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Exsonvaldes - Ninety Seconds to Midnight Review

Zwischen Nostalgie und Neuanfang


2025-11-04  Redaktion  0 Likes  0 Kommentare  130 Views
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Foto: Marta Mingorance. Mehr zum Thema Transparenz.

Mehr als zwanzig Jahre Bandgeschichte liegen hinter Exsonvaldes – und mit Ninety Seconds to Midnight kehrt das Trio zu jener elektrisierenden Unruhe zurück, die schon ihre frühen Werke prägte. Nach dem erfolgreichen Comeback-Album Maps aus dem Jahr 2023 zeigen Simon Beaudoux, Martin Chourrout und Antoine Bernard, dass sie nichts von ihrer Spielfreude verloren haben. Im Gegenteil: Ihr sechstes Studioalbum klingt zugleich erfahrener, reflektierter und doch wieder wunderbar ungestüm.

Der Sound ist rauer, direkter, aber nie überdreht. Exsonvaldes schaffen es, die Euphorie des Indie-Rock mit einer Reife zu verbinden, die man nur nach zwei Jahrzehnten Bühnenluft erreicht. Dabei wechseln sie mühelos zwischen französischen und englischen Texten – ein Markenzeichen, das die Band immer schon von vielen Kollegen abhob.

Zwischen Brüssel und Paris – Musik über Distanz und Nähe
Die Single Paris Bruxelles eröffnet das Album mit scharfen Riffs und treibender Energie. Der Song erzählt von der Ambivalenz einer Fernbeziehung, vom Leben zwischen zwei Städten, zwei Welten – und zwei Gefühlen. Es ist ein Song, der sofort ins Ohr geht und doch melancholisch bleibt.

Diese Mischung zieht sich durch die gesamte Platte: Euphorie trifft Melancholie, Aufbruch trifft Nachdenken. „Rockets“ erinnert an den amerikanischen 90er-Indie – eine Hymne mit fuzzgetriebenen Gitarren und einem Refrain, der hängenbleibt. „Tate (Like the Museum)“ wiederum verneigt sich vor der Kunstwelt, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Es sind kleine Geschichten, verpackt in große Emotionen.

Ein Album wie ein Blick in den Rückspiegel
Ninety Seconds to Midnight ist kein lautes Statement, sondern ein Rückblick – aber einer mit offenem Fenster. Man hört die Erfahrungen, die Reisen, die Zweifel der letzten Jahre. Die Band scheint zurückzuschauen, ohne stehenzubleiben. Songs wie „Abandoned Water Park“ oder „Tired of Everything“ klingen wie Reflexionen über das Älterwerden in einer rastlosen Zeit. Und doch: In jedem Song liegt Hoffnung.

Die Produktion ist klar, aber nicht glatt. Gitarren dürfen rauschen, Stimmen dürfen atmen, und manchmal entsteht genau aus dieser Unvollkommenheit die größte Schönheit. Die Mischung aus französischer Leichtigkeit und britisch anmutendem Indie-Drive funktioniert erstaunlich gut – vertraut, aber nicht verstaubt.

Zwischen den Sprachen, zwischen den Zeiten
Was Exsonvaldes auszeichnet, ist diese spielerische Selbstverständlichkeit, mit der sie Sprachen, Genres und Emotionen verweben. In „Est-ce qu’on parle enfin de moi?“ klingt die Band verletzlich, fast zerbrechlich, während „En Sentido Contrario“ mit spanischer Gaststimme neue Farben ins Album bringt. Das ist kein kalkulierter Eklektizismus, sondern gelebte Offenheit – und das spürt man.

Gerade in dieser Vielfalt liegt der Reiz des Albums. Jeder Song öffnet ein anderes Fenster, und doch bleibt die Handschrift klar. Ninety Seconds to Midnight ist ein Mosaik aus Stimmungen, ein Soundtrack für alle, die sich zwischen Aufbruch und Erinnerung bewegen.

Ein Werk mit Patina – und frischem Puls
Nach über zwanzig Jahren schaffen Exsonvaldes das Kunststück, weder nostalgisch noch bemüht modern zu klingen. Das Album wirkt wie ein Spaziergang durch vertraute Straßen, in denen plötzlich wieder neue Lichter leuchten. Es ist kein großes Spektakel, aber ein ehrliches Stück Musik – handgemacht, emotional, mit Herz und Verstand.

Am Ende bleibt ein warmes Gefühl: Hier spielt eine Band, die nichts mehr beweisen muss, aber trotzdem etwas zu sagen hat. Und das hört man in jeder Note.

Tracklist
  1. Paris Bruxelles
  2. Rockets
  3. Malaga
  4. Frontiers (feat. Troy Von Balthazar)
  5. Tate (Like the Museum)
  6. Est-ce qu'on parle enfin de moi?
  7. En Sentido Contrario (feat. Helena Miquel)
  8. French Keyboard
  9. Avant \ Avant
  10. Tired of Everything
  11. Abandoned Water Park


Ninety Seconds to Midnight ist ein starkes, facettenreiches Indie-Album zwischen Gefühl und Nachdenklichkeit. Es zeigt Exsonvaldes in Bestform: gereift, ehrlich, melodisch – und mit jener feinen Balance zwischen Euphorie und Melancholie, die ihre Musik seit Jahren so besonders macht. Kein perfektes Album, aber ein sehr schönes.

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