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Sorry – Cosplay Review

Zwischen Masken, Metaphern und Magie


2025-10-02  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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Mit Cosplay schlagen Sorry ein weiteres, eigensinniges Kapitel auf – und das am 7. November 2025 über Domino Recording Co. Das Londoner Duo um Asha Lorenz und Louis O’Bryen, das sich längst als künstlerische Ausnahmeerscheinung etabliert hat, dekonstruiert hier wieder einmal alles, was man mit dem Begriff „Pop“ verbinden könnte.

Was bleibt, ist ein klangliches Kaleidoskop: ein Spiel mit Identitäten, mit Raum und Zeit, mit Emotionen, die in verwaschenen Lo-Fi-Kammern hallen und sich mit träumerischem Indie, schrammeligen Gitarren, Trip-Hop-Elementen und kryptischen Texten zu einem schwer greifbaren, aber faszinierenden Gesamtwerk verdichten.

Ein Spielzimmer für popkulturelle Geister
Bereits die erste Single „Echoes“ macht deutlich, worum es in Cosplay geht: Identitätsverwirrung, Projektion, die Suche nach Bedeutung in einem Echo – einem Zwischenraum, in dem Realität und Fiktion verschwimmen. Der Song basiert auf einem Gedicht und klingt selbst wie einer. Die Zeile „Meet me at the butterfly sanctuary. Echo“ wirkt wie ein geflüstertes Versprechen aus einer anderen Dimension.

Und genau so fühlt sich das gesamte Album an: nicht wie eine Aneinanderreihung von Songs, sondern wie eine Performance, bei der sich hinter jeder Ecke ein neuer Charakter, eine neue Stimme oder ein neuer Stil versteckt.

Zwischen Genie und Verwirrung
Tracks wie „Love Posture“ verdeutlichen, wie kompromisslos Sorry in ihrer künstlerischen Vision sind. Der Song scheint sich erst gar nicht entscheiden zu wollen, ob er Popballade, Störgeräusch oder Theaterszene sein möchte. Das macht ihn spannend – aber auch sperrig.

„Jetplane“ hingegen ist luftiger, fast schon eingängig, während „Candle“ mit noisigen Verzerrungen kokettiert, als wolle es bewusst gegen jeden musikalischen Mainstream rebellieren. Dieses Hin und Her ist typisch für Cosplay – und entweder man lässt sich darauf ein oder man bleibt ratlos zurück.

Sounddesign wie aus einem verschachtelten Traum
Sorry arbeiten mit Loops, Field Recordings, Oldschool-Drumsounds und Soundfragmenten, die sich zuweilen wie aus einem alten VHS-Tape anhören. Dieses bewusste Spiel mit Nostalgie trifft auf moderne Fragmentierung – alles darf existieren, nichts muss zusammenpassen. Und doch tut es das irgendwie.

Die Produktion ist roh, manchmal minimalistisch, manchmal überladen. Songs wie „Life In This Body“ oder „Magic“ erinnern an Collagen: Bruchstücke von Songs, Erinnerungen, Gedanken – lose verbunden durch Atmosphäre statt Struktur.

Zwischen Club und Kunsthochschule
Cosplay ist kein Album, das Dich beim ersten Hören einlädt. Es verlangt Aufmerksamkeit, manchmal sogar Geduld. Aber wer bereit ist, sich auf die vielen Ebenen einzulassen, entdeckt ein Werk, das sehr viel zu sagen hat – nur eben nicht in klaren Sätzen.

Das Album wirkt wie ein Dialog mit sich selbst, ein Prozess der Selbstauflösung. Zwischen all der Uneindeutigkeit liegt auch eine große Stärke: die völlige Freiheit von Genregrenzen, Hörgewohnheiten oder klassischen Songstrukturen.

Tracklist
  1. Echoes
  2. Jetplane
  3. Love Posture
  4. Antelope
  5. Candle
  6. Today Might Be The Hit
  7. Life In This Body
  8. Waxwing
  9. Magic
  10. Into The Dark
  11. Jive


Mit Cosplay legen Sorry ein mutiges, verspieltes und stellenweise forderndes Album vor, das sich jeglicher Kategorisierung entzieht. Es ist mehr Performance als Pop, mehr Kunstprojekt als Playlist-Futter. Wer sich darauf einlässt, wird mit Momenten voller Tiefe, Überraschung und Schönheit belohnt – auch wenn es zwischendurch anstrengend wird. Cosplay ist ein Album für Entdecker*innen – und für alle, die ihre Musik gerne mehr fühlen als verstehen.

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