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Die Jäger - The New Opening Season Review


2013-01-10  Dean  13 Likes  0 Kommentare 

Vorab

Der Film "Die Jäger - The New Opening Season" (DVD 2012) ist gut! Aber der Mensch, der den Trailer konzipiert hat, sollte hart dafür bestraft werden, denn die 1:25 Minuten, die der Trailer aus dem Film zeigt, sind auch im Film genau 1:25 Minuten lang. Die Story um eine junge Frau und ihren aalglatten Milchbubi Freund ist nicht der eigentliche Plot des Films (sonst wäre es kein guter Film). Genauer gesagt kommen die Szenen, die der Trailer zeigt, in den letzten 10 Minuten des Filmes vor, wo eigentlich die Hauptgeschichte längst fertig ist. Ohrfeige für den Trailer - Streicheleinheit für den Rest des Filmes.

Übersicht

"Die Jäger - The New Open Season" (DVD 2012) lockt nicht nur mit einem Titel, der alle Joss Whedon Fans aufhorchen lässt (er war hier leider nicht mit im Boot), sondern auch mit einem netten, roten FSK18 sowie einem allgemein sehr dunkel gehaltenen Cover in schwarz-blau Tönen, die einen stimmungsvollen, düsteren, erdrückenden Horror-Thriller versprechen. Man sieht eine Art Tunnel; darüber einen Wald und einen einzelnen Mann stehen. Die Wände wirken nass und kalt und die Bäume darüber wie nach einer stürmischen Nacht. Sehr stimmige Aufmachung im Stil des Rest des Filmes. Den Trailer kann man getrost ignorieren und zusätzlich noch einmal den Verantwortlichen dafür mental ohrfeigen.

Nur Original ist legal...oder wie war das?

Wer würde glauben, dass es in heutigen HD, DolbyDigital und was es nicht alles gibt -Zeitalter noch unglaublich schlecht synchronisierte Filme gibt. Die Stimmen sind schlecht eingebettet, es gibt häufige Interferenzen mit der Hintergrundmusik und sie passen zudem nicht zu den Charakteren. Des Weiteren wussten entweder die Tonregie oder aber die Synchronsprecher nicht was sie da tun - denn wenn ein Mann mit ruhigem Gesichtsausdruck eine Stimme hat, wie als würde er einen cholerischen Anfall kriegen, fragt man sich wie er dann klingt, wenn er wirklich einen Wutausbruch hat. Dafür kann der Film an sich ja nichts, daher der Tipp: falls man der englischen Sprache mächtig ist sollte man auch den Originalton hören.

Unter Männern

Der Film beginnt mit einer dunklen Wand aus der Sicht eines Mannes, der offensichtlich benommen an ihr versucht irgendwas oder irgendwem zu entkommen. Er hört Stimmen; Schreie nicht existierender Menschen. Er verliert das Bewusstsein. Im nächsten Schnitt sieht man zwei Männer; sie rennen hinter einen Felsen und der eine schießt mit einem Jagdgewehr auf etwas. Die Stimmung ist düster; die Farben in einem bläulichen Schimmer lassen auf den früher Morgen tippen. Der Stil ändert sich und wird Retro. Wie durch eine alte Super8 Kamera sind die Farben knallig und nicht so differenziert wie in heutigen HD Aufnahmen. Der Kontrast ist hoch, die Körnung breit und die Männer, die zu sehen sind, sehen glücklich aus. Sie lachen und scherzen und sind vertraut miteinander. Es werden Szenen der Umgebung gezeigt: Ein alter Spielplatz, Ruinen und der Schriftzug "Fort Goben" - damit ist klar wo sie sich befinden. Ein Jagdausflug unter Männern in ein altes Militärgelände also...?

