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This Woman Is Dangerous Review


2010-01-26  Tonio Gas  11 Likes  0 Kommentare 
This Woman Is Dangerous (Krimi-Melodram, USA 1952, s/w, Regie: Felix Feist, mit Joan Crawford, David Brian, Dennis Morgan, Bezugsquelle: www.warnerarchives.com, und falls die sich immer noch nicht entschlossen haben, nach Europa zu liefern, www.amazon.com oder www.amazon.co.uk, evtl. auch ebay)

Warner Brothers öffnet seine Archive! Weil es sich nicht lohnte, sämtliche verborgenen Schätze in nennenswerter Auflage auf DVD herauszubringen, kann man seine filmischen Lücken nun "on demand" schließen: Zahlreiche Klassiker sind auf diese Weise in guter Qualität, aber einfacher Ausstattung erhältlich (es gibt nur den Trailer als Extra, nur O-Ton, keine Untertitel, aber immerhin ein Cover und einen DVD-Aufdruck). Ich habe nun einmal eine Joan-Crawford-Lücke geschlossen - die große Diva, die bereits 1943 bei Metro-Goldwyn-Mayer zum alten Eisen gelegt wurde, aber später bei Warner Brothers ein spektakuläres Comeback hinlegte. Dies war 1952 jedoch erst einmal wieder vorbei; "This Woman Is Dangerous" ihr Schwanengesang im Studio. Dafür ist der Film überraschend gut.

Nicht die Frau ist gefährlich, sondern die Vergangenheit. Zwei Brüder und ihre Ehefrauen bilden den Kern einer Gangsterbande, und wir sehen schon nach 10 Minuten einen ausgeklügelten Raubzug. Zur Finanzierung einer komplizierten Augenoperation von Beth (Crawford) musste der Coup vorverlegt werden, aber es ging alles glatt, und Beth kann sich in eine Klinik im entfernten Indianapolis begeben. Wäre da nicht ihr hyperaggressiver und hypereifersüchtiger Ehemann (David Brian), der hinter allem und jedem einen anderen Mann vermutet. Später verlieben sich Beth und ihr Arzt (Dennis Morgan) tatsächlich ineinander, doch lasten die Schatten der Vergangenheit über Beths Aussicht auf ein Leben an der Seite des Arztes. Und der Gatte bleibt auch nicht tatenlos.

