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Joyless – Unlimited Hate LP Review

Roh, kompromisslos, trotzig – aber als Neuauflage völlig verzichtbar.


15.12.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Joyless – Unlimited Hate LP Review Bild Joyless – Unlimited Hate LP Review Screenshot Joyless – Unlimited Hate LP Review Foto

Es gibt Alben, die nach Jahrzehnten eine Wiederveröffentlichung verdienen, weil sie unterschätzt, wegweisend oder schlicht zeitlos sind. Und dann gibt es Unlimited Hate von Joyless – ein Werk, das zwar kompromisslos, roh und unverblümt daherkommt, dessen Neuauflage man aber nicht wirklich gebraucht hätte.

Das Album beginnt mit einem fast schon dämonischen Gelächter, einem höhnischen Echo aus einer Zeit, in der Metal noch weniger über Perfektion und mehr über Haltung definiert wurde. Dieser Einstieg wirkt wie eine ausgestreckte Zunge, bevor der Opener ohne Vorwarnung in pure, ungefilterte Energie übergeht. Ob das jetzt Black Metal, Punk, Avantgarde oder einfach nur wütender Lärm ist, lässt sich nicht klar verorten – und vielleicht wäre genau das der Reiz, wenn die Neuauflage etwas Neues zu sagen hätte.

Ein Album zwischen Spott, Nihilismus und der völligen Verweigerung von Schubladen
Joyless waren schon immer schwer zu greifen. Zu düster für Rock, zu melodisch für klassischen Black Metal, zu ironisch für die Orthodoxen im Genre. Auf Unlimited Hate wirkt das Songwriting absichtlich sperrig, entfremdet, fast schon zynisch.

Die Stücke pulsen, stolpern, schreien und verharren in einer eigenartigen Spannung zwischen Rohheit und bewusstem Stilbruch. Joyless wollten nie gefallen – und tun es heute erst recht nicht. Ihre Musik wirkt wie ein Kommentar zur Szene selbst: eine Mischung aus Parodie, Verachtung und kalter Beobachtung.

Doch während diese Haltung damals eine gewisse Frische hatte, bleibt heute der Eindruck zurück, dass Unlimited Hate als Re-Release eher den Mythos bedient als die Musik selbst. Die Songs sind nicht schlecht, sie sind einfach aus der Zeit gefallen. Sie verbinden Chaos mit zarter Melancholie, Härte mit ironischem Unterton – doch das, was früher radikal wirkte, verliert im Jahr 2026 etwas von seiner Schärfe.

Der Re-Release: Für Sammler interessant, für alle anderen ein stummer Gruß aus einer anderen Ära
Die Neuauflage von Atmf kommt auf Vinyl, limitiert auf 300 Exemplare, davon 100 in Weiß. Klanglich bleibt alles nahe am Original: roh, wenig aufpoliert, eher Dokumentation als Restaurierung. Das kann man entweder als respektvolle Bewahrung des Ursprungs betrachten oder als verpasste Chance, ein sperriges Album durch ein gutes Remaster aufzuwerten.

Das Cover – ein Toilettenbecken im einsamen skandinavischen Ödland – wirkt immer noch wie ein Mittelfinger an jegliche Bedeutungsebene. Provokation statt Poesie. Aber auch hier stellt sich die Frage: Braucht man das noch einmal? Oder reicht der einstige Schockwert und die nostalgische Anekdote über die Szene, die sich ständig selbst ins Knie schießt?

Songs zwischen Ironie, Provokation und nordischer Melancholie
„Inherent Emptiness“ eröffnet Side A mit einem Mix aus unterschwelliger Kälte und fast punkiger Abwärtsspirale. „Your Crystal Fragments“ wirkt melodischer, ohne an Biss zu verlieren, während „Blå Melankoli“ seinem Titel alle Ehre macht: ein einfrierender, zurückhaltender, fast stoischer Track.

Auf Side B findet man die vielleicht kurioseste Entscheidung der Band: das Motörhead-Cover „(Don’t Need) Religion“. Es wird weder ehrfürchtig nachgespielt noch komplett dekonstruiert – es ist ein raues, verzerrtes Augenzwinkern. Danach folgen „Overmotets Pris“ in einer neuen Version und schließlich „Jomfrulysets Fall“, ein Stück, das in seiner düsteren Melancholie sogar das Potenzial hätte, in einer moderneren Produktion richtig groß zu klingen.

Doch genau hier liegt das Problem: Die Rohheit ist Programm, aber sie begrenzt das Album. Was einst als befreiender Akt der Verweigerung galt, wirkt heute wie ein Artefakt, dessen Wirkung nicht mehr dieselbe ist.

Tracklist
  1. Inherent Emptiness
  2. Your Crystal Fragments
  3. Blå Melankoli
  4. (Don’t Need) Religion (Motörhead Cover)
  5. Overmotets Pris (New Version)
  6. Jomfrulysets Fall


Unlimited Hate ist kompromisslos, roh, trotzig – und das macht es zu einem interessanten Zeitdokument. Die dämonische Einleitung, der Schlenker in unklassifizierbaren Metal und die ironische Härte haben ihren Reiz. Aber als Neuauflage bleibt ein fader Beigeschmack: Für Sammler ein netter Fund, für Neuhörer eher eine Erinnerung daran, warum manche Werke besser im Untergrund bleiben.

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