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No More Heroes 2: Desperate Struggle Review


2013-10-01  Spielemagazin  7 Likes  0 Kommentare 
Kaum ein Mann spaltet die Gamercommunity heutzutage so sehr wie Suda51. Für einige ist er einer der größten kreativen Köpfe unserer Zeit, beinahe ein Gott der Videospielentwickler. Für andere ist er der Sargnagel des gutbürgerlichen Mannes, eine Gefahr für die Gesellschaft und mitverantwortlich für den Verfall der selbigen. Vermutlich ist er beides, denn wie heißt es so schön: Die Grenze zwischen Genialität und Wahnsinn ist fließend. Genau dieser Mann steckt hinter dem Sequel zu "No More Heroes" und bringt mit "No More Heroes 2: Desperate Struggle" den durch und durch unsympathischen Protagonisten Travis Touchdown zurück auf die heimischen Bildschirme.

Aus alt wird neu - aber auch besser?
Im Vergleich zum Vorgänger fallen viele Gemeinsamkeiten auf: So ist wieder die zwielichtige Agentin Sylvia Christel mit dabei, die wieder einmal die Kämpfe für Travis organisiert und im Fernsehen promotet. Auch die Waffen haben sich nicht geändert: Noch immer werden Gegner mit star-wars-ähnlichen Lichtschwertern, Beam-Katanas genannt, zerstückelt und niedergemetzelt. Auch die Lebensaufgabe, die sich Travis gesetzt hat, ist immer noch die selbe, wie im ersten Teil. Er möchte die Spitze der Assassinen-Rangliste erreichen und beginnt als Nummer 51 seinen Weg nach oben, indem er in Bosskämpfen seine direkten Rivalen erledigt.

Eine große Veränderung im Vergleich zum ersten Teil ist das Fehlen einer GTA-ähnlichen Welt, in der man frei herumlaufen konnte und musste, um an neue Aufgaben und Kämpfe zu kommen. War diese offene Welt noch ein großer Kritikpunkt, hat man sich beim zweiten Teil für eine andere, bessere Idee entschieden. Jetzt findet alles auf einer Karte der Stadt Santa Destroy statt, auf der man sich einfach und intuitiv durch die unterschiedlichen Aufgaben klicken kann. Zwar sind die Bosskämpfe ganz klar der Hauptaspekt des Spieles, doch gibt es noch einige Nebenaufgaben zu lösen, die Geld bringen. Ach ja, größtenteils handelt es sich dabei übrigens um 8-Bit-Spiele mit genau der trägen Steuerung und dem teilweise extrem unfairen Schwierigkeitsgrad, den man von früher kennt und liebt.

Von Genialität, Stupidität und Wahnsinn
Genau diese drei Eigenschaften werden in dem Spiel vereint. So sind die Bosskämpfe schlichtweg genial geraten: Witzige Wortgefechte vor dem eigentlichen Kampf stacheln die Atmosphäre auf, wunderbare Moves und intelligente Strategien machen aus den sehr unterschiedlichen Endgegnern der Spielstufen eine nicht zu verachtende Kampforgie mit teilweise sehr skurrilen Aktionen. So erinnert sich Travis zum Beispiel in einem Bosskampf daran, dass er nur eine Videospielfigur ist und das die Story eh keinen Sinn ergibt und kann somit auf einmal einen Mech-Anzug herbeizaubern, um gegen den ebenfalls in einem Mech sitzenden Gegner anzutreten.

Zu entscheiden, zu welchem der drei oben genannten Aspekten die Tatsache gehört, dass in den Gesprächen mit Frauen grundsätzlich nur Brüste und Po gezeigt werden und vom Gesicht maximal die Lippen, bleibt wohl jedem selbst überlassen. Ebenfalls etwas vulgär wirkt die Art und Weise, wie man sein eigenes Lichtschwert aufladen muss. Denn wenn der Akku kurz davor ist, den Geist aufzugeben, muss man ihn durch kräftiges Rubbeln des Beam-Katanas wieder mit Energie versorgen. Das sieht dann so aus, als ob Travis masturbieren würde. Hier kann man sich streiten, ob das alles dem Spiel zuträglich ist und einfach den Charme und Witz von Sudo51 ausmacht, oder ob es sich um dekadente und gewollte Volksverdummung handelt.

Zwischen Stupidität und Wahnsinn steht auch das extreme Blutvergießen, denn einem geköpften Gegner fließen gleich mehrerer Liter aus dem Körper. Nach einem der vielen Wrestling-Finishing-Moves, die man an betäubten Gegnern anwenden kann, bleibt bloß eine große Blutwolke übrig. Wohl nur deshalb ist das Spiel auch hier in Deutschland in einer ungeschnittenen Fassung erschienen: Es wirkt einfach alles so absurd, das kann man einfach nicht ernst nehmen. Genauso wie die Tatsache, dass sich Travis in bestimmten Situationen in einen Tiger verwandeln kann, der sich dann noch effektiver und blutrünstiger durch die Reihen der verdutzten Feinde kämpft. Oder das sich die Spielfiguren urplötzlich zum Spieler hindrehen und anfangen mit ihm zu reden und ihm erklären, dass ihnen durchaus bewusst ist, dass sie bloß Videospielfiguren sind.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Ein paar Fehler hat das Spiel jedoch. So wirkt die Steuerung etwas unausgereift, denn während man mit während den Angriffen und Attacken des Protagonisten mit der Steuerung alles problemlos lenken kann, gestaltet sich das Ausweichen von Schwerthieben sehr schwierig bis nahezu unmöglich. Denn dazu muss man das Steuerkreuz benutzen, was sich aufgrund der Nutzung von Nunchaku und Wii Remote sehr schwierig gestaltet - es fehlt einfach die dritte Hand. Ein weiteres Problem beim Ausweichen von Attacken ist die Kameraführung, denn oftmals kämpft man gegen viele Gegner über einen langen Zeitraum. Diese schleichen sich oft von der Seite oder von hinten an, um einen überraschenden Schlag auszuführen. Das passiert jedoch im "toten Winkel" des Spielers, denn was neben, beziehungsweise hinter, dem Protagonisten passiert, wird von der Kamera nicht eingefangen. Das sorgt sehr schnell für Frustration und Missmut.

