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Bellzzz – Dear Elizabeth Review

Dieses Debüt bleibt unter der Haut


2025-04-11  Captain  15 Likes  0 Kommentare 
Bellzzz – Dear Elizabeth Review Bild Bellzzz – Dear Elizabeth Review Screenshot Bellzzz – Dear Elizabeth Review Foto

Es gibt Debüts, die klingen wie ein Anfang. Und es gibt Debüts wie Dear Elizabeth von Bellzzz – sie klingen, als sei man mitten in einer Geschichte aufgewacht, die längst begonnen hat. Die britische Musikerin, die mit 20 Jahren schon klingt wie eine alte Seele, führt uns durch die finsteren Gassen ihrer Vorstellungskraft – oder vielmehr der ihrer inneren Protagonistin: Elizabeth.

Elizabeth ist keine reale Person. Und doch ist sie allgegenwärtig. Als Muse, als Alter Ego, als Projektionsfläche. Die fünf Songs der EP Dear Elizabeth erschaffen eine Welt, die so märchenhaft ist wie gefährlich – irgendwo zwischen Björks verletzlicher Andersartigkeit und Trent Reznors industriell-verrauchter Intensität.

Zwischen Pop-Ästhetik und innerem Aufschrei
„Conquests“, der Focustrack, setzt den Ton: eingängig, hymnisch, fast schon beschwingt – und doch inhaltlich ein Schlag in die Magengrube. Bellzzz seziert in zweieinhalb Minuten die patriarchale Doppelmoral, wenn es um Sexualität geht. Die Melodie tanzt, während die Botschaft beißt: Frauen sollen dankbar sein, statt laut zu sein. Elizabeth ist laut. Und Bellzzz gibt ihr die Stimme.

Das ist das große Talent dieser Künstlerin: Gegensätze zu verbinden, sie nicht aufzulösen, sondern zu verschmelzen. Die Musik wirkt oft sanft, fast kindlich – doch ihre Geschichten sind von Schmerz und Rebellion durchzogen. Wie eine Tim-Burton-Figur in einem Björk-Soundtrack.

Ein Album wie ein dunkler Wald
Tracks wie „Far Away“ oder „Dog“ führen tiefer in Elizabeths Welt: leise, flirrende Gitarren, verzerrte Klangflächen, unheilvolle Stille. In „The Dog“ wird eine fast zärtliche Szene plötzlich unheimlich, als der Hund Elizabeth beißt und sich seine Augen schwarz färben – eine verstörende Metapher, die hängen bleibt.

In „It Was Nice While It Lasted“ erreicht die EP schließlich einen Moment der Resignation. Der Titel sagt eigentlich schon alles – eine Bilanz, ein Schlussstrich, aber auch ein Loslassen. Und während das finale „Where Did You Sleep Last Night“ offiziell ein Cover ist, hat Bellzzz es so sehr zu ihrem eigenen gemacht, dass man das Original fast vergisst. Hier ist es keine Hommage, sondern ein Schlusskapitel in Elizabeths Reise – vielleicht auch in Bellzzz’ eigener.

Musikalisches Storytelling mit Tiefgang
Was Bellzzz auf Dear Elizabeth gelingt, ist bemerkenswert: Sie erzählt keine bloßen Geschichten – sie erschafft eine Welt. Jeder Song klingt wie ein weiteres Kapitel, jeder Sound wie ein Pinselstrich auf einem düsteren Gemälde.

Dass sie dabei ihre eigene Geschichte mit einwebt, macht es umso eindrucksvoller. Denn Bellzzz leidet an Adhs – und Musik war ihr Ausweg. „Gebt mir ein Klavier und einen Notizblock, und der Rest kann mir gestohlen bleiben“, hat sie mal gesagt. Diese Energie, dieser Trotz, diese Kraft – sie steckt in jeder Zeile, jedem Takt.

Tracklist
  1. Plastic Unicorns
  2. Far Away
  3. Dog
  4. Conquests
  5. It Was Nice While It Lasted
  6. Where Did You Sleep Last Night


Dear Elizabeth ist ein stimmungsvolles, tiefgründiges Debüt mit Ecken, Kanten und Seele. Wer einfache Popkost sucht, wird hier nicht fündig. Aber wer bereit ist, in eine Parallelwelt aus Schmerz, Hoffnung und zarter Wut einzutauchen, wird Bellzzz nicht so schnell vergessen. Eine Künstlerin, die ihre Dämonen tanzen lässt – und uns gleich mit.

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