Filme » Reviews

Der Exorzismus der Anneliese M. Review


2011-08-06  stephan  10 Likes  0 Kommentare 
Es gibt Filme, die sich mit übernatürlichen Phänomenen beschäftigen, die lassen den Zuschauer regungslos im Sessel zurück - starr vor Angst oder mit einer echten Gänsehaut. Das ist bei "Der Exorzismus der Anneliese M." auch so. Allerdings hat man aus völlig anderen Gründen Angst oder eine Gänsehaut.

Reale Geschichte - brutal zerfleddert
Beruhend auf einem tatsächlichen und dokumentierten Fall aus Deutschland, beschäftigt sich der Film mit grundlegend spannenden und interessanten Elementen, die eigentlich allesamt für einen anständigen Gruselfilm ausreichen: Exorzismus, Dämonen, der Streit zwischen Wissenschaft und Kirche, das Böse an sich. Aber wie bei einem verpfuscht gekochtem Rezept reicht es nicht, die richtigen Zutaten in beliebigen Mengen zusammenzumischen. Es käme schon auf das Fingerspitzengefühl für Timing, Stimmung, Story und Schauspieler an.

Als zu gruselnder Zuseher kann man sich allerdings glücklich schätzen, dass die Filmemacher es geschafft haben, die Eckdaten der Geschichte richtig zu übernehmen: Anneliese M. war im realen Leben eine sehr katholische Frau. Lange Zeit, seit 1969, befand sie sich in Behandlung mehrerer Ärzte, da sie immer wieder unter äußerst heftigen Anfällen litt. Tatsächlich gelang es keinem der Schulmediziner, die diagnostizierte schwere Epilepsie entweder zu behandeln oder in den Griff zu bekommen. Enttäuscht, entnervt und entkräftet suchten die verzweifelten Eltern schließlich Hilfe bei der Kirche - der Fall war mittlerweile auch öffentlich geworden. Zwei Priester versuchten schließlich mit mehrmals durchgeführten sogenannten großen Exorzismusriten, den Teufel aus Annelieses Leib auszutreiben.

Keine zweite Chance für einen ersten Eindruck
Bis hierher deutet alles auf einen einigermaßen vielversprechenden Stoff für einen Film hin. Doch es ist schon der erste Eindruck, der zunächst keine Gänsehaut, sondern eher ein ungläubiges Gesicht verursacht. Steht dort auf dem Bildschirm in der ersten Einstellung als Einblendung wirklich "Tag 1 der Studio"? Gemeint ist "Studie" und die Einblendung soll zusammen mit dem Bayerischen Wappen das Gefühl vermitteln: "Hoppla, da kommt echtes Filmmaterial von damals". Dumm nur, dass genau dieser Schreibfehler (der sich übrigens bei allen anderen Tagen "der Studio" wiederholt) dieses Gefühl schon im Keim erstickt.

Damit beginnt eine vergleichsweise peinliche Aneinanderreihung von geklauten und schlecht nachgespielten Versatzstücken aus verschiedenen guten Horrorstreifen: "Der Exorzist", "Die Vierte Art", "Der Exorzismus der Emily Rose", der sogar auf dem gleichen realen Fall beruht und am offensichtlichsten "Paranormal Activity". Im Haus installierte Überwachungskameras filmen das Geschehen in den verschiedenen Zimmern - und auch die vermutlich liebevoll und mühsam nachbearbeitete "Alterung" des Filmmaterials erzeugt nicht an einer einzigen Stelle im Film den Eindruck von Authentizität. Dafür ist sie zu offensichtlich mit dem Heimcomputer eingespielt. Nebenbei bemerkt, auch die Darsteller liefern allesamt keine überzeugende Leistung ab. Einzig die Darstellerin der Anneliese M. gibt sich redlich Mühe, die besessene Bettlägerige mit so viel Körpereinsatz wie möglich zu spielen.

Doch nach einiger Zeit und einigen sich wiederholenden Einstellungen kennt man eben auch dieses finstere Gesicht zur Genüge. Man fragt sich auch, warum die Personen der Handlung, die gerade keinen Satz zu sagen haben, unmotiviertes Beiwerk zur Raumausstattung zu sein scheinen, statt zu helfen, die vom Teufel Besessene ruhig zu stellen oder festzuhalten. Es gibt viele Momente im Film, die Fragen in der Logik aufwerfen. Sie alle aufzuzählen, würde die Überraschung verderben, sollte doch einmal jemand der Leserschaft in den zweifelhaften Genuss kommen, sich den Film zumuten zu müssen. Dabei wäre es oft so einfach gewesen, mit ein wenig mehr Logik, etwas weniger endlos wirkenden Schwarzblenden oder immer wieder nervenden Kamerafahrten über unleserliches Gekritzel des Arztes den Film ein wenig aufzuwerten.

Der Film verspricht, was er hält
Während man sich anfänglich noch über die bemühten englischen Akzente der vermeintlich deutschen Protagonisten amüsieren kann (zum Test lag die englische Originalversion vor), drängt sich einem mit zunehmender Laufzeit des Films doch immer mehr die Frage auf: Verschwende ich hier gerade wertvolle Lebenszeit? Und bei dem Gedanken, die Antwort konnte "Ja." lauten, könnte einem Angst werden und man bekommt eine Gänsehaut! Letztlich hat der Film dann irgendwie doch gehalten, was er versprochen hat.

Leider ist der Film Müll - lieblos und ohne Respekt vor den realen Schicksalen hinter der Geschichte. Schade nur, dass der Müll nicht ausreicht, um schon wieder Kultstatus zu erreichen a la Uwe Boll ("Postal") oder Ed Wood ("Plan 9 From Outer Space").

Punktewertung

Fehler gefunden? Melden.

Dieser Artikel kann Affiliate-Links enthalten, die mit gekennzeichnet sind. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für dich ändert sich dadurch nichts, auch nicht am Preis, aber du unterstützt damit dieses Projekt. Deswegen bereits im Voraus: Danke.
   Titel Der Exorzismus der Anneliese M. - Der Film
   Genre
   Release 2011-07-28
   Systeme
   Publisher dtp entertainment AG
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 16 Jahren Jahren
   Homepage
Werbung

Super Mario

Jetzt bestellen!
Paypal Trinkgeld