Auch die unnötig langen Kämpfe sorgen nicht gerade für Hochstimmung, denn die Durchschnittsgegner sind weder besonders intelligent, noch sind sie abwechslungsreich oder unterscheiden sich groß voneinander. Und wenn man 20 Minuten lang gegen eine solche Horde an 08-15-Feinden verschwendet hat, dann fragt man sich, wozu das eigentlich gerade von Nöten war. Ebenso schnell gehen die eintönigen und immer gleichen Sprüche auf die Nerven, die besonders bei so großen Gruppen an Gegnern immer und immer wieder in die Ohren dringen.

Ebenfalls schnell langweilig werden die Areale, in denen ein Großteil des Spieles stattfinden. Denn abgesehen davon, dass sie durch Schlichtheit glänzen, sehen sie auch immer gleich aus. So würde mit dem Zusatzhinweis, in welchem Gebäude man sich gerade befindet, niemand auf die Idee kommen, dass man zwischendurch einmal den Raum gewechselt hat. Zwar schmälert das nicht den Spielspaß, doch hätte man durch Hinzuziehen eines Innenraumarchitekten durchaus mehr Atmosphäre erschaffen können.

Nostalgie und Neues
Natürlich ist die Grafik immer ein Thema, gerade bei der Wii, die bekanntermaßen nicht mit ihren direkten Konkurrenten mithalten kann. Doch eins muss man Suda51 lassen: Er hat eine ordentliche Portion Leistung herausgeholt. Der Comic-Look ist sehr ansprechend und gerade der Retro Style in den 8-Bit-Spielen sorgt für Abwechslung und Nostalgie. Die Zwischensequenzen sehen ebenfalls umwerfend aus und erinnern stark an den typischen Animestil. Doch gibt es manchmal einige Grafikschwächen, die sich durch ein Flimmern des Bildschirmrandes ausdrücken. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern trübt die Sicht auf das Geschehen, was wirklich störend ist.

Neben den bereits erwähnten, nach einiger Zeit nervenden Sprüchen der Kampfteilnehmer gibt es natürlich auch noch weitere Soundeffekte, die es zu erwähnen gilt. So hören sich die Klänge während den Fights sehr authentisch an und tragen zum Spielspaß bei. Und neben neuen Musikstücken, die oftmals die elektrisierte Atmosphäre untermalen, gibt es einige Kompositionen, die aus dem ersten Teil mit übernommen wurden. So fühlen sich Fans des ersten Teils gleich heimisch.

Is this the look of love?
"Zwei Seelen wohnen in meiner Brust" würde wohl der gute alte Faust sagen, wenn er denn in unserer Zeit gelebt und mit "No More Hereoes 2: Desperate Struggle" konfrontiert worden wäre. Denn viele Schwächen des Spieles machen auch die Stärken aus. Übermäßige Blutströme, überdrehte Dialoge mit Bezug zur heutigen Popkultur, absurde Situationen und unlogische Geschehnisse. Auch wenn das Spiel an einigen Stellen langweilig und zäh wird, so besitzt es einen Aspekt überhaupt nicht, nämlich Vorhersehbarkeit. Zunächst stellt man sich auf einen ganz normalen Dialog ein, wie man ihn aus jedem Videospiel kennt, wird dann jedoch von den Figuren direkt angesprochen. Man verlässt sich darauf, ständig mit dem Protagonisten umherzuziehen und wechselt kurzzeitig die zu steuernde Person. Man erwartet ein Gemetzel und literweise Blut und auf einmal verschont Travis sein Gegenüber.

Die lasziven, übertriebenen, eindeutigen Zweideutigkeiten im Spiel sind auf einer banalen Ebene so hohl und überzogen, dass man einfach grinsen muss. Man kann nicht anders, als das Spiel unwillkürlich zu lieben und es unwillkürlich zu hassen. Es wurden viele Fehler aus dem ersten Teil ausgemerzt, sodass jetzt einiges besser, doch noch nicht alles gut ist. Die rabiate Erzählweise, den unkonventionellen und unsympathischen Travis und die 8-Bit-Minispiele sind nicht jedermanns Sache, doch wer den ersten Teil mochte, wird den zweiten Teil vergöttern. Und sollte jemals ein dritter Teil herauskommen, der genauso ein Update vom zweiten Teil darstellt, wie dieser vom Ersten, dann wird das wohl eines der besten Spiele aller Zeiten werden. Am Ende bleibt zu diesem Titel nur zu sagen: "Kaufen, spielen und genießen!"

Punktewertung

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   Titel No More Heroes 2: Desperate Struggle
   Genre Actionspiele
   Release 2010-05-28
   Systeme Nintendo Wii
   Publisher Koch Media GmbH
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 18 Jahren Jahren
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