Der Heilige

Nachdem man erfahren hat, dass die Männer diese Jagdausflüge des öfteren machen und keiner von ihnen wirklich wieder in sein normales Leben will; und nachdem man sich im Klaren ist, dass keiner von ihnen wirklich noch alle Tassen im Schrank hat (der eine glaubt er wäre ein Wikinger, der andere wird von psychotischen Angstanfällen heimgesucht, der jüngste ist ständig am Lachen und prügelt gerne auf Boxsäcke ein und der Vierte...nun ja... sagen wir er filmt gerne...) wird die Storyline um die 4 Männer kurz angehalten und LeSaint wird vorgestellt. Brillant vom Regisseur und Hauptdarsteller Chris Briant dargestellt ist LeSaint ein ehemaliger Soldat, der in Afghanistan durch eine Mine schwer verletzt wurde. Neben den fast schon prophylaktischen PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) Symptomen nach Kriegseinsätzen wie Angstzustände, Alpträume, Appetitlosigkeit und Angst vor dem Auslöser des Stresserlebnisses (in LeSaints Fall sind das Mienen), ist der nunmehr in Polizeidienst getretene Exsoldat mit einem cholerischen, diktatorischen Chef geplagt. Dieser gibt ihn auch einen Auftrag, indem er einen wichtigen Zeugen im Drogenkrieg beschützen soll. Obwohl LeSaint lieber an seiner heißen Spur über ein Dutzend verschwundener Leute arbeiten will, zwingt ihn sein Boss diese Recherche aufzugeben um den Franzosen Francois zu beschützen. Nachdem der eigentliche Treffpunkt von lokalen Bandenkriegen als Kriegsschauplatz verwendet wird, muss LeSaint improvisieren und wählt Fort Goben als vermeintlich sichere Alternative. Die 4 Jäger, der ehemalige Soldat LeSaint und ein Franzose - der Plot ist aufgesetzt.

Viel Film um nichts

Was muss der geneigte Zuschauer alles über einen Film wissen? Muss er wissen, dass der Protagonist eine Freundin hatte von der er nachts träumt? Muss man wissen, dass er sich im Park beim Joggen mit einer jungen Frau angefreundet hat? Oder muss man wissen, dass die Antagonisten einen schlechten Job, nervige Kollegen oder eine ungeliebte Ehefrau haben? Muss man wissen welche Filme sie so im Fernsehen guggen oder wie lange sie sich Oben ohne beim Einprügeln auf einen Sandsack filmen? Mit der Vorstellung der Kontrahenten hat der Film gute 30 Minuten Spielzeit verbraten ohne wirklich essentielle Informationen preiszugeben. Alles was man nach dem "Intro" weiß ist: alle sind kaputt und gefrustet und haben einen an der Klatsche inklusive dem Helden der Geschichte... alles Dinge die man sich auch im Verlauf der Geschichte hätte denken können (vor allem in der Szene als einer der 4 einen abgetrennten Kopf an seinen Brustwarzen...und dann ohrfeigt er...und da...naja....). Aber: immerhin bemüht sich der Regisseur Plausibilität in den Film zu bringen, was man von vielen Streifen - z.B. "No Saints for Sinners" (DVD 2011) nicht behaupten kann.

Beschütze den Franzosen!

...war der Auftrag LeSaints. Hätte er ihn in den ersten Momenten nachdem sie erkannten, dass sie von den 4 Jägern in Fort Goben eingesperrt wurden nicht in ein Minenfeld geschickt, hätte es vielleicht auch klappen können. So jedoch wurde sich dem lästigen Vorwand warum LeSaint in dieses abgeschiedene Militärgelände gekommen ist, schnell entledigt und die eigentliche Filmhandlung konnte beginnen: einer gegen vier. Wer nun aber glaubt der Film driftet in eine Richtung wie z.B. "The Hills have Eyes" (Kino 2006) oder "Wrong Turn" (Kino 2007), in denen die Opfer um ihr nacktes überleben kämpfen und sich immer und überall umzingelt und hilflos ihren Angreifern ausgeliefert sehen, der irrt. "Die Jäger" heißt "Die Jäger" und nicht "Das Opfer" oder "Die Beute" - der Fokus des Filmes liegt auf den 4 Männern und wie sie mit ihren Taten und ihrem Leben umgehen. Im fast 50 Minütigen Kampf der Männer wird viel öfter gezeigt was die Täter gerade machen, denken und fühlen als was im Opfer vorgeht. Neben den persönlichen Problemen die jeder einzelne von ihnen ganz offensichtlich hat, wird auch die Gruppendynamik und die Hierarchie der Gruppe behandelt. Vor allem als das 5. Mitglied der Truppe auftaucht, erhält das Ganze noch einen neuen Schub in die psychoanalytische Richtung.

