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John Grisham - Verteidigung Review


2012-09-23  Spielemagazin  12 Likes  0 Kommentare 
In seinem 2011 erschienen Werk "Die Verteidigung" wirft Autor John Grisham, bekannt durch internationale Bestseller wie "Die Firma" oder "Der Regenmacher", einen Blick auf das untere Ende der Nahrungskette im amerikanischen Justizsystem. Wie vielleicht kein anderer Autor unserer Zeit schafft es John Grisham, die Feinheiten dieses Systems, die nicht nur hierzulande für einen Laien schwer zu durchschauen sind, leicht verständlich dem Leser näher zu bringen.

Der Held des Romans ist David Zinc, ein junger, talentierter und aufstrebender Anwalt, für den Gerechtigkeit und Moral an oberster Stelle stehen. Das ist bei Weitem nichts Neues für die Hauptperson eines John-Grisham-Romans, allerdings bleibt der gewohnte Kampf von Gut gegen Böse aus. Auch fehlt die übliche Spannung, wenn normalerweise der Held immer mehr - bis hin zu seinem eigenen Leben - riskiert. Dramatische Momente sind Randerscheinungen, die kaum mit der eigentlichen Handlung verwoben sind.

Die Geschichte beginnt damit, dass David Zinc das Gebäude der Anwaltskanzlei verlässt, für die er bis dahin Tag und Nacht gearbeitet hat, sich in einer Bar betrinkt und im anschließenden Rausch durch Zufall eine kleine Anwaltsboutique entdeckt. Dort trifft er auf Wally Figg und Oscar Finley, zwei Anwälte, denen es nur um Profit und Eigennutz geht, dabei aber kaum erfolgreich sind. Geplagt von dem Stress und den unmenschlichen Arbeitszeiten, unter denen seine sonst glücklich Ehe bereits leidet, beschließt David, von nun an hier zu arbeiten. Schnell findet er sich mit seinen neuen Kollegen in einer Sammelklage gegen einen Pharmakonzern und dessen neustem Produkt wieder.

Das Buch liest sich sehr flüssig und leicht. Diesem Lesefluss fallen allerdings auch Tiefe und Facettenreichtum der Charaktere zum Opfer. Schwarz bleibt Schwarz, Weiß bleibt Weiß, und in der Mitte befindet sich nicht viel. Die eher einfallslose Zusammenführung der Hauptpersonen entspricht dem Rest der Handlung, die größtenteils gradlinig verläuft. Der erwartete Konflikt bei dem Zusammentreffen dieser charakterlichen Gegensätze kommt kaum zum Entstehen. Erklärungen dafür bekommt der Leser nur am Rande, wie beispielsweise durch ein kurzes Gespräch Davids mit seiner Familie über seine neue und weitaus schlechter bezahlte Arbeit. Der Versuch, auf eine tiefere psychologische Ebene zu dringen, wird nicht unternommen.

Der Schreibstil nimmt einige Einbußen in Kauf, um die Story voranzutreiben und den Lesefluss nicht zu unterbrechen. Feinsinnige Beschreibungen von Personen oder Orten, die dem Leser Hinweise über Charaktere und deren Gefühlslagen geben, finden sich nur selten.
Dadruch wird es aber erst möglich, eine ganze Reihe an Nebenfiguren zu präsentieren, die ein realistisches Bild der Zusammenhänge von den unterschiedlichen Sektoren der Justiz, Politik, Lobbyismus, Konzernen und deren Kunden zeichnen. Gerade hier findet sich die Stärke des Romans.

Die Erzählung lässt den Held und Identifikationsfigur Zinc gelegentlich in den Hintergrund treten und bringt den Leser immer wieder zum Schmunzeln, wenn über die absurden und fast schon lächerlichen Methoden der Anwälte Figg und Finley berichtet wird. Diese schrecken in ihrem Streben nach Reichtum vor nichts zurück, nehmen größtmöglichen Schaden anderer für den kleinsten eigenen Vorteil in Kauf. Sie brechen ganz ungeniert das Gesetz zu ihren Gunsten, sodass schnell klar wird: Moral und Gerechtigkeit sind für diese beiden Herren nicht mehr als ein Vorwand, um sich die eigenen Taschen zu füllen.

Für Leser, die bisher den Werken von John Grisham nicht viel abgewinnen konnten, lohnt sich, aufgrund des fast schon schwarzen Humors, ein genauerer Blick in das Buch. Wer allerdings einen Roman erwartet, der zum Nachdenken anregt oder mit einem ausschmückenden Schreibstil beeindruckt, wird von "Die Verteidigung" enttäuscht sein. Grisham-Fans, die den Autor eben für seinen flüssigen Erzählstil lieben, werden zwar die gewohnte Spannung vermissen, bekommen jedoch einen weiteren interessanten und unterhaltsamen Einblick in das amerikanische Justizsystem.

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   Titel Verteidigung: Roman
   Genre
   Release
   Systeme
   Publisher Heyne Verlag
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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