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Monster: Die Geschichte von Ed Gein Review

Wenn Hollywood-Horror auf die wahre Dunkelheit trifft


2025-11-01  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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Mit „Monster: Die Geschichte von Ed Gein“ wagt sich Ryan Murphy an eine der verstörendsten Figuren der amerikanischen Kriminalgeschichte. Nach Jeffrey Dahmer und den Menendez-Brüdern widmet sich die dritte Staffel der True-Crime-Anthologie dem berüchtigten „Butcher of Plainfield“. Doch wo die ersten Staffeln fesselten und schockierten, lässt diese Staffel die Zuschauer mit gemischten Gefühlen zurück.

Ein dunkles Kapitel amerikanischer Geschichte
Wisconsin, 1957: In der Kälte des Mittleren Westens lebt Ed Gein, ein unscheinbarer Mann, der die Dorfbewohner durch seine Eigenart irritiert, aber nie ernsthaft beunruhigt. Niemand ahnt, dass hinter den verstaubten Fenstern seiner Farm eines der grausamsten Kapitel der US-Kriminalgeschichte entsteht. Die Serie zeigt diesen schleichenden Verfall – von der übermächtigen Mutter, die mit religiösem Fanatismus seine Psyche prägt, bis hin zur völligen Entmenschlichung.

Charlie Hunnam verkörpert Gein mit einer Mischung aus Verletzlichkeit und Wahnsinn. Sein Spiel ist intensiv, manchmal zu kontrolliert, dann wieder erschreckend unberechenbar. Besonders stark sind die leisen Momente, in denen er Geins innere Zerrissenheit spürbar macht – die Sehnsucht nach Liebe, verdreht in ein groteskes Verständnis von Zuneigung.

Zwischen Wahrheit und Fiktion
Die Serie will mehr als nur ein biografisches Porträt sein. Sie schlägt Brücken zwischen Realität und Filmgeschichte, denn Gein inspirierte Klassiker wie „Psycho“, „The Texas Chainsaw Massacre“ und „Das Schweigen der Lämmer“. Genau hier zeigt sich jedoch die größte Schwäche der Staffel: Statt sich auf den echten Menschen hinter dem Mythos zu konzentrieren, verliert sich das Drehbuch in filmischen Spiegelungen und fiktiven Szenen.

Hinzu kommen erfundene Nebenfiguren und ausgedachte Ereignisse, die zwar Spannung erzeugen, aber dem Wahrheitsgehalt schaden. Dadurch wirkt vieles konstruiert – fast so, als wolle man mit erzählerischer Freiheit den Mangel an Substanz kaschieren.

Starke Bilder, schwache Struktur
Optisch ist „Monster: Die Geschichte von Ed Gein“ ein kleines Meisterwerk. Die trostlosen Landschaften, das matte Licht, die beklemmenden Innenräume – alles atmet die Atmosphäre eines psychologischen Albtraums. Doch die Regie verliert im Laufe der Episoden an Fokus. Längere Passagen wirken gedehnt, manche Szenen wiederholen sich in Bedeutung und Stimmung. Die Serie wechselt sprunghaft zwischen Realität, Fantasie und Rückblenden, bis man irgendwann nicht mehr weiß, was Geins Vorstellung und was tatsächliches Geschehen ist.

Diese Erzählweise mag künstlerisch ambitioniert sein, erschwert aber den Zugang. Wo die ersten Folgen noch beklemmend fesseln, gleitet die Serie in ihrem Mittelteil in eine träumerische Beliebigkeit ab. Erst gegen Ende kehrt sie zur Klarheit zurück – doch da ist der emotionale Anker längst verloren.

Hunnam als zerrissene Seele
Charlie Hunnam trägt die Staffel praktisch allein. Sein Ed Gein ist kein klassischer Serienkiller im Hollywood-Sinne, sondern ein vom Leben deformierter Mensch, gefangen zwischen Schuld, Abhängigkeit und Wahnsinn. In manchen Szenen wirkt er fast bemitleidenswert, in anderen geradezu dämonisch. Diese Ambivalenz rettet die Serie über viele ihrer dramaturgischen Brüche hinweg.

Unterstützt wird er von Laurie Metcalf als fanatisch-fromme Mutter Augusta Gein – eine Figur, die so übermächtig erscheint, dass sie schon im Tod weiterlebt. Ihre Szenen mit Hunnam zählen zu den intensivsten Momenten der Staffel, denn hier zeigt sich die ganze emotionale Wucht der familiären Zerrüttung, die Gein geprägt hat.

Zwischen Gänsehaut und Genrekritik
Monster: Die Geschichte von Ed Gein“ will beides sein: ein True-Crime-Drama und eine Reflexion darüber, wie aus realem Grauen Popkultur entsteht. Diese doppelte Ebene ist interessant, wird aber nicht konsequent umgesetzt. Statt einer fokussierten Charakterstudie bekommen wir eine Collage aus Symbolen, Albträumen und Andeutungen. Das kann faszinieren, aber auch ermüden.

Dennoch bleibt das Gesamtbild beeindruckend – allein wegen der technischen Qualität, der atmosphärischen Dichte und der schauspielerischen Hingabe. Auch wenn die Serie inhaltlich nicht an die Wucht der Dahmer-Staffel heranreicht, hat sie etwas, das hängen bleibt: ein Gefühl von Ekel und Mitleid zugleich.

„Monster: Die Geschichte von Ed Gein“ ist kein reines True-Crime-Dokument, sondern ein düsteres Psychogramm über Einsamkeit, Schuld und Obsession. Die Serie schwankt zwischen Genrekino und introspektivem Drama, findet aber nie ganz den richtigen Ton. Was bleibt, ist eine visuell eindrucksvolle, moralisch ambivalente, aber erzählerisch holprige Staffel – mit einem grandiosen Hauptdarsteller, der aus dem Material das Beste herausholt.

Punktewertung

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