Mitdenken statt bespaßen lassen

"Die Jäger" wirkt auf den ersten Blick etwas platt und übermäßig in die Länge gezogen und man fragt sich warum es wichtig und interessant ist, wer die Täter an sich sind und was sie im normalen Alltag so tun. Lässt man sich aber auf diese ungewohnte Perspektive ein, so erkennt man die Stärken des Filmes, die ganz klar weder in der Technik noch in Special Effects liegen. Die Regie hat hier zusammen mit einem sehr guten, feinfühligen Buch zusammen ein Portrait von Tätern erschaffen, was man bewusst lesen muss. Wer sich den Film einfach mit einer Dose Bier ansieht und nebenher auf der präferierten Schmuddelseite der Woche surft wird die Geschichte und die Botschaft des Filmes nicht verstehen. Wie schon in "the woman" (DVD 2011) geht es hier um mehr als "wie quäle ich mein Opfer am effektivsten". "Die Jäger" erlaubt uns einen Blick in die Welt des Bösen ohne es einfach nur als "das Böse ohne Quelle und Ursache" zu plakatieren. Die Männer haben Gründe, Probleme und Ängste - sie haben Jobs die sie hassen, Vorgesetzte und Kunden die sie unmenschlich behandeln und sie haben selbst mit ihren Taten zu kämpfen; fragen sich ob es richtig ist oder ob sie nicht doch besser aufhören sollten. Sie helfen sich gegenseitig, sie rufen sich Mitten in der Nacht an, um über ihre Ängste zu reden; sie sprechen sich Mut zu und sind füreinander da. Zudem trauern sie umeinander und versuchen, als sie merken, dass LeSaint keines ihrer normales, hilflosen Opfer ist eine Lösung zu finden.

Welches Böse ist also das, dem wir auch im realen Leben begegnen könnten? Das dunkle, fleischfressende Monster mit Hörnern und Ziegenbeinen, oder der frustrierte Billiglöhner ohne Aussicht auf eine Zukunft?

Technische Aspekte

"Die Jäger - The New Opening Season" (DVD 2012) ist ein handwerklich gut gemachter Film, der zwar ohne große Spezial Effekte und ohne großen Augenschmaus, hierfür aber auch ohne unangenehme Patzer oder störende Bildexperimente auskommt. Regie sowie Postproduktion wagten keine Experimente und haben dem Film damit etwas Gutes getan. Die Farben sind zumeist düster, dunkel und der Stimmung entsprechend. Die Kulisse zeugt von viel Liebe zum Detail und wirkt immer real und solide. Der Soundtrack wagt, wie auch der Rest des Filmes keine Experimente. Sanfte Streicher - gelegentlich wird es auch laut - untermalen das Geschehen ohne es zu dominieren und die Schnitte sind zumeist bei Szenenwechsel sanfte Fade-Out/Ins und innerhalb einer Szene kurz und hart. Die Actionszenen und die Choreografie der hauptsächlich durch Schießereien ausgeprägten Konfrontationen der Männer wirken plump, unbeholfen und wackelig, was hier jedoch äußerst authentisch und realistisch rüber kommt. "Die Jäger" will kein neuer "Stirb Langsam" (Kino 1988) sein; die Männer sind Alltagshelden ohne militärische Kenntnisse und dementsprechend verhalten sie sich auch. Das Schauspiel ist durchweg überzeugend und plausibel, auch wenn die deutsche Fassung dicke Minuspunkte kassiert.

Akustik, Optik, Dramatik und Schauspiel - keine großen Sprünge jedoch gut umgesetzt.

Fazit

"Die Jäger - The New Opening Season" (DVD 2012) ist ein grundsolider Film in der Machart. Kein Feuerwerk der Farben, kein bombastischer Soundtrack, keine Martial-Arts Kampfeinlagen. Dafür aber ein gutes Buch, eine tiefe Geschichte und eine nicht so häufig vorkommende Perspektive auf die Täter. Die Darsteller um Chris Briant sind allesamt gut und seine Regie achtet auf Details sowie auf Realismus. Auch wenn man von den 111 Minuten gut und gerne 40 wegen Belanglosigkeit entfernen könnte. Die Restlichen aber sind vollgepackt mit tiefgründigen Fragen und Einblicken in insgesamt 4 kranke Seelen, die allesamt ihre Gründe und Motive haben das zu tun, was sie tun. LeSaint wird hier - obwohl Protagonist eher zur Nebenfigur. Die Stars sind die Täter - "Die Jäger".



Nicht vom Trailer täuschen lassen - der Film ist gut!

Punktewertung

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   Titel Die Jäger - The New Open Season [DVD]
   Genre
   Release 2012-12-05
   Systeme
   Publisher SchröderMedia HandelsgmbH
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 18 Jahren Jahren
   Homepage
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