Filme » Reviews

Trainwreck: Die echte Project-X-Party Review

Ein Geburtstag, der nie als Legende gedacht war


25.11.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Trainwreck: Die echte Project-X-Party Review Bild Trainwreck: Die echte Project-X-Party Review Screenshot Trainwreck: Die echte Project-X-Party Review Foto

Trainwreck: Die echte Project-X-Party erzählt eine Geschichte, die heute fast absurd wirkt – und doch 2012 bittere Realität war. Ein Mädchen lädt Freunde zu ihrer Geburtstagsfeier ein, setzt das Facebook-Event versehentlich auf „öffentlich“… und plötzlich steht ein ganzer Landstrich Kopf. Was wie ein dummer Teenagerfehler klingt, entpuppt sich in der Netflix -Doku als verstörendes Experiment darüber, was passiert, wenn digitale Dynamiken auf eine analoge Welt treffen, die darauf nicht vorbereitet ist.

Trainwreck: Die echte Project-X-Party zoomt auf die Ereignisse im niederländischen Haren – ein ruhiger Ort, in dem normalerweise weniger passiert als in der Mittagspause einer Bibliothek. Und gerade deshalb wirkt der Ausbruch des Chaos so heftig: Tausende Jugendliche reisen an, angelockt von Memes, prahlerischen YouTubern, Gruppendruck, Alkohol und einem katastrophal schlecht reagierenden Behördenapparat.

Die Doku macht schnell klar: Niemand hat die Situation verstanden – weder die Teenager, noch die Polizei, noch Facebook selbst. Und am Ende bleibt eine Frage: Wie konnte so wenig zu so viel führen?

Ein Fehler, der viral geht – und keiner stoppt die Lawine
Trainwreck: Die echte Project-X-Party arbeitet viel mit Archivmaterial, Interviews und hektischen Handyvideos. Dadurch spürt man beinahe körperlich dieses Gefühl der Eskalation. Es beginnt mit Neugier, dann Nervosität, dann Krawall.

Besonders interessant ist die Rolle von Merthe, der unfreiwilligen Gastgeberin. Sie wirkt reflektiert, freundlich, fast schon erstaunlich reif – und gerade das lässt die Geschichte unangenehm wirken. Denn nichts an ihr deutet auf „Party-Queen“ oder „Skandal-Girl“ hin. Es ist eben nicht die Ausstattung eines dekadenten Teenagerfilms, sondern ein Mädchen, das einfach nur Geburtstag feiern wollte.

Die Doku zeichnet aber auch die „anderen Seiten“ nach:
Die Jugendlichen, die gekommen sind, weil es leicht war, weil es aufregend klang, weil man „dabei sein“ wollte. Viele lachen, erzählen stolz, machen es zu ihrem persönlichen Kultmoment. Und genau hier wird die Doku stellenweise bitter – denn manche der Interviewten wirken so selbstgefällig, dass man den Kopf schüttelt.

Das Versagen von Facebook – und allen, die darauf reagieren sollten
Einer der spannenden, aber nur halb ambitionierten Aspekte der Doku ist das digitale Fundament der Ereignisse. Wie sehr Facebook die Lawine verstärkte, die Posts pushte, Event-Klone zuließ und keinerlei wirksame Mechanismen bot, um die Verbreitung zu stoppen – all das wird erwähnt, aber selten richtig durchdrungen.

Das ist einer der Kritikpunkte: Trainwreck: Die echte Project-X-Party zeigt die Probleme, analysiert sie aber nicht immer. Warum konnte die Familie das Event nicht löschen? Warum wurde der Algorithmus zum Brandbeschleuniger? Warum hatte niemand direkten Kontakt zu Meta? Hier hätte ein tieferer Blick gutgetan – auch um die Verantwortung gerechter zu verteilen.

Denn es bleibt der Eindruck: Merthe hat einen kleinen Fehler gemacht. Facebook hat daraus eine Großkatastrophe gebaut.

Wenn Behörden schlafen – und die Realität die Fiktion einholt
Die Doku macht auch deutlich, wie fatal die Fehleinschätzungen der Polizei waren. Keine Straßensperren. Keine Umleitung. Kein Plan. Dabei wurde schon Tage vorher klar, dass etwas Großes passieren könnte.

Das Ergebnis war ein chaotischer Abend, der außer Kontrolle geriet – mit verletzten Jugendlichen, eingeschlagenen Fenstern, Frustration und Angst bei den Bewohnern. Und vielen Jugendlichen, die später fanden: „Boah, war krass.“

Diese Gleichzeitigkeit – echtes Leid hier, selbstverliebtes Schulterklopfen dort – spiegelt der Film erstaunlich gut. Es ist manchmal schwer anzusehen, aber genau das macht den Reiz dieser Episode aus.

Trainwreck: Die echte Project-X-Party ist ein spannender, manchmal witziger, manchmal frustrierender Blick auf ein virales Ereignis, das niemand wollte und keiner stoppen konnte. Die Doku zeigt eindrücklich, wie hilflos eine Gesellschaft wirken kann, wenn analoge Strukturen auf digitale Dynamiken treffen. Sie kratzt dabei nicht immer tief genug, aber sie bleibt unterhaltsam, bewegend und erschreckend relevant. Für Fans von Social-Media-Dokumentationen definitiv ein Blick wert.

Punktewertung

Fehler gefunden? Melden.

Dieser Artikel kann Affiliate-Links enthalten, die mit gekennzeichnet sind. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für dich ändert sich dadurch nichts, auch nicht am Preis, aber du unterstützt damit dieses Projekt. Deswegen bereits im Voraus: Danke.