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As long as you're here (Steam) Review

Wenn Erinnerungen verblassen


2025-10-17  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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As Long As You're Here ist kein typisches Spiel. Es gibt keine Highscores, keine Sammelobjekte, keine komplexen Mechaniken. Stattdessen erwartet Dich eine spielbare Erfahrung, die bewusst entschleunigt, einfühlsam erzählt – und tief unter die Haut geht. Du begibst Dich in die Gedankenwelt von Annie, einer älteren Frau, die an Alzheimer erkrankt ist.

Was das Spiel auszeichnet, ist nicht spielerischer Anspruch, sondern emotionale Tiefe. Es ist ein stilles, aber eindrucksvolles Statement darüber, wie Gaming sich sensibel und wirkungsvoll mit existenziellen Themen wie Demenz auseinandersetzen kann – und vielleicht sogar sollte.

Erinnerung als zerbrechliches Spielfeld
Als Spieler schlüpfst Du in die Rolle von Annie – oder besser gesagt: Du erlebst die Welt durch ihre bröckelnde Wahrnehmung. Erinnerungen überlagern sich mit der Gegenwart, vertraute Orte vermischen sich mit vergangenen Lebensstationen, und selbst vertraute Menschen erscheinen manchmal fremd.

Diese Momente erzeugen keine Rätsel im klassischen Sinne, aber sie fordern Dein Mitgefühl und Deine Aufmerksamkeit. Wenn das vertraute Wohnzimmer plötzlich zum Kinderzimmer der Vergangenheit wird oder ein Gespräch sich in einem Nebensatz verliert, begreifst Du, wie sich Alzheimer anfühlen könnte – ohne dass es je explizit erklärt werden muss.

Ein persönliches Projekt mit großer Wirkung
As Long As You're Here entstand aus einem sehr persönlichen Antrieb heraus. Entwicklerin Marlène Delrive verarbeitete mit dem Spiel den Verlust ihrer Großmutter – und schafft es dabei, etwas Universelles zu erzählen. Jeder, der schon einmal einen geliebten Menschen durch Alzheimer und/oder Demenz hat verlieren sehen, wird hier Momente wiedererkennen. Und alle anderen bekommen auf einfühlsame Weise einen Einblick in eine Lebensrealität, über die sonst oft geschwiegen wird.

Beeindruckend ist auch die intime Gestaltung: Echte Familienfotos der Entwicklerinnen sind in die Spielwelt integriert, machen Annies Erinnerungen greifbar – und verleihen dem Ganzen eine fast dokumentarische Ehrlichkeit.

Ein Erlebnis für ein einziges, tiefes Durchatmen
Die Spielzeit ist bewusst kompakt gehalten. In rund ein bis zwei Stunden entfaltet sich Annies Geschichte – idealerweise in einem Rutsch erlebt, ohne Unterbrechung. Das macht das Spiel nicht nur leicht zugänglich, sondern auch besonders intensiv.

Begleitet wird das Erlebnis von stimmiger Musik und einer Soundkulisse, die zwischen Vertrautheit und Verstörung schwankt. Mal klimpert ein Klavier sanft im Hintergrund, mal bricht Stille ein – wie ein Gedanke, der plötzlich verschwunden ist.

Ein Spiel für Herz, nicht für Leistung
Natürlich ist As Long As You're Here kein Spiel für jeden Moment. Wer nach Action, Strategie oder kniffligen Herausforderungen sucht, wird hier nicht fündig. Doch das ist auch nicht das Ziel. Es geht um Menschlichkeit, um Nähe, um Vergänglichkeit.

Und es ist gerade diese stille, fast poetische Art des Spiels, die lange nachhallt. Nicht selten bleibt man am Ende einfach noch sitzen, starrt auf den Bildschirm – und denkt an die eigene Familie. An Menschen, die vielleicht nicht mehr da sind. An das, was Erinnerung ausmacht.

As Long As You're Here ist kein Spiel, das man spielt – es ist eines, das man fühlt. Es bricht mit Konventionen, setzt das Medium auf feinfühlige Weise als Erzählform ein und schafft damit Raum für Empathie. Ein kleines, stilles Werk mit großer Wirkung. Und ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie wichtig Spiele auch jenseits von Unterhaltung sein können.

Punktewertung

Gameplay
82
Grafik
76
Sound
78
Steuerung
82

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