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Firepower Review


2010-01-17  Tonio Gas  13 Likes  0 Kommentare 
Firepower (Actionfilm, GB 1979, 99 Minuten, Regie: Michael Winner, mit: Sophia Loren, James Coburn, O.J. Simpson, Victor Mature, gute Qualität, Trailer, deutscher und englischer Ton, keine Untertitel)

Michael Winners Werk kennt zwar ein, zwei Perlen ("Chatos Land" und "Kalter Hauch" gehören zu den besseren Charles-Bronson-Western bzw. -Thrillern), ist aber überwiegend schwach. Das hat zu launigen Wortspielen geführt à la "another loser by Winner" oder "it's not an Oscar winner, it's a Michael Winner". Der vorliegende Krimi macht leider keine Ausnahme.

Contergan war gestern.
.und heute gibt es einen Chemiefirmenboss, der offenbar wissentlich krebsfördernde Mittel unter der Bevölkerung verbreitet hat. Ein Chemiker im Dienste der Firma hat Beweise gesammelt und möchte nun auspacken. Dafür wird er metiergerecht mit einer Briefbombe ins Jenseits befördert. Seine schöne Gattin (Sophia Loren) möchte den David-gegen-Goliath-Kampf weiterführen, muss sich aber zunächst auf Antigua in die Höhle des Löwen, also des geheimnisvollen Bosses begeben. Dieser lebt noch zurückgezogener als die Albrecht-Brüder von "Aldi" und ist so unermesslich reich und so gut abgeschirmt wie ein typischer James-Bond-Gegner. Für ihn interessiert sich nich nur die Witwe, sondern auch die Regierung, die auf legalem Wege nicht an ihn herankommt und sich der Hilfe eines dubiosen Ex-Kopfgeldjägers bedient (James Coburn), der mit einem Bankräuber zusammenarbeitet (O.J. Simpson) und auch mit der Witwe früher einmal (in jeglicher Hinsicht) zu tun hatte.

Alles hängt mit allem zusammen
Der verschachtelte Satz des letzten Abschnitts mag ein Problem bereits andeuten. Im ersten Teil des Filmes (nach gewalttätiger Eröffnung bedauerlicherweise redselig und actionarm) werden wir ewig und drei Tage in die Irrungen, Wirrungen, Querverbindungen der Haupt- und Nebenfiguren eingeführt, ohne dass sie uns wirklich interessieren könnten. Zu sehr reiht die Regie Erklärungen um das Wer will was von wem warum woraus aneinander, ohne dass wir dazwischen Zeit haben, wirklich in das Innere der Figuren einzutauchen und so etwas wie Anteilnahme zu empfinden. Dieses Aneinanderreihen ohne Verweilen soll wohl das Tempo vorantreiben, hat aber einen gegenteiligen Effekt - wir haken das Gesagte ab, rechnen gar nicht mehr mit interessanten Charakteren und warten stattdessen, ob es wenigstens dem Titel gemäß ein knalliges Actionfeuerwerk gibt. Zunächst leider nicht, der Film langweilt schnell. Es sind aber auch wirklich Abziehbilder, gerade die Hauptfiguren: Der Killer, der sich zurückgezogen hat und Blumen züchtet, aber wieder zum Einsatz kommt, wie oft haben wir das schon gesehen! Und Sophia Loren, ja, sie sieht verdammt gut aus, hat aber ihr jugendliches Temperament abgelegt und spielt mehr oder minder sich selbst in einer gewohnt elegant-mondänen Ausgabe. Die Kostümbildner haben sich redlich Mühe gegeben, sie in nahezu jeder Szene in anderer Kleidung zu zeigen. Elegant, extravagant, in allen erdenklichen und oft auffällig intensiven Farben, und man merkt sofort, dass solche Sachen einschließlich gewagter High Heels der Loren eine zweite Haut sind. Sie kann sowas tragen, wandelt traumwandlerisch sicher darin und wirkt authentisch. Doch sollte ein Unterhaltungsactionfilm ein bißchen mehr als ein Dauerlaufsteg sein - was er nach umständlichem Anfang auch ist.

