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The Sound of Noise Review


2012-03-04  Julian J.  11 Likes  0 Kommentare 
Spätestens seit Tomas Alfredsons Vampirparabel "So finster die Nacht" wissen wir, dass die Schweden einen Hang zu ungewöhnlichen Geschichten haben. Mit "The Sound of Noise" aus dem Jahr 2010 wird dieser Umstand ein weiteres Mal unter Beweis gestellt, denn - so viel sei schon einmal verraten - dieser Film sprengt alle Konventionen. Die Regisseure Ola Simonsson und Johannes Stjärne Nilsson schrieben kurzerhand ihren Kurzfilm "Musik für eine Wohnung und sechs Perkussionisten" (2001) um, schnappten sich einen Großteil ihrer damaligen Besetzung und drehten einen abendfüllenden Spielfilm, der sich als Aufschrei gegen die allgemein anerkannte Kultur versteht.

Keine Fahrstuhlmusik...
Die Handlung von "The Sound of Noise" ist schnell erzählt: Amadeus Warnebring, Leiter einer schwedischen Antiterroreinheit, ist einer Gruppe anarchistischer Musikaktivisten auf der Spur. Diese versuchen ihre Ziele nicht etwa mit Waffengewalt durchzusetzen, sondern benutzen die ganze Stadt als riesige Konzertbühne. So werden Bagger, narkotisierte Krankenhauspatienten und Hochspannungsleitungen als Instrumente missbraucht, ohne sich dabei um jegliche Gesetze zu kümmern. Aus dem Untergrund agierend plant die Gruppe dann ihren ganz großen Coup: "Musik für eine Stadt und sechs Drummer" soll das alles Bisherige in den Schatten stellende Opus heißen. In vier Akten wird dafür eine Bank überfallen, das Opernhaus demoliert und der gesamten Stadt der Strom abgedreht.

Für den Antiterrorfahnder Amadeus der wohl ungewöhnlichste Fall seiner Karriere. Und schnell wird klar: Er selbst kann sich nur schwer der Faszination der Musikterroristen entziehen und gerät ganz tief in den Strudel aus Klängen und Rhythmen. Bevor er es sich versieht wird er selbst zum Mittäter und Verschwörer.

Defibrillator statt Triangel!
"The Sound of Noise" ist wie man wahrscheinlich schon vermutet, ein durch und durch ungewöhnlicher Film. Die Aufnahmen Stockholms, einer abweisenden Großstadt voller Industrie, Beton und ewiger Nacht gepaart mit den innovativen Musikszenen sind ein audiovisueller Leckerbissen, der einfach Spaß macht und dem Zuschauer nur wenig Zeit zum Verschnaufen lässt. Der Plot entspinnt sich erfrischend originell und durch das insgesamt recht hohe Tempo wird einem nicht so schnell langweilig.

Gerade bei den Figuren haben die Autoren ganze Arbeit geleistet: Die Charaktere sind wunderbar schräg gezeichnet und die Schauspieler schaffen es beinahe ausnahmslos, ihren Rollen gerecht zu werden. So geben die sechs Drummer dem Film durch ihre schrulligen Marotten eine gehörige Potion Skurrilität und Humor. Besonders Fredrik Myhr als der psychopathische Einzelgänger Myran konnte voll überzeugen.

The Sound of the Bankschalter.

Die beiden Regisseure, die sich auch für das Drehbuch verantwortlich zeigten, beweisen sehr viel Fantasie und Mut zu ungewöhnlichen Ideen. Das mekrt man vor allem an den Musikstücken, die durchweg kreativ in Szene gesetzt sind und spätestens dann, wenn ein kompletter Operationssaal zu einem Song umfunktioniert wird, kann man ein Schmunzeln kaum unterdrücken.

Leider verliert der Film von dem anfangs rasant aufgenommenen Tempo und die Handlung verläuft sich gegen Ende ein wenig. Das mag daran liegen, dass dieser Film auf dem Kurzfilm "Musik für eine Wohnung und sechs Perkussionisten" basiert. So fehlt es ein wenig an Substanz, dem alles abrundenden Feinschliff, wenn man so will. Darüber kann auch die etwas aufgesetzte Liebesgeschichte zwischen Kommissar Amadeus und der Anführerin der Terrorzelle Sanna nicht hinwegtäuschen.

Trotzdem ist "The Sound of Noise" ein Geheimtipp für alle, die ungewöhnliche Filme mögen. In knapp 90 Minuten wird man bestens unterhalten. Und auch DVD-Bonus Junkies kommen auf ihre Kosten: Neben dem Original Kurzfilm von 2001, einem fünfminütigen Weihnachts-Spezial sowie einem Making-Of gibt es noch einige Filmschnipsel und Musikvideos als Dreingabe. Man sollte übrigens den Film im Original mit Untertiteln ansehen, da die deutsche Synchronisation nicht gerade das Gelbe vom Ei ist.

Eine Kriegserklärung gegen das Establishment und die Hochkultur. Für alle anders Denkenden.

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   Titel Sound of Noise (Limitierte Soundtrack Edition) DVD + CD [Limited Edition]
   Genre
   Release 2012-01-05
   Systeme
   Publisher SUNFILM Entertainment
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
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