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Let It Snow Review

Zwischen Frost und Furcht


2025-10-12  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Let It Snow Review Bild Let It Snow Review Screenshot Let It Snow Review Foto

Winter, Einsamkeit, absolute Stille – Let It Snow nutzt eine der ungemütlichsten Umgebungen, die das Horrorgenre zu bieten hat: das endlose Weiß. Statt verlassener Häuser oder düsterer Wälder bekommen wir schneeverschlungene Berge, eisige Klippen und einen Himmel, der eher richtet als rettet. Die Voraussetzungen für bedrückenden Survival-Horror sind perfekt. Doch was vielversprechend beginnt, verliert sich im Nebel einer unausgereiften Erzählung.

Die Berge als Feind
Kaum ein aktueller Horrorfilm nutzt seine Umgebung so konsequent wie Let It Snow. Hier ist die Natur kein Hintergrund, sondern Antagonist. Whiteout-Stürme, gefährliche Hänge, Orientierungslosigkeit – all das erzeugt einen Druck, der real wirkt. Die Kamera fängt die weite Leere so ein, dass du fast den Wind hörst. Doch genau in dieser Stärke liegt auch das Problem: Die Landschaft ist stärker als die Geschichte, die in ihr erzählt wird.

Während du anfangs erwartest, mehr über die Figuren zu erfahren, bleibt der Film stumm. Keine Rückblenden, kaum Dialoge, kein emotionaler Aufhänger. Wer friert, ist egal – Hauptsache er friert schön.

Figuren ohne Fußabdrücke
Survival-Horror lebt davon, dass wir mit den Protagonisten leiden, hoffen oder fürchten. Doch Let It Snow erlaubt keine Nähe. Das Paar, das im Zentrum der Handlung steht, wirkt wie ein fremdes Urlaubsvideo. Keine Vorgeschichten, keine Konflikte, keine erkennbaren Motive außer Abenteuerlust. Wer sie sind? Der Film antwortet nicht. Und so wird aus emotionalem Horror ein rein physischer Kampf – mit geringem Einsatz.

Dass Let It Snow kein Interesse an Hintergrund hat, könnte eine bewusste Entscheidung sein – doch sie kostet den Film seine Seele.

Horror ohne Schreie – und ohne Steigerung
Regisseur Stanislav Kapralov vermeidet billige Schockeffekte. Kein Kettensägen-Schocker, kein Maskenmann im Vorgarten. Stattdessen setzt er auf Geräusche im Sturm, entfernte Motoren, ein Gefühl ständiger Beobachtung. Die Idee ist stark – aber sie entwickelt sich nicht. Die Gefahr bleibt abstrakt. Bedrohung wird angedeutet, aber selten intensiviert.

Es fehlt der Moment, in dem sich der Schneesturm in Panik verwandelt. Stattdessen werden Szenen wiederholt: Rennen, Fallen, Weiterlaufen. Der psychologische Horror, den das Setting ermöglicht, bleibt ungenutzt.

Ivanna Sakhno – Allein gegen das Drehbuch
Ein Lichtblick ist Hauptdarstellerin Ivanna Sakhno. Sie kämpft nicht nur gegen Kälte und Tod, sondern gegen ein Drehbuch, das ihr kaum Worte gibt. Ihre Körpersprache trägt die Emotion. Ihre Augen zeigen Wut, Angst und inneren Widerstand. Sie ist präsent – doch ohne erzählerischen Anker bleibt ihre Leistung ohne Wirkungskraft. Man sieht Leid, aber man fühlt es nicht.

Der wahre Horror: Gleichgültigkeit
Viele Horrorfilme scheitern am Übertreiben. Let It Snow scheitert am Gegenteil – am Nicht-Erzählen. Der Tod ist hier nicht dramatisch, sondern beiläufig. Und das ist ein gefährlicher Balanceakt: Wenn uns die Figuren egal sind, wird auch ihre Angst bedeutungslos.

Let It Snow ist wie ein einsamer Berggipfel: Eindrucksvoll aus der Ferne, aber kalt und lebensfeindlich in der Nähe. Wer experimentellen, stillen Horror mag und Bilder über Handlung stellt, kann hier fündig werden. Wer einen Spannungsbogen erwartet, findet nur Schneespuren, die ins Nichts führen.

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