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Hannah Jadagu – Describe Review

Ein Songtagebuch des modernen Gefühls


2025-10-06  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Hannah Jadagu – Describe Review Bild Hannah Jadagu – Describe Review Screenshot Hannah Jadagu – Describe Review Foto
Foto: Sam Wilbert. Mehr zum Thema Transparenz.

Mit Describe liefert Hannah Jadagu 2025 ihr zweites Album ab – und zeigt, dass sie mehr ist als die junge Stimme hinter Aperture. Dieser neue Longplayer wirkt wie ein Schritt nach vorn: nicht radikal, aber spürbar reifer, experimentierfreudiger und mit einem stärkeren Klangbewusstsein. Die Ausgangslage: Liebe, Entfremdung und der stete Kampf zwischen dem Drang nach Nähe und dem Bedürfnis nach Raum.

Themen, die zerren und verbinden
Das zentrale Spannungsfeld von Describe ist jenes der Distanz: Was passiert, wenn man für seine Kunst reist, während Beziehungen zurückbleiben? Hannah greift genau diese Spannung auf – mit Songs, die davon erzählen, dass Nähe nicht immer physisch sein muss, aber umso schwerer ist, wenn sie sich über Tausende Meilen erstreckt. In My Love etwa ligger sowohl Euphorie als auch Schmerz: sie sucht Verbindung, aber spürt zugleich Leere. Und in Tracks wie Gimme Time oder Tell Me That!!!! ist das Ringen um Zeit, Verständnis und Authentizität zu hören.

Soundästhetik: warm, nüchtern, kontrolliert wild
Musikalisch lotet Jadagu diesmal andere Ufer aus. Die vertrauten Gitarrenklänge treten etwas zurück – analoges Equipment, Synthesizer, Drum Machines und Raumklänge gewinnen an Gewicht. Man hört sie im Synthetischen spielen, im Schweben, sich verlieren und wieder aufrichten. Der Klang wirkt weniger linear als bei ihrem Debüt, mehr als ein Geflecht, in dem Stimme, Melodie und Text ineinander verwoben sind.

Ein Song wie Doing Now trifft diesen Wandel gut: verhallte Gitarren, hypnotischer Gesang, Wiederholungen, Brüche, feine Übergänge. Auch Normal Today überrascht mit kühler Elektronik und streiften Violintexturen – etwas, das man so noch nicht oft von ihr gehört hat. Den Mut zur Variation erkennt man auch dort, wo sie ihre Stimme anders artikuliert – mal flüsternd, mal spielerisch, mal fast fordernd.

Stärken und Stolpersteine zwischen Titeln
Die größte Stärke von Describe liegt in seiner emotionalen Ehrlichkeit und seinem Feingefühl. Hannah Jadagu lässt Raum für Unausgesprochenes, für Leere, für Spannung. Deshalb wirken manche Titel stärker als andere – jene, bei denen das Verhältnis von Klang und Inhalt stimmt, bleiben hängen. In Tracks, in denen sie sich zu sehr in Effekten verliert oder die Struktur zu locker bleibt, fehlt gelegentlich das Rückgrat: Der letzte Bogen, der den Hörer völlig mitnimmt, fehlt dann.

So entsteht ein Album, das nicht durchgehend packt, aber in seinen besten Momenten verblüfft. Man spürt, dass hier jemand ihre eigene Stimme sucht – nicht nur gesanglich, sondern kompositorisch.

Describe ist ein mutiges, oft sehr sensibles Album, das Jadagu aus dem sicheren Hafen des Indie?Pop hinaustreibt. Es ist kein sofortiger Hitgenerator – er braucht Geduld, Interesse und wiederholtes Hineinhören. Aber das Potenzial, in viele Hörer*innen einzudringen, ist da.

Punktewertung

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