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Geächtet Review


2012-12-10  Dean  14 Likes  0 Kommentare 

Überblick

"Geächtet" (DVD, 1943); im Original "The Outlaw" entsprang in den früher 40er Jahren der Feder von Jules Furthman, immerhin einer der erfolgreicheren Drehbuchautoren mit über 115 geschriebenen Drehbüchern in einer großen Bandbreite an Genres. "Geächtet" wurde als Schwarz/Weiss Film produziert und uraufgeführt, wurde aber im DVD-Zeitalter digital remastert und koloriert. Zudem wurde die Synchronisation modernisiert und in die DVD Box noch die original S/W Fassung und einiges an Bonusmaterial gepackt. Das Cover wirbt mit "Filmclassic" und verspricht mit einer sich lasziv im Stroh räkelnden Jane Russel ein typischer - eben "klassischer" - Western zu werden. Der Klappentext ruft Pferde, Mädchen, Schießeisen und jede Menge Cowboyhüte aus - spannend!

Zwei Legenden und ein Pferd

Die Besetzung des Filmes ist - genretypisch - genauso schlicht gehalten wie die Handlung: Zwei Männer, eine Frau, ein Bösewicht und ein Pferd. Ein Schelm, der nun glaubt es gehe darum, dass die zwei Männer sich um die Frau streiten - nein, sie streiten sich um das Pferd. Der Bösewicht ist diesmal kein böser Bandit oder ein korrupter Sheriff, sondern ein ehemaliger Bandit der nun als echter Sheriff in der kleinen Stadt Lincoln/New Mexico arbeitet - absolut plausibel. "Geächtet" wäre ein Standard 08/15 Western, der sich bestenfalls in der Topsendezeit um 3 Uhr morgens wiederfinden würde, wenn nicht zwei Filmlegenden das dynamische Duo des Streifens ausmachten: "Doc Holliday" (bekannt aus 43 Western) und "Billy the Kid" (sage und schreibe Held aus 95 Filmen).

Frau oder Pferd?

Der Film beginnt mit einem Umriss der Gegend, in der sich die Geschichte abspielt: Lincoln/Mexico. Es ist trocken, staubig, die Männer sind rau - die Frauen noch rauer, Planwagen, Pferde, Cowboyhüte, ein Saloon und ein Fremder, der das Misstrauen der Stadtbewohner auf sich zieht. Was will der Fremde? Geld? Macht? Frauen? Tequila? Nein - der Fremde will nur eines: sein Pferd "Red" zurück, das ihm einige Städte zuvor gestohlen wurde. Hierbei bietet sich an, dass der Sheriff der kleinen Stadt ein alter Freund von "Doc Holliday" ist und ihm komplette Handlungsfreiheit gewährt. Der Doc wird dies auch brauchen, denn niemand anderes als "Billy the Kid" hat sein Pferd. Der Verführer mit den stahlblauen Augen, dessen jugendliches Aussehen und bubischer Charme schon einige weibliche Hauptrollen gekostet hat - ja genau der! Ohne zu viel zu verraten: Auch in der schlecht gemalten Kulisse von "Geächtet" wird er sich die weibliche Hauptrolle Rio McDonald schnappen. Dass dieses Mädchen aber Doc Hollidays Frau ist, macht die Dinge nur unwesentlich komplizierter.

