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No Saints for Sinners


2013-01-09  Dean  7 Likes  0 Kommentare 

Übersicht

"No Saints for Sinners" (DVD 2011) - "keine Heiligen für Sünder" (freie Übersetzung) oder aber auch "keine gute Regie für ein schlechtes Buch" (freie Interpretation) verspricht mit einem dunklen, bedrückenden Trailer voller subtil wirkender, jedoch platter Dialoge, Schießereien und einem immer und immer wieder episch 'drein blickenden Hauptdarsteller ein Action geladener Gangster- / Drogen- / Aussteiger- / Gewalt-/ Jungsfilm zu werden. Auf dem Cover posiert Rick Crawford als Protagonist Mickey (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Markenrechtsgeschützen Comicmaus) ernst blickend mit einer Waffe in der Hand vor einem brennenden Auto. Im Hintergrund die Skyline von Los Angeles. Hier eine Randbemerkung aus der Kategorie "falsche Werbeversprechen": In dem Film kommt der versprochene brennende Wagen sowie der schicke Designeranzug, den Mickey hier proper trägt, nicht einmal vor. Die gesamten 84 Minuten Spielzeit begnügt sich der ehemalige IRA (Irish Republican Army) Soldat mit einfacher Jeans und Shirts und fährt das Auto seines Kumpels.

Anfang 1

"No Saints for Sinners" beginnt mit einer Radiomeldung, in der über Gewalt, Drogen und Leichen berichtet wird. Während die freundliche Moderatorin ihren Text aufsagt und das Fade-in läuft, schiebt sich ein alter Wagen durch enge Gassen einer bisher unbekannten Stadt. Im Auto sitzen zwei Männer, die sich rüpelhaft - ja geradezu vulgär unterhalten. Der Eine ist ein dicker, schmieriger Mitte 40er, der sich mehrmals mit der schmutzigen Hand über das raue Gesicht fährt. Der Beifahrer ist ein trainierter, ruhiger Mann mit blauen Augen, der seinen Dreitagebart gepflegt und seine Worte gewählt belässt. Mercer - der dickere von den Beiden, freut sich über "so viel Geld" für "so einen kleinen Job" und berichtet, dass er schon viel schwerer arbeiten und viel mehr machen musste für viel weniger Geld. Mickey hält sich bedeckt - er wirkt nachdenklich. Hat er Zweifel? Hat er Angst? Hat er den Herd angelassen? Man weiß es nicht... Langer Rede kurzer Sinn: Die Beiden sind Geldeintreiber der irischen Drogenmafia auf dem Weg zu einem stummen, jungen Mann und seiner drogensüchtigen Freundin, um gestohlenes Kokain zurück zu holen. Während Mickey nur an der Ware interessiert ist, findet Mercer gefallen daran, die Drogensüchtige zu quälen, zu treten und schließlich zu erschießen. Als er dann auch noch den Jungen töten will, wirft Mickey sich davor und hindert ihn daran. Mit gezogenen Waffen stehen die zwei voreinander und keiner ist bereit seine Position zu verlassen. Ein kurzer Schnitt, ein Schuss und die nächste Szene bringt Mickey in eine Kneipe, wo ein wuchtiger älterer Mann hinter'm Tresen Gläser poliert. Mickey hat seinen Partner umgebracht um einen kleinen, stummen Dealer das Leben zu retten. Um der Rache des Drogenrings zu entgehen muss Mickey fliehen. Hierfür gibt ihm sein alter Freund einen Umschlag mit Geld; nicht ahnend, dass dies ihr beider Verderben sein würde.

Anfang 2

Mickey lebt nun in Los Angeles als Barkeeper in einer kleinen Bar. Er schäkert mit der Kellnerin Nina und bemüht sich ein anständiger Bürger zu sein. Lange Zeit gelingt es ihm auch, bis Ninas Bruder Jimmy - selbst ein Dealer und Konsument von Kokain - zu Hause von zwei Handlangern des lokalen Drogenbosses heimgesucht wird. In bester "Jason Bourne" (Kino 2002) Manier regelt Mickey den Konflikt und findet sich selbst nun wieder inmitten von dem, dem er in Irland entfliehen wollte. Um seine Haut und die seines zukünftigen Schwagers zu retten, geht er zum Schneegroßhändler und gibt ihm seine Ware zurück. Dieser ist jedoch nur noch am Warenwert, nicht aber am Zeug selbst interessiert. Was tun? Dem ehemaligen IRA-Soldat (diese Information stammt aus diversen Internetquellen, wurde jedoch im Film selbst nicht einmal erwähnt. Wäre es erwähnt worden, hätte es einiges erklärt, so aber bleiben Mickeys Fähigkeiten gänzlich unplausibel) fällt schon was ein.

