Filme » Reviews

Habemus Papam – Ein Papst büxt aus Review

Wenn der weiße Rauch aufsteigt – und der Auserwählte lieber verschwindet


2025-04-22  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Habemus Papam – Ein Papst büxt aus Review Bild Habemus Papam – Ein Papst büxt aus Review Screenshot Habemus Papam – Ein Papst büxt aus Review Foto

Die Kirchenglocken läuten, der Petersplatz jubelt – ein neuer Papst ist gewählt. Doch was passiert, wenn der Auserwählte genau das nicht sein will? „Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“ stellt diese einfache, aber geniale Frage in den Mittelpunkt eines Films, der ebenso amüsant wie tiefgründig ist. Statt auf dem Balkon zu erscheinen und der Welt seinen Namen zu verkünden, bricht Kardinal Melville, frisch zum Papst gewählt, innerlich zusammen. Die Last, die er plötzlich auf seinen Schultern spürt, ist zu groß. Er flüchtet – nicht nur physisch, sondern auch emotional.

Was folgt, ist eine ungewöhnliche Reise: Ein Papst, der durch die Straßen Roms wandert, auf der Suche nach sich selbst, nach Mut, nach einer Antwort auf die Frage: „Warum ich?“ Währenddessen versucht der Vatikan, seinen unerklärlich abgetauchten Heiligen Vater geheim zu halten – und gleichzeitig das Chaos zu beherrschen, das sich hinter den Mauern abspielt.

Zwischen Slapstick und Seelenkrise
Der Film jongliert gekonnt mit zwei sehr unterschiedlichen Tonalitäten: Auf der einen Seite herrscht ein fast kafkaeskes Chaos im Vatikan – inklusive Tischtennisturnieren unter Kardinälen und einem überforderten Psychoanalytiker, der eigentlich helfen soll, aber selbst keinen Zugang zur Situation findet. Auf der anderen Seite sehen wir einen alten Mann, der spürt, dass er seiner neuen Rolle nicht gerecht werden kann – und dem es niemand erlaubt, einfach Nein zu sagen.

Diese Mischung macht „Habemus Papam“ so besonders. Er ist keine bloße Kirchenkomödie, sondern eine Reflexion über Erwartung, Überforderung und den Mut, ehrlich zu sich selbst zu sein. Die Satire ist nie plump oder respektlos, sondern liebevoll – fast zärtlich – im Umgang mit ihren Figuren.

Michel Piccoli glänzt in einer stillen Hauptrolle
Michel Piccoli verleiht seiner Figur eine enorme Tiefe. Sein Melville ist ein Mensch voller Zweifel, zurückhaltend, verloren – und genau deshalb so greifbar. Kein großer Redner, kein Rebell – sondern ein älterer Mann, der sich überrumpelt fühlt und nichts anderes möchte, als verstanden zu werden. Seine stille Präsenz wirkt noch lange nach dem Abspann.

Nanni Moretti, der Regisseur und zugleich Darsteller des Psychoanalytikers, bringt leise Komik und warmherzigen Esprit in das Geschehen. Seine Szenen bringen die nötige Leichtigkeit in eine Geschichte, die sonst zu schwer geworden wäre. Auch das Drehbuch lässt sich Zeit – und das ist gut so. Jeder Blick, jede Geste zählt.

Ein Film, der Erwartungen hinterfragt
Habemus Papam“ ist nicht auf große dramatische Höhepunkte aus – und doch trifft er mitten ins Herz. Es ist ein Film über Rollenbilder, über das Gefühl, nicht zu genügen, über die Freiheit, sich selbst treu zu bleiben. Gerade in einer Institution, die auf Stärke und Unfehlbarkeit aufbaut, wirkt diese leise Rebellion so kraftvoll.

Was bleibt, ist ein melancholischer Nachgeschmack – kein Happy End im klassischen Sinne, aber dafür viel Raum für Gedanken. Es ist ein Film, der nachwirkt, weil er etwas zeigt, das selten thematisiert wird: Die Angst davor, Erwartungen zu enttäuschen, selbst wenn man sie nie erfüllen wollte.

„Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“ ist eine kluge, ruhige Tragikomödie über Verantwortung, Selbstzweifel und die Freiheit, Nein zu sagen. Mit großem Feingefühl, einem herausragenden Hauptdarsteller und einem sympathisch-schrägen Ensemble gelingt ein ungewöhnlicher Film über eine der ältesten Institutionen der Welt – und darüber, was passiert, wenn der Mensch darin nicht mehr mitspielen will.

Punktewertung

Fehler gefunden? Melden.

Dieser Artikel kann Affiliate-Links enthalten, die mit gekennzeichnet sind. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für dich ändert sich dadurch nichts, auch nicht am Preis, aber du unterstützt damit dieses Projekt. Deswegen bereits im Voraus: Danke.