Überblick
"The Pusher" (DVD 2012) wirbt auf dem Cover mit dem Hauptdarsteller "Frank". In ihm die Straßen Londons; in den Händen zwei Kanonen und auf der Nase eine Sonnenbrille, in deren Reflektion sich eine Frau windet. Der Trailer ist schnell geschnitten, voller tanzender Menschen und Zwiegespräche über Drogen und Geld. Im Hintergrund wird Party Musik gespielt und die Farbsättigung ist voll aufgedreht. Also Action? Schießereien? Schnelle Schnitte?
Nur zum Teil richtig...
"Handlung"
Der Film wirbt nicht nur mit Frank auf dem Cover, sondern er handelt auch maßgeblich nur von ihm und seiner Welt. Wer ist also Frank? Frank ist ein durchschnittlicher Kerl in London: Muskulös, unrasiert, stahlblaue Augen, Zwischenhändler für Drogen und kleinere Gaunereien. Zu seinen Freunden gehört ein sexistischer, chronisch notgeiler Handelspartner namens Tony, eine drogensüchtige Tänzerin Namens Flo und diverse Kontakte der Londoner Unterwelt zu denen sich auch sein späterer Gegner Milo zählt. Bei so einem Beziehungsgeflecht kann es sich in diesem Film nur um einen verpatzen Drogenhandel mit anschließenden Morddrohungen des Drogenbosses Milo an Frank drehen, als dessen Folgen Verrat, Folter und Mord stehen...ja...genau so ist es, aber...! Nix "aber" - die Handlung des Filmes beschränkt sich auf eine Drogengangsterfilmstory, die hier und da mit mehr Obszönität als üblich versehen ist. Mehr ist es jedoch nicht.
Inhalt ist nicht alles
Wer nun glaubt sich einem langweiligen Streifen ausgeliefert zu sehen, der irrt jedoch, denn spätestens seit Tim Burton wissen wir: Manchmal sticht die Optik den Inhalt (wobei hier nicht gesagt wird, dass Tim Burton's Filme keinen Inhalt hätten). Von der Story schnell gelangweilt neigt man in den ersten Minuten des Filmes dazu sich abzuwenden und vielleicht doch lieber eine der ewigen Wiederholungen von "Cold Case" (TV-Serie) im Fernsehen zu verfolgen. Bleibt man jedoch noch ein, zwei, drei Momente am Film hängen, entdeckt man einen ganz außergewöhnlichen Stil. Der Schnitt, die Farben, der Szenenaufbau, die Kapitelunterteilung, die Charaktere, das Schauspiel... irgendwas ist da, was einen doch verleitet mit den Augen am Bildschirm zu hängen.
From Monday to Sunday
Zum Einen ist da die Unterteilung des Filmes in 7 Abschnitte - je einem Wochentag gewidmet. In Anbetracht der gravierenden Veränderungen in Franks Leben ein wirklich sehr kurzer Zeitraum. Des Weiteren bleibt die Kamera geradezu an den Gesichtern der entsprechenden Figuren kleben. So gut wie jede Einstellung ist eine Nahaufnahme; zeigt Emotionen, zeigt Gedanken und zeigt Momente, in denen sich im Inneren des Charakters etwas abspielt. Prieto zeigt hier sein Fingerspitzengefühl mit der inneren Gedankenwelt seiner Figuren und das obwohl "The Pusher" ein Actionfilm ist. Die Farben im Film wirken sehr steril, es gibt kaum Abstufungen und allgemein fühlt man sich bedrängt von ihrer Sättigung und Intensität. Gewöhnt man sich jedoch an diesen Stil, entdeckt man, dass die Farben und vor allem der Kontrast im Licht ein entscheidendes Ausdrucksmittel des Filmes sind: Wenn Frank nachdenkt und im inneren Zwiespalt steht, dreht die Regie die Farben runter und den Kontrast hoch. Seine Welt "entfärbt" sich wörtlich und er sucht verzweifelt einen Ausweg. Zudem ist Frank selbst ein Junkie und diese Farbspiele passen perfekt zu seiner immer mehr aus den Bahnen laufenden Psyche. Außerdem spielt die Regie auch bei Franks psychotischen Anfällen gerne mit der Zeitspur und beschleunigt oder verlangsamt das Geschehen, was äußerst authentisch zu einem Drogen bedingten Anfall passt.
