure mit großem Rätsel- und Minispielreservoir
Wer schon einmal Adventures gespielt hat, wird sich in "Valiant Hearts" sofort wohlfühlen. Wir laufen in 2D immer wieder von rechts nach links und sammeln nebenher immer einmal wieder Gegenstände auf, um in der Handlung weiterzukommen. Teilweise müssen wir auch Rätsel lösen, welche sich allerdings als nicht sehr schwierig erweisen. Teilweise weiß man aber nicht genau, was man tun soll und kommt um stupides Trial and Error nicht drumherum. Ansonsten ist die Abwechslung aber sehr hoch, einmal müssen wir bei einer Giftgasmaschine die Rohre so umlenken, dass sie zerstört wird oder wir müssen mit viel Gehirnschmalz eine Wasserversorgung aufbauen.

[caption id="attachment_20654" align="aligncenter" width="300"]Valiant Hearts 07 Rätsel zum Herstellen einer Kanone[/caption]

Weiterhin finden wir im Spiel auch viele Minispiele. So müssen wir zum Beispiel als Anna immer wieder Tastenkombinationen in einem bestimmten Rhythmus drücken, um den Verletzten eine Spritze zu verabreichen. Sehr gelungen sind auch die Autofahrten, bei denen wir Bomben oder Hindernissen ausweichen müssen. Das hört sich jetzt natürlich sehr langweilig an, allerdings ist die Musikuntermalung so gut gelungen, dass wir freiwiillig zweimal den Bomben mit der Unterstützung von Brahms Ungarischen Tänzen (Nr. 5) ausweichen wollen. So eine gute Zusammenarbeit von Gameplay und Musik sieht man nur sehr selten.

[caption id="attachment_20652" align="aligncenter" width="300"]Valiant Hearts 05 Minispiel beim Verarzten[/caption]

Abseits der eigentlichen Handlung erfüllt das Spiel auch einen Bildungsauftrag. Wir können nämlich nebenbei auch typische Gegenstände des Krieges aufheben, die dann auch erklärt werden und als Achievements dienen. Zudem wird uns auch am Anfang jeder Mission eine geschichtlich korrekte Darstellung dessen gegeben, was wir bald erleben werden. Die Fakten wurden alle mithilfe eines großen Instituts zusammengetragen und sollten inhaltlich korrekt sein. Wenn wir das Spiel durchgespielt haben, können wir die Missionen noch einmal spielen um alle Gegenstände zu finden.

[caption id="attachment_20656" align="aligncenter" width="300"]Valiant Hearts 09 Missionsübersicht[/caption]

 

[caption id="attachment_20653" align="aligncenter" width="300"]Valiant Hearts 06 Bildungsauftrag erfüllt[/caption]

 

Technik
In Bezug auf die Grafik muss man sich natürlich auf den Grafikstil einlassen. Die Darstellung ist oft etwas überzeichnet, jedoch stimmig. Große grafische Höhepunkte sind somit nicht zu erwarten, jedoch eine atmosphärisch sehr glaubwürdige Spielwelt.

Musikalisch hat uns das Spiel sehr gut gefallen. Das fängt an bei einer sehr gut gelungenen Verzahnung von Spiel und Musik und hört auf bei einem erstklassigen Soundtrack. Oft werden Klavierstücke verwendet, die die Emotionalität des Geschehens sehr gut aufgreifen.

 

Insgesamt ist "Valiant Hearts: The Great War" ein tolles Adventure geworden, dass meisterlich zu unterhalten und informieren bzw. lehren wusste. Sehr gut gefallen hat uns die Handlung, der Soundtrack sowie das solide Technikgerüst. Schlecht fanden wir die Darstellung der Deutschen sowie die manchmal undurchschaubaren Rätsel. Für zurzeit 15€ ist uns dies eine Empfehlung wert.

Punktewertung

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