Mit Krawumm aus der Klischeefalle?
Oh doch, das funktioniert gar nicht mal schlecht, denn nach ca. 30 von 99 Minuten gibt es Action satt, zu Lande, zu Wasser, im Hubschrauber, zu Pferde, zu Pferdestärken, sogar mit dem Bulldozer und mit Feuer aus allen erdenklichen Rohren. Das muss man nicht mögen - andererseits soll das ja wohl ein Actionfilm sein, und so werden die Erwartungen recht gut erfüllt. Natürlich bleibt der Film durch und durch flach - diese ganze Arzneimittelgeschichte interessiert irgendwann kaum noch, warum die Loren andauernd die Seiten wechselt, ebenso wenig. Aber wen interessiert das schon, wenn wir tempo-, action- und wendungsreich der Jagd nach einem Superschurken beiwohnen können, bei der beide Seiten in puncto täuschen, tarnen, ballern einander nichts schenken? Michael Winner erweist sich hier immerhin als solide und effektvoll. Ein guter platter Actionfilm ist um manches besser als ein schlechter platter Actionfilm. Irgendwann stört es auch nicht mehr, dass die Guten vielleicht ein bißchen viel des zufälligen Glücks haben (sie werden von einem Hubschrauber und bewaffneten Reitern verfolgt, der Hubschrauber explodiert, die Trümmer fallen wie von Zauberhand genau auf die Reiter, etc.). Beine hoch, Hirn aus und reinziehen!

Ästhetisch schwankt der Film zwischen konventionell und etwas seltsam. Vieles, incl. der funkigen Musik, erinnert an typische Fernsehthrillerkost der Siebziger. Da gibt es jede Menge Zooms vor und zurück, was immer ein bißchen billig wirkt, da den Betrachter bevormundend lenkend. Da gibt es eine etwas zu inflationäre Verwendung extremer Close-ups, was früher charakteristisch für den Unterschied zwischen kleinem Bildschirm und großer Leinwand war. Letzteres mag wenigstens teilweise darauf zurückzuführen sein, dass der Film nicht im Breitbild-, sondern im Vollbildmodus erscheint: 1:1,33 statt 1:1,85 mag noch ein verschmerzliches Kappen der Ränder sein, lässt uns diese ganzen Riesengesichter aber unangenehmer auf die Augapfelpelle rücken, als das vermutlich beabsichtigt war. Ein anderer oft genutzter Effekt wird dagegen dadurch gemindert: Winner hat eine Vorliebe für ein Weitwinkelobjektiv. Das lässt die Dinge und Menschen an den vorderen Rändern übergroß und verzerrt erscheinen, den Hintergrund jedoch kleiner - der Raum bekommt dadurch eine Tiefe verpasst, die er gar nicht hat (man sieht das gelegentlich in Werbeprospekten, beispielsweise um kleine Hotelzimmer größer erscheinen zu lassen). Gerade in den dekadenten Räumen der Bösen nutzt Winner diesen Effekt, sie wirken dadurch noch schamlos luxuriöser, aber durch diese gesteigerten Distanzen in der Tiefe auch kälter und bedrohlicher. Das war gar nicht schlecht, auch wenn es Winner wiederum ein bißchen zu wahllos und zu häufig einsetzt, ebenso wie die Close-ups. Dennoch: Das Originalformat ohne Kappung der Ränder hätte dem Weitwinkeleffekt erst die volle Wirkung verschafft, und darum ist die Entscheidung für den Vollbildmodus bedauerlich. Letztlich spielen filmkunsttheoretische Überlegungen hier aber eine untergeordnete Rolle, genau wie ausgefeilte Charaktere. Es gibt Action, und die nach schleppendem Anfang recht versiert. Daher möge es über die Hälfte der Punkte geben. Bloß muss oben irgendwann Schluss sein, denn die ganzen Oberflächlichkeiten haben einen Fast-Food-Effekt: Der Film schmeckt gut, aber man wird nicht satt davon.

Actionfeuerwerk ohne Tiefgang, solide Unterhaltung, doch die Eindimensionalität von Story und Charakteren führt dazu, dass der Funke der Firepower nicht auf den Zuschauer überspringt.

Punktewertung

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   Titel Firepower
   Genre
   Release 2010-01-08
   Systeme
   Publisher Indigo
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 16 Jahren Jahren
   Homepage
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