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Schmetterling und Taucherglocke Review


2008-12-06  Uewkes  6 Likes  0 Kommentare 
Je ne parle pas? Pourquoi vous ne m'entendez pas!? Oh mon Dieu! Je ne peux pas parler. Je ne peux pas bouger. Qu'est-ce qui m'est arrivé? Je ne me souviens pas... Je... je... je m'appelle Jean-Dominique Bauby.

Le scaphandre et le papillon in einem Satz? Eine wahre und ergreifende Geschichte, von einem nicht weniger wahrhaftigen, ergreifenden und äußerst gelungenen Film erzählt.

Jean-Dominique Bauby war Chefredakteur der erfolgreichen Modezeitschrift "Elle" und lebte ein erfolgreiches Leben voller Bekanntschaften, mit einer glücklichen Familie und materieller Zufriedenheit, bis er eines Tages während einer Autofahrt von einem Gehirnschlag ereilt wird und seitdem am ganzen Körper gelähmt ist und nur noch über sein linkes Auge seine Umwelt wahrnimmt und sich durch Blinzeln im Rahmen der Möglichkeiten mitteilt.

Diagnose: Locked-in-Syndrom.
Der Film von Julian Schnabel beginnt damit, wie Jean-Do von 2 Personen im Krankenhaus angesprochen wird. Ein unscharfes Bild, die Stimmen scheinen weit entfernt und die ganze Wahrnehmung scheint alles andere als glasklar. Man fragt nach seinem Namen. Er antwortet. Man fragt erneut, redet beruhigend auf ihn ein, stellt weitere Fragen. Jean-Do dämmert es erst nach einigen Minuten, er kann sich nicht mehr bewegen, kann nicht mehr sprechen.

Neben den bemühten Versuchen, ihm kleinste Bewegungen wieder beizubringen steht vor allem ein aufwendiges Vorhaben im Mittelpunkt der Geschichte, denn Jean-Do erhält Unterstützung durch die Logopädin Henriette (Marie-Josée Croze), die für ihn eine spezielle Art der Kommunikation entwickelt hat - auf einer Tafel hat sie die Buchstaben des Alphabets absteigend nach ihrer Häufigkeit aufgelistet. Diese liest sie vor, jedesmal wenn ein Buchstabe, den er verwenden möchte, vorgelesen wurde, soll er sich durch Blinzeln bemerkbar machen. Eine zeitaufwändige Methode um Wörter zu bilden, um diese schließlich zu Sätzen zu machen.

Damit aber noch nicht genug, mit diesem System macht er von seinem noch ausstehenden Vertrag bei einem Verlag Gebrauch, nachdem er die negative Sicht auf seine Situation abgelegt hat und sich darüber im klaren wurde, dass ihm noch Erinnerungen und die Phantasie bleiben. Anstatt eine moderne Version des Grafen von Monte Christo zu verfassen will er sein Leben niederschreiben. An seiner Seite die Lektorin Claude (Anne Consigny), die mit engelsgleicher Geduld Buchstabe für Buchstabe zu Worten und diese Wörter zu Sätzen zusammenfügt, es ihm immer wieder vorliest und auf ein bejahendes oder verneinendes Blinzeln achtet.

Vom Anfang bis zum Ende ergreifend
Eine empathische Perspektive auf Jean-Dos Gedankenwelt, die auch vor bitterer Selbstironie strotzt, und viele Gesichter, die ihm bemitleidend und hilflos ins Auge schauen (Das andere Auge wurde wegen fehlender Durchblutung zugenäht, eine Szene, die ich nie wieder vergessen werde), darunter ein Mann, dem er seinen Sitzplatz in einem Flugzeug überließ und welcher als Geisel gefangen genommen wurde, seine Kinder, seine Frau, seine Freundin...
Was für eine Aufopferung hinter dem Erstellen dieses Buches steht wird sehr deutlich, immer wieder werden die Buchstaben nacheinander aufgesagt, immer wieder wird versucht, die Wörter direkt zu erkennen - dass dies nicht immer gelingt zeigt nur all zu deutlich, dass Floskeln wie "Ich weiß, wie dir zu mute sein muss" mehr als daneben sind und liegen.
Großartige Schauspieler leisten Großartiges; Hauptdarsteller Mathieu Amalric (München) überzeugt in Gegenwart und Vergangenheit, nicht minder die Leistung von Consigny.

Die Taucherglocke, ein Bild, das immer wieder aufgegriffen wird, um seine Gefangenschaft im eigenen Körper zu symbolisieren, der Schmetterling, sein Auge und seine Gedanken, die sich über die Grenzen der körperlichen Lähmung hinwegsetzen und ihn wieder aufleben lassen, ihm wieder eine Perspektive und einen Frohsinn verschaffen. Intensivstes Kontrastprogramm wird dann geboten, wenn sich Außenstehende über den dort liegenden und stummen Mann lustig machen und sich fragen, warum er ein Telefon braucht - seine ironische Art schenkt diesen Figuren Beachtung, die sie verdient haben und der Film offenbart eine erschütternde Situation zwischen Vater und Sohn; Jean-Dos Vater kann ihn nur anrufen, ist aufgrund seines Alters im 4. Stock in seiner Wohnung eingeschlossen wie er im Körper. Kann ihn nur anrufen und ist doch so betroffen davon, dass ihm nur diese Möglichkeit bleibt, mit seinem Sohn Kontakt aufzunehmen, von sprechen kann keine Rede sein. Nicht minder erschütternd die Entscheidung der Freundin, die es nicht schafft, ihn zu besuchen, da sie ihn in guter Erinnerung behalten und ihn nicht dermaßen hilflos und verletzlich auffinden möchte.

Am Ende, da steht ein Buch, das von 2 Menschen verfasst wurde. Und am Ende hat man einen Film zu Gesicht bekommen, der es wahrlich verstanden hat, eine wahre Geschichte angemessen umzusetzen und in jeglicher Hinsicht authentisch wirkt. Eine filmisch einzigartige Auseinandersetzung mit Glaube an Leben, Liebe und sich selbst und alles, was diesen Mann ausmachte.
Chef-d'Ã…"uvre, un papillon en fuite!

Gefühlskino, wie es die Medienlandschaft viel öfter brauchen könnte. Emotional und einfühlsam, auf der anderen Seite filmisch makellos und interessant.

Punktewertung

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   Titel Schmetterling und Taucherglocke
   Genre
   Release 2008-12-04
   Systeme
   Publisher Euro Video
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
   Homepage
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