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Sklavin der Wildnis Review


2010-04-05  Tonio Gas  8 Likes  0 Kommentare 
Im Westen soll jedes Haus auf solidem Grunde gebaut sein.

.und in jede Familie gehört eine Frau. Im Falle des Farmers Harvey (William Holden) hat die Frau jedoch vor einer Woche das Zeitliche gesegnet. Ganz im Sinne der tradierten Geschlechterrollen sieht man es dem Haus und der Farm an. Die Wäsche wurde nicht heruntergenommen, das Unkraut nicht ausgerissen, die ganze "Frauenarbeit" blieb liegen. Also muss Harvey, schon hierfür und für die Erziehung seines Sohnes David, eine neue Frau heranschaffen, und zwar sofort. Er kauft die Fronmagd Agnes frei (Loretta Young mit gewohnt schmachtendem Blick lässt keinen Zweifel, dass der Rollenname Assoziationen an das Lamm Gottes weckt. Dabei ist "Agnes" eine Synchronisationsfreiheit, die im Original "Rachel" heißt, was in etwa "Mutterschaf" bedeutet - auch gut).

Harvey und Agnes heiraten, doch für sie ist es nur der Wechsel des Herrn - Harvey hat sie quasi als Magd gekauft und behandelt sie auch so. Dabei spielt William Holden diesen Mann nicht einmal als gefühlloses Raubein, sondern einerseits als Mann seiner Zeit, andererseits als Mann, der sich erst noch dagegen sperrt, seine Gefühle oder gar Schwäche offen zu äußern. Wenn man diesen Film als Film über Gefühle, vermeintliche Schwächen und wahre Stärken sieht, macht es wenig aus, dass bis auf eine Schlussszene in diesem Western keine wirklich dramatischen Actionszenen zu verzeichnen sind. Das ist ein kleiner und gar nicht mal schlechter Beziehungs-Western. Und also ob das Dreieck Agnes - Harvey - Davy noch nicht reichte, kommt mit Harveys herumreisendem Freund Jim (Robert Mitchum) noch ein Mann zu Besuch, der mit der typischen Mitchumschen stoischen Ruhe eine joviale Gelassenheit und Überlegenheit ausstrahlt, die der verbitterte Harvey nicht hat. Auf den ersten Blick scheint Jim als Einziger Agnes wie eine Ehefrau und nicht eine Dienstmagd zu behandeln, er bringt sogar wieder im wahrsten Sinne des Wortes eine Saite in ihr zum Klingen: Agnes spielt, wie Harveys verstorbene Frau, Klavier, nur hatte Harvey das niemals vermutet und niemals gefragt. Bei einem fröhlichen Musizieren zeigt die Bildkadrierung sehr deutlich, dass Harvey auf einmal außen vor ist.

Doch schließlich kommt es nach ein paar Wendungen und einer Gefahrenzusammenschweißungsszene (leider mal wieder mit Indianern, die erklärungslos böse sind und abgeknallt werden dürfen wie gejagtes Wild) zum nicht ganz überraschenden Ende. Ein kleiner, nur 79 Minuten langer Film, nicht immer ganz rund, aber mit drei guten Hauptdarstellern, und als Beziehungs- und Geschlechterrollen-Film ziemlich gut zu genießen. Loretta Youngs schmachtender Blick hat so manch erstaunliche Nuance zu verzeichnen, und mit ihren ca.35 Lenzen ist sie als fünfunszwanzigjährige Frau, die "schon alles gesehen und erlitten hat", ziemlich gut, auch wenn sie wieder aufblühen darf. Die Spezies Mann, die augenscheinlich so sehr in ihrer angestammten Rolle bestätigt wird, kommt überraschend kritisch weg.

Ungewöhnlich und wohl als satirische Macho-Kritik zu verstehen ist, wie Regisseur Norman Foster eine Prügelei zwischen Mitchum und Holden filmt. Die beiden, die schon so viele Haudegen gespielt hatten, führen sich tatsächlich auf, als hätten sie so etwas noch nie gemacht, auch Mitchum, der immerhin einmal Boxer war. Stattdessen gehen Hiebe in die Luft, fliegen Menschen in Wassertröge und bekommen zusätzlich Schläge von in Schwung gebrachten Gegenständen, die halt bei einer Klopperei auf der Farm im Wege sein können. Diese ganze Szene hat eher etwas von den ritualisierten Prügeleien in den "Bridget Jones"-Filmen als vom klassischen Western, und das macht sie so bemerkenswert. Wie gesagt, nicht der ganze Film ist so gut und stellenweise vorhersehbar. Aber man kann der Geschichte viele interessante Aspekte abgewinnen. Dafür drei Viertel der Punkte.

Die DVD hat eine gute Qualität und den deutschen wie englischen Ton. Untertitel sucht man leider vergeblich.

Jeder Mann braucht eine Magd im Haus? Die Magd will Frau sein. Kleiner, meist guter Western, der sich fast ganz auf das schwierige Beziehungsgeflecht der Hauptpersonen konzentriert.

Punktewertung

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   Titel Sklavin der Wildnis - Vergessene Western Vol. 4
   Genre
   Release 2010-02-26
   Systeme
   Publisher Voulez Vous (Intergroove)
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
   Homepage
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