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Luxuslärm - Carousel


2011-09-22  DasStampa  1 Likes  0 Kommentare 
Wer, aus welchen Gründen auch immer, mal unter iserlohn.de guckt und dort Kultur anklickt, bekommt unter anderem eine Hülle des kulturellen Geschehens der heimlichen Perle Nordrhein-Westfalens. Neben diversen Museen tummelt sich das eine oder andere kulturelle Highlight dieser Stadt. Doch muss ich mit Verdruss feststellen, dass ein Stern an diesem Firmament fehlt, eine Band, die unverwechselbar eingängig ist und sich dem Pop-Rock verschrieben hat - die Rede ist natürlich von Luxuslärm. Das Quintett aus dem Sauerland hat es zu einer neuen Platte gebracht, Carousel, so der Titel. Ob sich die eingeschworene Fangemeinde denn nun an den herausragenden Klängen erfreuen kann oder die Scheibe sauer(ländisch) aufstoßen wird, lest ihr hier.

Mein Herz schlägt für das Sauerland
So besang es bereits die Neue Deutsche Welle-Band Zoff Anfang der 1980er Jahre. Und mein Herz schlägt für dieses Album. Gleich zu Beginn, quasi das "Intro", ein Wecker tickt, eine Geige spielt, und Powerfrontfrau Jini summt ihr Bestes dazu. "Liebt sie Dich wie ich" ist für alle, die von ihrem Partner verlassen bzw. betrogen wurden. Ein schwergewichtiges Lied, das brachial unter die Haut geht. Halbmelancholischer Refrain trifft auf Wahnsinns-Stimme.

"Atemlos" ist eine Hommage an eine neue Liebe, ein unvergleichlich ehrlicher Hilferuf, gleichzeitig aber auch ein Danke an den Lebenspartner, der erhört wird und die Hörerschaft schließlich mit einem Happy End ins nächste Lied schickt. Herrlich! Rockig und voller Hoffnung. "Mehr Gewicht" ist ein unterhaltsames Plädoyer mit dem aktuellen Schönheitswahn und rechnet ein Stück weit mit den Talentshows a la "Germanys Next Topmodel" oder "Deutschland sucht den Superstar" ab. Getreu dem Motto "Mehr ist manchmal eben mehr", gegen Gerippe in der Öffentlichkeit. Eine Petition, die ich blind unterschreiben würde. Unterstützt wird die Band von Culcha Candela. Eine sehr gelungene Kombination.

"An Dich" ist eine Liebeserklärung der ganz besonderen Art und Weise. Sehr eloquent vermag die Band ihre Emotionen auf einen ganz besonderen Moment richten, den Moment, in dem ein Mensch einem anderen mit größtem Dank die Liebe gesteht. Mit eine Piano-Intro geht es sogleich, wenn auch bedeutend ruhiger, mit "Ich beweg' mich hier nicht weg" weiter. Eine Party, ein Paar, ein Lied voll Geborgenheit, Wärme und Zuversicht. Es gibt sie anscheinend doch noch, die Idealvorstellung einer zwischenmenschlichen Beziehung. Ruhig geht es weiter. Ein Kind singt den Prolog vom Titel des Albums. Dann übernimmt Jini wieder das Mikro und die Party kann beginnen: "Carousel" spricht von Sehnsucht, von Freiheit und Bewegung im Leben. Von Genuss und Liebe, schlicht vom Leben und den ganz eigenen, individuellen Vorstellungen.

"Irgendwo da draußen" weiß um die Tatsache, dass zu jedem Topf ein Deckel passt, Und selbst Wok und Pfanne müssen nicht leer ausgehen. Irgendwo da draußen wartet der Mensch, der für einen bestimmt ist. Irgendwo. "Der beste Tag meines Lebens" war ganz ehrlich gesagt der Tag meiner Geburt. Luxuslärm sehen das etwas anders. Der beste Tag des Lebens der Bandmitglieder könnte eben jeder Tag sein, denn jeden Tag beginnt etwas Neues. Leicht verdauliche, wenngleich auch interessante philosophische Kost aus dem Sauerland. "Über uns der Himmel" steckt wieder voller Liebe, voller positiver Emotion, voller Hoffnung. Ein Song, den ich in einem Boot auf einem See im Morgennebel hören würde, in meinen Armen meine Angebetete, den Blick in den Himmel gerichtet. Schönes Lied.

Jetzt geht's so richtig los! Mein persönlicher Favorit in Sachen Rock-Songs auf diesem Album ist "Du bist schön", voller Kraft, sowohl musikalisch als auch verbal werden einem die Metaphern nur so um die Ohren gepfeffert. Die positive Energie der Band und das Statement des individuellen Charakters machen dieses Leid zu einer Hymne eines jeden einzelnen Menschen. Lassen wir uns nicht unterkriegen!

"Weil man es Liebe nennt" ist eine klare Aussage, zu seinen Gefühlen zu stehen, ein Wert, der in diesen unseren Tagen leider immer noch nicht selbstverständlich ist. Ganz ruhig appelliert die Band an die Hörerschaft, dieses wichtige menschliche Gut zu nutzen. Ein Plädoyer der absoluten Ehrlichkeit. Als Jugendlicher saß ich häufig am Lagerfeuer und habe die alten Klassiker aus vollster Inbrunst mitgesungen. "Lagerfeuer-Song" wird sich zwar nicht in die Reige von "Heute hier, morgen dort" oder der "Internationale" einfügen, bietet aber nichts desto trotz relativ unterhaltsame 3:31 Minuten. Wie ich finde, allerdings der schwächste Titel auf dem Album. Das Schlusslicht bildet "Aus dem Sinn" ist nicht etwa die Bitte der Band, das eben Gehörte sogleich zu vergessen, vielmehr ist es eine Erfahrung, die wohl viele Menschen bereits gemacht haben dürften: Verbotene Leidenschaft. Eingängig und sensibel wird dieses Thema von der Seele gesungen.

Verdammte Axt, ist das ein geniales Album. Für so ziemlich jede Gefühlsregung des Alltags ist das passende Lied dabei. Luxuslärm könnten auch aus Solingen kommen, so messerscharf sind die Texte und so stabil ist der Hörgenuss. Ich kann diese Scheibe an dieser Stelle absolut vorbehaltlos empfehlen!

Komplett gelungenes, eloquentes Meisterwerk deutscher Musikkunst. Eine runde Sache und somit Pflichtkauf. Wir dürfen jetzt schon von einem "Neuen Klassiker" sprechen.

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   Titel Carousel
   Genre
   Release 2011-09-16
   Systeme
   Hersteller Die Opposition (Intergroove)
   Publisher Die Opposition (Intergroove)
   Altersfreigabe Freigegeben ab Jahren
   Homepage
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