Schießereien und das liebe Reiten

Wie in jedem guten Western muss auch in diesem geschossen werden. Und wie in jedem guten Western wird vorher viel geredet, sich tief in die Augen geschaut und sich mit kleinen Gesten provoziert. Diesen Punkt ist also: "Check - vorhanden". Und da es im wilden Westen keine Hybridautos oder Jetpacks gab, musste viel geritten werden. Auf Pferden - mal wild, mal zahm, mal zu zweit, mal alleine. Auch dieser Punkt: "Check - erledigt". Das ganze Drumherum wird zum Zankapfel der Fans, denn die Handlung des Filmes ist zwar genretypisch eher schlicht und flach, jedoch ist das Beziehungssystem äußerst verworren, wenn nicht gar tiefgründig. Zu Beginn will Doc nur sein geliebtes Pferd zurück, doch er erkennt das Potential in Billy und freundet sich mit ihm an. Auch wenn sie hier und da aneinander geraten, sich gegenseitig fesseln und mit der Waffe bedrohen - spätestens seit "Brokeback Mountain" (Kino, 2005) wissen wir, dass dies äußerstes Vertrauen und tiefe Zuneigung voraussetzt. Als Billy angeschossen wird versteckt der Doc ihn in seinem Haus, bei seiner Frau Rio, die kurz zuvor Billy in einer Scheue erschießen wollte, da er ihren Bruder getötet hatte. Doch weil sie eine gute Seele ist, kümmert sie sich um ihn, peppelt ihn auf, füttert ihn und legt sich zu ihm ins Bett um ihn zu wärmen. Was sich daraus entwickelt, braucht hier wohl nicht explizit gesagt werden.

Viel Lärm um nichts

Der Rest der Handlung ist etwas zusammenhanglos und nicht durchdacht: Doc und Billy reiten in eine andere Stadt, doch Billy kehrt auf halben Wege um, da Rio ihnen Sand in die Flaschen getan hat. Dann wird der Doc vom Sheriff gefangen und auf dem Weg zurück nach Lincoln finden sie Mitten in der Wüste zufällig Rio, die gefesselt an einem Fluss abgeladen wurde. Kurz darauf kommt Billy zurück und wird ebenfalls gefangen genommen. Eine Prise vorher nie erwähnter Indianer und fertig ist der Western - alles in allem wenig innovativ, wenig spannend, wenig echte Dramatik und kaum Überraschungsmomente - also "typisch" Western. Dass Jack Beutel "Billy the Kid" spielt als hätte er einen Stock im A**** sei nur am Rande mal erwähnt.

Technik und Darsteller

Schlecht gemalte Hintergründe, viel zu lange Fade Outs bei den Szenenwechseln, Hintergrundmusik à la "die ultimative Chartshow: Die besten Westermelodien" und zusammenhanglose, schlecht getimte Witze - soviel zu der Western Prämisse, die in dem Film erfüllt wird. Die Schauspieler um Jack Beutel und Walter Mitchell spielen für 1943 gut, auch wenn "Billy the Kid" emotionsloses, starres, kaltes Gesicht sicherlich kaum in die Rolle des "charmanten Aufreißers des wilden Westens" passt. Inwieweit dies Beutels oder die Schuld des Drehbuchautoren ist, sei dahingestellt. Die restlichen technische Aspekte wie die digitale Nachkolorierung, der restaurierte Ton und die Umsetzung auf DVD sind solide gut gemacht - nichts zu mäkeln.

Fazit

"Geächtet" fällt überwiegend in die Spur des "klassischen Western" - für Fans des Genres top, für alle Andren eher nicht so prickelnd. Der Film läuft gut nebenher beim Aufräumen oder Chatten mit, hinterlässt weitestgehend aber keine Spuren beim Zuschauer. Die Mädels werden sich vielleicht über Jack Beutel als "Billy the Kid" freuen und die Jungs sich zu "Doc Holliday" als alter Veteran im wilden, wilden Westen hingezogen fühlen wie seinerzeit zu "Meister Yoda" im Weltraumpendant "Star Wars" (Kino 1977), jedoch als "weltbewegend" oder "legendär" kann dieser Film leider nicht gelten. Einzig die komplexe Beziehungsstruktur und gut durchdachten Dialoge lassen aufhorchen, während man bei sozialen Netzwerken seine Schafe füttert oder Eisenerz abbaut.



Billy the Kid meets Doc Holliday in Mexico ... Western eben.

Punktewertung

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   Titel The Outlaw - Geächtet [Deluxe Edition] [Deluxe Edition]
   Genre
   Release 2011-12-31
   Systeme
   Publisher Best Entertainment AG
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
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