Man muss diesen Film nicht mögen. Er ist solide Krimikost und definitiv nicht große Kunst, sondern erkennbar auf die Crawford zugeschnittenes Star-Vehikel mit archetypischen Typen, archetypischen Settings, archetypischen Kostümen, archetypischem Plot. Aber wenn man sich im Genre wohlfühlt, gibt es nichts zu meckern. Ich fühle mich dort wohl. Es gibt elegante Rumba-Musik in elegant fotografierten eleganten Casinos und Bars, eine elegante Crawford am Schicksals-Scheideweg, selbst noch mit ihrem Augenleiden voll wunderbarem glamourösem Pathos. Ihr gegenübergestellt sind Archetypen wie der aggressive Gangster, der schmierige Privatdetektiv, der grundsolide Arzt. An letzterem kann man besonders gut sehen, wie dieser Film letztlich mit Versatzstücken arbeitet, aber hierin ordentliches Handwerk bietet, das schön anzusehen ist: Der Arzt führt der Crawford die extrem gegensätzlichen Perspektiven ihres Lebens vor. Zum einen ist sie mehr zufällig dabei, als er eine Behandlung in einem Frauengefängnis vornehmen muss, zum anderen besucht sie ihn in seinem schicken Heim als alleinerziehenden Vater einer Tochter (Feministinnen könnten in dieser Passage eine Krise bekommen, denn sofort wird die Küche als Ort gezeigt, in der die Crawford und die Tochter harmonisch werkeln können - überdeutlich wird herausgestrichen, dass der Arzt Crawford dieses Heim auch gerne als IHR Heim offerierte.). Es kommt schließlich zum dramatischen Finale und zu einem etwas abgeschmackten, moralischen Ende. Doch das Ganze ist mit einer sauberen Beherrschung der atmosphärischen Regeln solcher Stoffe inszeniert, nicht immer logisch (Palmen in Indiana?), nicht immer inhaltlich oder psychologisch originell, aber sehr, sehr stylish. Anlässlich der Augenuntersuchung der Crawford, der späteren OP und der stationären Nachbehandlung nutzt der Film die beunruhigende und ästhetisch etwas unnatürlich anmutende Wirkung von Dunkelheit, gelegentlich unterbrochen von scharf kontrastierendem Punktlicht. Hier weist sich der Film klar als Film Noir aus, und das macht er souverän (wenngleich er inhaltlich und psychologisch hinter der ästhetischen Kraft zurücksteht, die dadurch ein bißchen was Selbstzweckhaftes bekommt). Stylish ist der Film auch in dieser ganz speziellen mondänen Crawford-Welt. Und die Crawford kann so etwas spielen, auch noch 1952. Man sieht ihr die Mitte 40 zwar an, aber sie gibt sich gar nicht mit Macht jünger, sondern kann in ihrem moderaten (und für meinen Geschmack hier ganz und gar nicht übertriebenen) Pathos teils mit feinen Nuancen immer noch faszinieren - die Männer im Film wie die Zuschauer. Ihr Kampf um ihr Augenlicht und um das Augen-Öffnen angesichts ihres bisherigen Lebens hat Würde und weckt Empathie. Ganz nebenbei weiß sie aber auch mit Charme den brutalen Gangstergatten zu händeln, zumindest wenn sie einander Angesicht in Angesicht gegenüberstehen. Wie sie mit ihren großen Augen und einem nur minimalen Wechsel vom aggressiven zum zärtlichen (aber doch deutlich fordernden) Gesichtsausdruck ihren Mann küsst (SIE küsst deutlich IHN, nicht umgekehrt), damit er seine Pistole entlädt und verspricht, sie nicht mehr zu benutzen, das ist. nun ja, entwaffnend!

Wem diese ganze Crawford'sche Eleganz bei "Im Solde des Satans" (1950) trotz gewisser ähnlicher Kitsch-Schwächen in der Handlung gefallen hat und wer sich nicht allzu sehr an dem einen oder anderen zu stereotypen Dialog stört, der Binsenweisheiten ausspricht, anstatt die Dinge zu ZEIGEN (Arzt zu Joan Crawford: "Auch Sie haben mir die Augen geöffnet"), der ist beim vorliegenden Film genau richtig.

Anmerkung: Die oben verlinkte "Joan Crawford Collection" enthält den beschriebenen Film NICHT, ist aber sehr zu empfehlen. In ihr finden sich:

1.: Grand Hotel (Menschen im Hotel, 1932): JC in einem großartigen stargesprickten Film mit einer für ein MGM-Glamourprodukt recht anspruchsvollen Geschichte nach Vicky Baums Roman. U.A. mit Greta Garbo, John und Lionel Barrymore (Großvater bzw. Großonkel von Drew Barrymore).

2.-4.: Mildred Pierce (Solange ein Herz schlägt, 1945) / Humoresque (1946) / Possessed (Hemmungslose Liebe, 1947): JCs fulminantes Comeback bei Warner Brothers mit drei herausragenden Filmen: Ein Krimi-Melodram vom "Casablanca"-Regisseur Michael Curtiz, ein Melodram aus dem Musikermilieu von Jean Negulescu und ein Psychothrillervon Curtis Bernhardt.

5.: The Damned Don't Cry (Im Solde des Satans, 1950): Siehe oben... ähnlich wie "This Woman Is Dangerous", vielleicht noch etwas besser, aber nicht auf der Höhe von 1.-4. Insgesamt also vier Meisterwerke und ein Mal gute Unterhaltung.

Joan Crawford hat Starpower und kann sie überraschend nuanciert ausspielen. Zwar bricht sie damit nicht aus dem Korsett der etwas konventionellen Geschichte aus, aber sie schafft es, auch in einer künstlerischen Sackgasse nicht gegen die Wand zu fahren. Insgesamt gute Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger. Als Crawfordfan gebe ich 72 Punkte, objektiv müssten es wohl etwas weniger sein.

Punktewertung

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