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Kingmaker

Dänemarks Machtspiel um Wahrheit, Medien und politische Moral


09.11.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Kingmaker Bild Kingmaker Screenshot Kingmaker Foto

Fast zwanzig Jahre nach dem gefeierten Politthriller Kongekabale kehrt Journalist Ulrik Torp zurück – älter, abgekämpfter, aber nicht weniger unbeugsam. Kingmaker (Originaltitel: Mørkeland) führt die Geschichte des einstigen Enthüllungsreporters fort und zeigt, wie sich die politische Landschaft ebenso verändert hat wie der Journalismus selbst. Regisseur Per Fly inszeniert dabei kein Actionfeuerwerk, sondern einen stillen, düsteren und erschreckend realistischen Blick auf Macht, Manipulation und Medien in einer digitalisierten Demokratie.

Ein Journalist im Schatten seiner Vergangenheit
Ulrik Torp, gespielt von einem erneut starken Anders W. Berthelsen, ist nicht mehr der investigative Shootingstar aus alten Tagen. Nach Entlassungen, Burn-out und einer längeren Durststrecke findet er sich als Praktikant an seinem früheren Arbeitsplatz wieder – dem „Dagbladet“. Dort wird er von seinem alten Kollegen Henrik Moll (Nicolas Bro) gebeten, über einen mysteriösen Mord im Innenministerium zu berichten.

Was als Routinefall beginnt, entwickelt sich langsam, fast zäh, zu einer gefährlichen Spurensuche in den oberen Reihen der dänischen Politik. Torp stößt auf eine Gruppe ehemaliger Spitzenbeamter und Politiker, die hinter den Kulissen versuchen, Einfluss auf die Regierung zu nehmen – koste es, was es wolle.

Von Königsmachern und Machtspielern
Der Film trägt seinen Titel nicht ohne Grund. „Kingmaker“ steht sinnbildlich für jene, die Könige schaffen – und stürzen. Es geht um Macht hinter der Macht, um Strippenzieher, die ihre Interessen mit politischer Rhetorik tarnen. Der Zuschauer taucht in ein Netz aus Intrigen, Manipulation und Wahlbetrug ein, das bedrückend aktuell wirkt.

Gerade in Zeiten von Fake News, Social-Media-Kampagnen und sinkendem Vertrauen in die Presse trifft Kingmaker einen wunden Punkt. Der Film zeigt, wie leicht sich Öffentlichkeit steuern lässt – und wie schwer es geworden ist, echte Wahrheit von gezielter Desinformation zu unterscheiden.

Ein Thriller mit Geduld – vielleicht zu viel davon
So intensiv die Thematik ist, so gemächlich entfaltet sich die Handlung. Kingmaker lässt sich Zeit, manchmal zu viel. Erst nach rund 45 Minuten nimmt der Film Fahrt auf, nachdem er sich ausführlich in Torps persönlicher Misere verliert. Die langsame Erzählweise passt zwar zur introspektiven Stimmung, verlangt dem Publikum aber Durchhaltevermögen ab.

Doch sobald die Geschichte ins Rollen kommt, entfaltet sich ein Sog, der an die großen Politthriller der 70er erinnert – Die Unbestechlichen, Die drei Tage des Condor, The Parallax View. Dänemark liefert hier eine eigene, nordisch-nüchterne Variante davon. Keine Effekthascherei, kein Hollywood-Pathos – stattdessen Realismus und moralische Grauzonen.

Anders W. Berthelsen trägt den Film mit müder Größe
Berthelsen, der seit Jahrzehnten zu den zuverlässigsten Gesichtern des dänischen Kinos gehört, spielt Torp mit leiser, fast resignierter Intensität. Man sieht ihm an, dass die Jahre nicht spurlos vergangen sind – körperlich wie seelisch. Diese Müdigkeit wird zur Stärke des Films, weil sie perfekt zu seiner Figur passt.

Unterstützt wird er von einem soliden Ensemble, allen voran Nicolas Bro, der als Chefredakteur zwischen Loyalität und Zynismus schwankt. Die Nebenrollen sind sparsam, aber präzise besetzt – jeder Satz, jeder Blick hat Gewicht.

Ein Spiegel der Gegenwart
Was Kingmaker so eindringlich macht, ist seine politische Relevanz. Er zeigt nicht nur die Gefahren korrupter Machtstrukturen, sondern auch die Erosion journalistischer Verantwortung in einer Welt der Klickzahlen. Torps Kampf um Wahrheit wirkt wie ein Kommentar auf unsere Zeit – ein Ruf nach Integrität in einem System, das längst andere Prioritäten kennt.

Dass der Film manchmal schwerfällig wirkt, ist vielleicht gerade seine Ehrlichkeit. Politik ist kein Hochglanzprodukt, sondern zäh, schmutzig, moralisch grau. Kingmaker zeigt das – ungeschminkt, kompromisslos und beklemmend realistisch.

Kingmaker ist kein Thriller für Adrenalinjunkies, sondern ein Film für jene, die bereit sind, zuzuhören. Langsam, klug, bitter – und in seiner politischen Dimension aktueller denn je. Wer Geduld mitbringt, wird mit einem vielschichtigen Drama belohnt, das den Journalismus als letzte Bastion gegen Machtmissbrauch zeigt. Ein würdiger Nachfolger zu Kongekabale – vielleicht nicht größer, aber ehrlicher.

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