Wie ein Kolibri - er flattert hier, er flattert dort

Nun könnte man an dieser Stelle einfach grob umreißen was fortan passiert. Man könnte erwähnen, dass der Drogenboss ein Florafetischist und Jimmy ein Idiot ist, oder dass die lokale Vertretung der chinesischen Triade gerne Menschenfleisch in ihren Restaurants serviert. Man könnte auch hervorheben, wie gut Rick Crawford mit blutgetränkter Kleidung und nassen Haaren aussieht, oder wie sexy seine offensichtlich anorexische Freundin Nina in Jogginghosen ist. Man könnte und sollte vielleicht, jedoch wäre es wie im Film selbst nur eine Anhäufung zusammenhanglosen Information, die weder Struktur, noch eine hintergründige Botschaft haben. Mal ist Mickey mit Jimmy in der Bar, mal findet der eine den anderen bei einer Prostituierten, mal treffen sie einen 150cm großen chinesischen Kleindealer, mal werden sie entkleidet, gefesselt und für den Kochtopf eines stark adipösen Metzgers vorbereitet in einem Kühlhaus eingesperrt und mal essen sie mit einem Undercover Drogenpolizisten einen Tacco und wollen ihm Koks verkaufen. Der Film bietet leider in Punkto Spannungsbogen und Aufbau nur eine lose Anhäufung von Events, die alle nicht wirklich etwas miteinander zu tun haben.

3 Mal "Der Pate" (Kino 1972)

Jeder kennt die weltberühmte "Spaghetti-Szene" aus "Der Pate", selbst wenn man den Film noch nie gesehen hat. Dies liegt hauptsächlich daran, dass so gut wie jeder Drogen-, Mafia- oder Gangsterfilm (und die Simpsons) die Szene nicht nur imitiert, sondern ihr gehuldigt haben. Die Grundidee der Szene ist, dass ein Störenfried, ein Verräter, ein Bittsteller oder eine zukünftige Leiche dem Paten vorgeführt wird, während dieser einen Teller Spaghetti isst, bzw. seiner Lieblingstätigkeit nachgeht. Der Aufbau ist stets gleich: Das Opfer wird durch Gewalt einen Flur oder Gang geführt, die Tür öffnet sich und man erblickt den völlig entspannten Boss einer international agierenden Verbrecherorganisation, der einen flotten Spruch, eine Geste oder sogar eine zarte Berührung für sein Opfer übrig hat. Er bleibt ruhig und höflich und redet wie mit einem guten Freund zu ihm. Er hat sogar die eine oder andere Lebensweisheit parat, wohl wissend, dass sein gegenüber den Morgen in der Regel nicht erleben wird.

Was hat das Ganze mit "No Saints for Sinners"(DVD 2011) zu tun? Nun ja: Regisseur Nathan Frankowski hat dieses Element auch eingebaut. 3 Mal. Und zwar schlecht. Zuerst der freundliche Floralfetischist mit einem Hang zur blumigen Ausdrucksweise, der gerade ein zarten Blümchen beschneidet, als Mickey und Jimmy zu ihm gebracht werden. Er erzählt davon, wie viel doch Menschen und Pflanzen gemeinsam haben und wie wichtig es ist, das Übel stets an der Wurzel zu packen. Nach vielen Metaphern gibt er ihnen bis Sonnenaufgang Zeit das Geld zu beschaffen, wobei er Mickey rät den kranken Trieb an seinem Stamm sofort zu entfernen, da sich seine Schwäche sonst auf gesunde Teile der Pflanze auswirkt. Weiterhin lädt der Boss der chinesischen Triade die zwei sogar zum Essen ein. Am Tisch sitzend genießt er den Tanz einer asiatischen Frau und erst als diese ihr Stück beendet hatte, wendet er sich an seine zwei Bittsteller. Freundlich lachend erklärt er ihnen, dass er bereit ist, alles zu kaufen für den genannten Preis. Er zeigt ihnen sogar das Geld, bis Jimmy ihnen verrät wo die Drogen sind, woraufhin beide zu ChopSuey verarbeitet werden sollen (Regel Nummer 4 bei Drogendeals: verrate nie den Standort der Ware). Und zu guter Letzt beim "Showdown" zwischen Mickey und... na ja... seht es euch selbst an. Auf jeden Fall ist der Endgegner des Films gerade beim Grillen und Bier trinken, als Mickey zur finalen Schlacht auftaucht. Sie reden, scherzen und beschießen sich anschließend. Es klingt "halb so wild" wenn man sich beim Repertoire anderer Filme bedient, vor allem da das Original schon oft kopiert wurde. Jedoch sollte man dies stets mit Respekt vor dem Original (man setzt anstelle des Italoamerikaner keinen chinesischen Mafiaboss ein) und vor allem mit Stil machen. Frankowski hat weder das eine noch das andere gemacht. Es wirkt platt, unplausibel und gestellt. Die Kämpfe sind zu glatt und wirken zwar realistisch, jedoch nicht spontan und keiner der drei Pseudo-Paten verbreitet Angst und Schrecken durch seinen Charme.

