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Orph - Poems For Kui Review


2012-05-26  Matthias Kraut  10 Likes  0 Kommentare 
Orph - der Bandname klingt recht interessant. Poems For Kui heißt das (Debüt-)Album. Gedichte? Halten sich die Thüringer Jungs aus Weimar für irgendwelche Poeten? Ja wollen die sich mit Schiller und Goethe vergleichen? Vielleicht nicht ganz, aber sie geben sich größte Mühe. Denn wie der Titel schon suggeriert, ist die Musik, die auf dem Album geboten wird, keine leichte Kost, sondern verlangt durchaus was vom Hörer ab.

Bereits die Einleitung, die sich in der recht kurzen Beschreibung der Band auf der Seite ihrer Plattenfirma DevilDuck Records befindet und sich als Gedicht entpuppt, lässt die Stimmung des Albums erahnen: poetisch, mystisch, atmospährisch. Liest man sich den gesamten Text durch, merkt man schnell, dass die Songs der Mitglieder Marco De Haunt, Cornelius vom Milchwald, Hendrik Winter und Wieland Jubelt mehr darstellt als "einfache" Musik: Es ist Kunst, Konzept, Idee und Poesie.

Der Opener "Lovesong For Kui" bestätigt die Vorahnung vollauf: Sehr minimalistisch ist der Song gehalten. Ein Piano mimt den Takt und die Stimme von Marco de Haunts drängelt sich in den Vordergrund. Spielereien mit Synthesizern und Drumcomputer halten sich zunächst im Hintergrund, trauen sich jedoch mit der Zeit immer mehr aus ihrem Versteck heraus bis am Schluss sogar eine Trompete den letzten Abschnitt des Lieds begleitet. Sehr ungewöhnlich, aber ein unglaublich guter Opener. Im anschließenden"Eight Hundred Miles" geht es jedoch mit einem treibendem Schlagzeug und E-Gitarre etwas rockiger zu. Doch der Atmosphäre des Songs tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil: Das Gesangsduett bildet eine wunderbare düstere Stimmung, die am Schluss in einem starken Streicheraufgebot gipfelt. Das ist herrlich vertrackte Musik.

Immer wieder werden die einzelnen Song durch kleinere oder größere Instrumentals zusammen gehalten. Die schon beim ersten Song aufkommende Vermutung bestätigt sich bei diesen Stücken vollauf: Verbindungen zu Radiohead und Konsorten - ja sogar ein Hauch Pink Floyd zieht vorbei, wenn man den Chor am Ende des Songs "Laura" beachtet - lassen sich bei den meist sehr elektronisch gehaltenen Instrumentals wie "Der Sprechende Berg" oder "Rote See dein Herz" einfach nicht von der Hand weisen. Das ist jedoch nicht schlimm - ganz im Gegenteil: Die instrumentalen Zwischenstücke, die fast schon eine hypnotische Wirkung entfalten, fügen sich perfekt in das Gesamtkonzept des Albums.

Entgegen den deutschen Titeln mancher Songs, bieten Orph ausschließlich englischen Gesang, der sich aber zu jeder Zeit kein bisschen "falsch" anhört. Ebenso überraschend: Das Tempo der Songs befindet sich oftmals auf einem hohen Level, was man eigentlich so im ersten Moment nicht erwarten würde. Denn immerhin handelt es sich hier um träumerische Poesie verpackt in einem düsteren, musikalischen Gewand mit atmospärischen Tiefgang. Orph laden den Hörer nicht nur zum Hören sondern eben auch zu einer Reise durch eine fantastische Welt ein: Die Musik verwandelt sich in einen Traum - der Traum löst sich widerrum in Musik auf.

Man muss natürlich zugeben, dass nicht alle Songs zünden und einige andere Lieder mehrere Durchläufe brauchen. Jedoch ist solche Musik auch nicht unbedingt als radiotauglicher Pop für die schlichte Masse gedacht. Nichtsdestotrotz wünscht man sich einen gewissen Höhepunkt, an dem festhalten kann: So wäre der Gesang sicherlich noch an einigen Stellen ausbaufähig gewesen, um die gesponnene Spannung in einigen Stücken zu halten oder sogar noch zu steigern. Aber sei es drum - die Songs sind im Großen und Ganzen sehr gut durchdacht.

Somit haben Orph ein außergewöhnlichen, experimentelles Album geschaffen, das durchaus zu der Geheimtipps-Liste 2012 zählen darf und in Sachen "Alben abseits des Mainstreams" auf jeden Fall als Knospe der (musikalischen) Hoffnung aufkeimt.

 

Trackliste:
1. Lovesong For Kui
2. Von Sonnentau und Morgenröte
3. Eight Hundred Miles
4. The King's Garden
5. Der Sprechende Berg
6. Morgue - Die Unbekannte aus der Seine
7. Mistake
8. A True Story Of Collapsing
9. Rote See Dein Herz
10. Birth & Requiem
11. White Mountain
12. Laura
13. The Cassiopeian Seasong
14. Sprung In die Wolken
15. Kasra Mun

ORPH stehen für experimentelle, träumerische Musik. Ein sehr gutes Debüt liefern sie mit "Poems For Kui" ab, auch wenn manchmal ein richtiger Höhepunkt fehlt. Dennoch bilden die Songs zusammen ein unglaublich atmosphärisches Kunstwerk. Vielleicht wird das Album nicht jedermann Sache sein - aber: Auf jeden Fall reinhören! Denn man kann sich sicher sein, dass man von den Jungs noch einiges hören wird.

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   Titel Poems for Kui
   Genre
   Release 2012-05-18
   Systeme
   Publisher Devilduck (Indigo)
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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