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Disaffected – Spiritual Humanized Technology

Ein Album für Liebhaber des Komplexen


10.11.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Disaffected – Spiritual Humanized Technology Bild Disaffected – Spiritual Humanized Technology Screenshot Disaffected – Spiritual Humanized Technology Foto

Mit Spiritual Humanized Technology melden sich Disaffected nach acht Jahren Albumpause zurück. Die portugiesischen Veteranen, die seit Anfang der 90er als eine der experimentierfreudigsten Death-Metal-Bands ihres Landes gelten, verbinden auch auf ihrem vierten Studioalbum technische Präzision mit konzeptueller Tiefe. Auf dem Papier klingt das nach einem ambitionierten Werk – in der Realität bleibt jedoch ein zwiespältiger Eindruck.

Zwischen Kosmos und Chaos
Das Album ist als Konzeptwerk angelegt, das die Schnittstelle zwischen Mensch, Technologie und Spiritualität beleuchtet. Musikalisch bewegen sich Disaffected irgendwo zwischen Progressive Death Metal, leichtem Industrial-Flair und spaciger Atmosphäre. Die Produktion ist druckvoll, aber nicht übermäßig poliert – man spürt die Erfahrung der Musiker, die wissen, wie man komplexe Strukturen aufbaut.

Doch genau darin liegt auch die Schwäche des Albums: Es klingt technisch einwandfrei, aber emotional seltsam leer. Alles ist korrekt, sauber, kalkuliert – nur selten blitzt so etwas wie echte Leidenschaft auf. Tracks wie „Soul And Words“ und „The Stream We Abide“ beeindrucken mit rhythmischer Vielfalt und präzisem Zusammenspiel, doch der Funke springt kaum über.

Komplex, aber schwer zugänglich
Progressive Death Metal lebt von Spannungsbögen, von Dramaturgie und organischem Aufbau. Bei Spiritual Humanized Technology verliert man sich schnell in der Masse an Riffs, Breaks und Tempowechseln. Die Songs wirken wie verkopfte Konstrukte, denen das Herz fehlt. Sicher: das Spielniveau ist hoch, die Musiker beherrschen ihre Instrumente mühelos – doch man sucht vergeblich nach Momenten, die wirklich hängen bleiben.

Auch textlich bleibt vieles im Nebel. Zwischen technospirituellen Metaphern und kosmischer Symbolik verlieren sich die Lyrics in schwer greifbaren Konzepten. „Sleeping With Aliens“ oder „Resistance – The Age Of Digital Apocalypse“ klingen interessant, doch die inhaltliche Tiefe wird durch die schwerfällige musikalische Umsetzung eher verdeckt als betont.

Mehr Gedanke als Gefühl
Man kann Disaffected nicht absprechen, dass sie etwas Eigenes schaffen wollen. Ihr Mix aus Progressive Metal, Death, Groove und sphärischem Sound ist durchaus ambitioniert – aber oft auch anstrengend. Statt Sog entsteht Distanz, statt Intensität ein gewisses Gleichmaß. Das Album hat seine Momente, etwa im etwas melodischeren „Dreaming V (Lazarus Syndrome)“ oder im abschließenden Titeltrack, doch insgesamt bleibt das Werk zu sperrig, um dauerhaft zu fesseln.

Für Fans von technisch orientiertem Metal – irgendwo zwischen Opeth, Cynic und späteren Death – mag das Album reizvoll sein. Doch wer emotionale Wucht oder eingängige Strukturen sucht, wird hier kaum fündig.

Tracklist
  1. Soul And Words
  2. The Stream We Abide
  3. In Silence Deep
  4. Dreaming V (Lazarus Syndrome)
  5. Sleeping With Aliens
  6. Resistance – The Age Of Digital Apocalypse
  7. Mind’s Eye And The Darkness In There
  8. Here In Alpha
  9. Spiritual Humanized Technology
  10. In Every Dawn


Spiritual Humanized Technology ist ein technisch versiertes, aber emotional distanziertes Album. Disaffected liefern solide Arbeit ab, doch das Ergebnis bleibt zu speziell, zu akademisch und zu schwer zugänglich, um wirklich zu begeistern. Die Kompositionen zeigen handwerkliches Können, aber wenig Mut zu echten Kontrasten oder Momenten der Klarheit. Unterm Strich bleibt ein respektables, aber nicht außergewöhnliches Werk – eines, das mehr bewundert als genossen werden will.

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