Technische Aspekte

Vorne weg: Auch in einem Low Budget Film (ca. 1 Million Dollar) kann und muss man wenigstens drauf achten, dass keine Schatten oder gar Gegenstände des Produktionsteams im Bild sind. Im Jahr 2011 sollte es doch möglich sein einem Tontechniker zu sagen, dass er das Mikrofon höher halten soll als die Lampe leuchtet. Oder man sagt wenigstens dem Cutter, dass er die entsprechenden Szenen bearbeiten soll. Nun weiter im Text... Die technische Seite des Filmes ist für einen Low Budget Film in Ordnung (kleine Patzer ausgenommen). Die Kameraposition ist plausibel, nah am Geschehen dran und wirkt durch gelegentliche Handaufnahmen realistisch. Die Bilder sind alle in sich stimmig; die Farben eher dunkel, aber atmosphärisch und die Schnitte genretypisch schnell und abrupt. Die Szenen sind gut aufgebaut; Szenenbilder wirken natürlich und stimmig. Wäre es nur die Optik, wäre der Film an sich recht passabel für einen Actionfilm aus kleinem Geldbeutel. Leider ist es kein Stummfilm, obwohl man es sich oftmals wünschen würde. Die deutsche Synchronisation ist nicht gut geworden: Die Stimmen sind flau, passen nicht zum restlichen Körper des Charakters und oftmals passen die Stimmfarbe und akustischen Emotionen nicht zur Handlung und dem Gesicht des Schauspielers. Da passiert es schon mal, dass die Stimme aufbrausend, ja geradezu wutentbrannt klingt - der Schauspieler aber völlig ruhig, wenn auch verärgert erscheint. Der Soundtrack möchte gerne eine kleine Revolution aus HipHop mit traditionell irischen Elementen sein, der modern und innovativ den Style und Flair der aktuellen HipHop Kultur wiedergibt... ist es aber nicht und tut er nicht. Die Musik wirkt abgenudelt wie aus einer Jukebox. Die Bässe und Höhen sind nicht gut eingebaut (was an der Nachvertonung der deutschen Fassung liegen kann) und viele Passagen sind mit Stücken aus "Die ultimative Chartshow: die 100 nichtssagendsten Hintergrundstücke" bestückt. Optik ausreichend, Akustik mangelhaft, Technik mangelhaft - mit dem Schnitt wäre der Film stark versetzungsgefährdet in der Schule.

Fazit

"No Saints for Sinners" (DVD 2011) möchte gerne so cool wie "Jason Bourne" (Kino 2002), oder zumindest so stylisch wie "The Pusher" (DVD 2012) sein, schafft es aber bei weitem nicht. Es fehlt zum Einen an elementaren handwerklichen Sachen wie eine stimmige Storyline, ein Spannungsbogen, eine gute Hintergrundmusik und stimmige Atmosphäre sowie brauchbaren Tontechnikassistenten die das Mikrofon höher hängen. Und zum Anderen an Struktur und einer geraden Stillinie, die normalerweise von der Qualität und dem Stil des Regisseurs zeugt. Zudem überzeugt das Schauspiel der Hauptdarsteller in keinster Weise. Wenn es Emotionen gibt, die 'eh schon spärlich gesät sind im Drehbuch, dann kommen diese nicht beim Zuschauer an. Egal ob Rick Crawford gerade ein Bier als Barkeeper serviert, eine Frau mit einem Revolver verprügelt oder im finalen Showdown sogar noch seine heißgeliebte Halskette rettet: sein Gesichtsausdruck bleibt immer der gleiche. Zugegeben falls es so "gewollt" ist, dass die Figur Mickey nun mal so ist, wie sie ist , dann Hut ab. Zu guter Letzt taugt der Streifen leider nichteinmal als Jungsfilm etwas, da es, wenn es nackte Haut zu sehen gibt, die von den männlichen Hauptdarstellern ist.


"Wie 'The Pusher' in unsexy"

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   Titel No Saints for Sinners
   Genre
   Release 2012-09-28
   Systeme
   Hersteller MIG Filmgroup
   Publisher MIG Filmgroup
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 18 Jahren Jahren
   Homepage
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