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Arrival City Review


2012-01-17  Spielemagazin  11 Likes  0 Kommentare 
Ein Drittel der Weltbevölkerung zieht - über Provinzen, Länder, Kontinente hinweg - vom Land in die Städte. In unserer Zeit leben zum ersten Mal mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land.

Die These, dass diese radikale, unumkehrbare Entwicklung eine positive ist - sowohl für die Migranten als auch für die Städte, in denen sie ankommen -, setzt Saunders' Buch von gern beschworenen Untergangsszenarien ab. Ob Migration funktioniert oder nicht, hat wenig mit kulturellen Klüften oder religiösen Gegensätzen zu tun. Die Ziele der Neuankömmlinge sind - egal aus welchem Land sie stammen oder in welche Stadt sie gehen - die gleichen. Doch ob sie Arbeit finden, soziale Netzwerke aufbauen, ihren Kindern Schulbildung und eine Zukunft ermöglichen können, hängt stark davon ab, ob die Stadt auf sie vorbereitet ist.

Drei Jahre lang hat Saunders in Berlin-Kreuzberg, im Londoner East End und den Banlieues von Paris, in den Favelas von Rio de Janeiro und den Barrios in Los Angeles mit Menschen über ihre Lebenspläne und -wirklichkeiten gesprochen. Über zwanzig solcher Viertel, Rand- und Außenbezirke, diese Orte der Ankunft - Arrival Citys -, porträtiert Saunders in seinem Buch. Sein Fazit: Scheitert die Arrival City, wird sie zum sozialen Brennpunkt, zur Brutstätte von Kriminalität und hybridem Extremismus, zum Elendsviertel. Blüht sie auf, wird die Arrival City zur Geburtsstätte der neuen Mittelschicht, der stabilen Wirtschaft und des sozialen Friedens einer Stadt.

Die Menschheit erlebt aktuell die größte Völkerwanderung ihrer Geschichte
Die Migration von Landbevölkerung in Vorstädte ist ein Phänomen, welches uns zwar allen schonmal aufgefallen ist, das wir aber in dieser Tiefe bisher nie durchdacht haben. Welche Konsequenzen für uns hat denn diese "Massenflucht vom Lande"? Ausgehend von diversen Einzelschicksalen in den Metropolen dieser Welt schildert Doug Saunders die alltäglichen Probleme und kommt dabei beispielsweise auch auf die hierzulande häufig thematisierte Ghettoisierung von türkischen Einwanderern zu sprechen. Dabei ist der Schreibstil überaus angenehm, sehr flüssig, nur selten stockt der Lesefluss und so eignet sich der Roman auch für längere Lesephasen ohne trotz den intelektuell ansprechenden Themas langatmig zu werden.

Fast schon überfälliges Werk rund um ein Phänomen unserer Zeit. Selten zuvor wurde das Thema der globalen Urbanisierung so präzise angesprochen und doch so lesenswert verpackt.

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