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Runhild Gammelsæter - Amplicon Review


2012-03-31  SimonR  7 Likes  0 Kommentare 
Mit der Musik verhält es sich wie mit jedem anderen Medium auch. Es gibt die eine oder andere Entdeckung darin, die man nicht auf der Rechnung hatte oder die einem so brachial daher kommt und um die Ohren wedelt, dass es einem den Atem nimmt. So kann es einem bei "Amplicon" gehen. Die CD erschien im Jahre 2008 bei Utech Records und ist gleichzeitig das Solo-Debüt von Runhild. Vorher war sie u.a. mit Bands wie "Sunn0)))" oder "Khlyst" unterwegs. Achja: Runhild ist Norwegerin und arbeitet als Biotechnologin.

Amplicon ist ein verstörender Rohling, wie ihn David Lynch nicht hätte besser auf eine Filmrolle bannen können. Dabei wird auf den Verbraucher keinerlei Rücksicht genommen. Warum auch, wenn man ihn einfach zerstören und mit einem gewaltigen Kopfkino zurücklassen kann?! Wenn es einen passenden Ausdruck für das gesamte Album gibt: Angst! Spielt es im Dunkeln, allein, mit Kerzen um euch, mit angemessen hoher Lautstärke. Kaum erklingen die ersten Töne und man ist schon gefangen in einen Sog, aus dem man nur zu gerne hinaus möchte, es aber nicht aus eigenem Antrieb schafft.
"Collapse - Lifting Of The Veil", der eigentlich als Einstieg in dieses Abenteuer dienen müsste, verwurzelt sich dreckig und ziemlich kompromisslos in den verschachtelten Gehörgang seiner Zuhörerschaft. Und zwar so stark und tief, dass es noch nach Abschluss des Albums in einem verweilt und weiterhin wütet.
Der Verlauf ist beim Voranschreiten der Laufzeit reine Willkür. Man erlebt praktisch eine ganze Evolution eines Wesens, das weder Reue noch Zurückhaltung kennt. Dabei muss man es von allen Seiten betrachten, die einem dargelegt werden. So kann man selbst beim siebten Durchlauf immer noch Dinge entdecken, die einem gar nicht aufgefallen sind. Und sei es auch nur ein minimales Detail.

Einordnen ist an dieser Stelle eher zwecklos. Wo will man es denn bitteschön haben:
Experimental? Das wäre einfach zu offen für Interpretationen.
Dark Ambient? Garantiert eher weniger, auch wenn es dunkel und harsch ist. Hat aber weniger etwas damit zu tun.
Surrealistische Musik dürfte es wohl am besten treffen. Wobei es auch ziemlich plakativ formuliert ist. Dazu kommt, dass ich mir diesen Begriff gerade aus den Fingern gesogen habe. André Breton wäre jedenfalls nicht sehr erfreut darüber.
Schnell wird klar, dass nichts zu den spontanen Assoziationen passt, die man im Laufe der gegebenen Zeit entwickelt hat. Und so endet dann auch das Album: Mit dem Titel "Void" (zu deutsch: Leere, Nichts).

Abschließend ist jeder selbst gefordert, sich davon ein Bild zu machen. Jeder ist auf sich allein gestellt. Keiner kann helfen. Es gibt hierbei keinen Retter in der Not.

In diesem Sinne: Frohes Hören!

Runhild Gammelsæter spricht einen mit Amplicon auf ganz individuelle Art und Weise an. Sei es nun durch Angst, schiere Verzweiflung oder durch blankes Entsetzen. Nicht identifizierbar zu sein war noch nie so verlockend.

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   Titel Amplicon
   Genre
   Release 2010-08-31
   Systeme
   Publisher Utech
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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