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Sunset Review


2010-11-28  FeminaLudens  11 Likes  0 Kommentare 
Seit Juli 2010 ist die Kurzgeschichtensammlung "Sunset" von Stephen King auch in Deutschland als Taschenbuchausgabe erhältlich. Stephen King kann sich kurz fassen? Diese Frage werden sich sicherlich Einige stellen, die diesen Autor nur als Gelegenheitsleser kennen. Die Antwort ist ein klares Jein.

Wenn man 100 Menschen auf der Straße befragt, wie man das Werk von Stephen King in wenigen Schlagwörtern charakterisieren könnte, würden wohl am häufigsten die Ausdrücke "gruselig" "Horror" und "langatmig" fallen. Es überrascht auf diesem Hintergrund den Leser aus dem deutschen Sprachraum: King hat schon über hundert Kurzgeschichten veröffentlicht und mit diesem Genre nach seinen eigenen Angaben sogar seine Karriere als Schriftsteller begründet. Wenn man noch nie vorher eine Kurzgeschichte aus seiner Feder gelesen hat, scheint das schwer vorstellbar zu sein, denn kaum ein Autor füllt derart mühelos 500+ Seiten mit wenig Handlung indem er auch noch das winzigste Detail akribisch beschreibt.

Kurzgeschichten im strengen Sinne sind in "Sunset" nicht immer zu finden. Die Story "Das Pfefferkuchenmädchen" bringt es auf stolze 69 Seiten Text, der in 12 Kapitel gegliedert ist. Genau das mach das ganze so ungewöhnlich, dass auch andere der Geschichten mehrere Kapitel haben. Man findet zwar auch bei E. A. Poe, dem Erfinder der amerikanischen Short Story, Werke die über 40 Seiten lang sind, aber Kapiteleinteilungen sind hier nicht vorhanden. Für Stephen King Fans ist diese Kuriosität aber nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die Helden sind wie üblich ganz normale Menschen und die Handlung wächst auf dem Boden dieser vermeintlichen Normalität. Doch steht in diesem Band nicht der blutrünstige Horror im Vordergrund, sonder eher der Schauer, den der ganz normale Alltagswahnsinn, Tod und Altern hervorrufen können. Mal explodiert eine Atombombe mitten in New York, mal sprechen die Protagonisten mit Geistern oder haben diffuse Vorahnungen oder Halluzinationen. King philosophiert auf seine Art in den Geschichten über die Schwächen des Menschen und lotet aus, wie sich Menschen in Grenzsituationen des Alltags verhalten.

Literarischen Hochgenuss sollte man nicht erwarten, wer Stephen King kennt, weiß das auch. Dass fast alle der Kurzgeschichten dieses Bandes in Amerika bereits im Playboy oder anderen Zeitungen und Magazinen erschienen sind, lässt Rückschlüsse darauf ziehen, welche Leser diese Werke ansprechen wollen: Gelegenheitsleser, die nicht zwangsläufig zu Weltliteratur greifen. King geht mit diesem Sachverhalt völlig entspannt um und schreibt im Vorwort, dass er selbst nicht weiß, ob es sich bei seinen Werken in "Sunset" um Literatur handelt. Auch wenn die Geschichten kaum großartigen literarischen Wert aufweisen, einige Plots nicht gerade neu wirken, so viel Offenheit Realismus und Bodenständigkeit macht einen Bestsellerautor wie King wiederum sympathisch.

In einem Anhang, den King als Bonus verfasst hat, kann sich der interessierte Leser informieren, wie der Autor zu der jeweiligen Kurzgeschichte inspiriert wurde. Notwendig ist der Anhang nicht, da die Geschichten für sich selbst sprechen und stets verständlich sind. Es ist aber ein wenig so, als würde man mit dem Verfasser einen vertraulichen Plausch über seinen Schaffensprozess führen, in dem man ein wenig hinter die Kulissen der Arbeit eines berühmten Schriftstellers sehen kann. Für Neugierige ist das ein netter kleiner Zusatz.

Man erhält auf jeden Fall solide Unterhaltungsliteratur, die einem das Pendeln in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Aufenthalte in Wartezimmern kurzweiliger machen kann. Wer den Stil von King mag, wer gerne über außersinnliche Phänomene liest und wer sich gerne gruselt, wird diese Geschichten mögen.

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   Titel Sunset: Storys
   Genre
   Release
   Systeme
   Publisher Heyne Verlag
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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