Faust und Baseballschläger
Im Gegensatz zu den Emotionen und Gedanken werden Gewaltszenen explizit dargestellt ohne aber vulgär zu wirken. Selbst als Frank im Stripclub seinen besten Freund krankenhausreif prügelt, tut er dies in einem wunderbar durchdachten Szenenbild mit warmen Farben, langsam wandernden Lichtern und wohl platzierten Komparsen - also mit Stil. Als weiteres Beispiel hervorragender Gewaltdarstellung muss man die Szene erwähnen, in der Frank einen alten Mann aufsucht, der für ihn auf sein Geld aufpasst. Als der alte Mann ihm gesteht, dass er das Geld für Drogen verprasst hat, muss Frank zur Seite treten, damit ein Schläger von Milo den Mann bearbeiten kann. Frank kommen Gewissensbisse und er versucht das Geschehen zu stoppen. In einem kleinen Kiosk - nicht größer als ein Fahrstuhl - spielen sich Freundschaft, Verrat, Angst, Gewalt und Gnade ab. Als Frank im Zwiegespräch mit dem Gorilla steht, nimmt sich der alte Mann eine Schrotflinte und erschießt sich selbst im Hintergrund des Streites der beiden Anderen. Diese gesamte Inszenierung; Franks Zweifel und Gewissensbisse, das Flehen des alten Mannes, die Kälte und fast schon professionell-gelangweilte Attitüde des Schlägers - wäre dies kein platter Action Film aus England könnte diese Szene glatt aus einem Tarantino Film stammen! (man denke da nur an Pulp Fiction (DVD)) In einigen Szenen zeigt Luis Prieto, dass man trotz eines eher mäßigen Drehbuchs von Matthew Read doch einen ganz anständig aussehenden Film hinbekommt!
Zu guter Letzt
Neben den oben genannten Aspekten bietet der Film noch 3 Schmankerl, die ihn trotz fehlender Handlung und trotz fehlendem Spannungsbogen aufwerten: Zum Einen wäre da das grandiose Schauspiel von Franks Darsteller Richard Coyle, der schon unter anderem als Synchronstimme im PC Spiel "Fable III" und neben Ryan Phillippe in "Franklyn" (DVD, 2008) glänzte. In jeder Szene wirkt er menschlich, authentisch und vor allem durchgehend seiner Rolle treu. Frank ist eine coole Sau, den so gut wie nichts wirklich nahe kommt - und das den ganzen Film hindurch. Als Nächstes wäre da der stimmige Soundtrack. Harte Elektro-Beats, HipHop Tracks und zwischendurch Szenen völlig ohne jeglichen Ton. Gut durchdacht, gut platziert und gut umgesetzt. Das beste kommt zum Schluss - das Ende. Es gibt im gesamten Film genau eine wirklich unerwartete Wendung, die den Zuschauer auch tatsächlich überraschen wird und diese befindet sich genau 0,568 Minuten vor dem Abspann. Doch nur wer den gesamten Film und die Charaktere kennt, wird die Tragweite und schwere dieser Entscheidung verstehen.
Fazit
Vergessen wir die Handlung und das Drehbuch - man soll ja immer nur das Positive bei künstlerischen Werken hervorheben. Das Szenenbild ist sehr gut, die Farben satt und stimmig im Stil des gesamten Films, die Charaktere - auch wenn gelegentlich klischeebeladen sehr authentisch und Frank ist 'ne coole Sau - im Großen und Ganzen war es das auch schon. "The Pusher" ist ein klassischer Männerfilm mit viel Gewalt, Sex, Frauen, Waffen, Drogen, Gangstern, Autos - alles eben, womit sich so ein 08/15 Sofarocker mit Bierbauch gut identifizieren kann. Also auf ans Bier und Film rein in den DVD Player, Jungs!
Stylish, hip, gute Regie - mieses Drehbuch - perfekter Film für einen Jungsabend!
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Titel | Pusher |
Genre | |
Release | 2012-12-06 |
Systeme | |
Publisher | SUNFILM Entertainment |
Altersfreigabe | Freigegeben ab Freigegeben ab 16 Jahren Jahren |
Homepage |
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