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Gefährten des Todes Review


2010-04-18  Tonio Gas  13 Likes  0 Kommentare 
Gefährten des Todes (The Deadly Companions), Western, USA 1961, 90 Min., Regie: Sam Peckinpah, mit Maureen O'Hara, Brian Keith, Steve Cochran, Chill Wills

"Gefährten des Todes" ist ein frühes Kinowerk des hauptsächlich für Western und Action bekannten Regisseurs Sam Peckinpah. Wer bei diesem Namen an Kugelballette und Gewaltexzesse in Zeitlupe denkt, könnte sich zunächst wundern, denn solches gab es erst beim späteren Peckinpah. Doch ein genauer Blick lohnt! "Gefährten des Todes" ist ein ungewöhnlicher Western und ein bißchen seiner Zeit voraus. Eigentlich ist es nämlich schon ein Abgesang auf die hehren Werte und Kodizes des Genres. Der Bürgerkrieg ist längst vorbei, gut und böse kann man nicht mehr so leicht auseinanderhalten, die "Rothäute" sind auch nicht mehr, was sie mal waren, und ausgerechnet ein Weißer hat einen anderen Weißen vor Jahren einmal skalpiert. Das Opfer, der eigentlich erst später im Zuge von Eastwoods Spaghettiwestern berühmte "Fremde ohne Namen" (Brian Keith) kommt in eine Bar und schließt sich zwei Banditen (Steve Cochran und Chill Wills) an. Der Namenlose (laut imdb "Yellowleg", was kaum wie ein echter Geburtsname klingt und nie von Bedeutung ist) hat versucht, sich einen Schutzpanzer durch den Hut zuzulegen, den er nie abnimmt. Aber er ist emotional verkrüppelt, versinnbildlicht durch eine physische Behinderung: Da noch eine Kugel in seinem rechten Arm steckt, kann er diesen kaum hoch genug heben, um ein guter Pistolenschütze zu sein.

Und ausgerechnet diese Behinderung ist es, die gleich in der Anfangsphase des Filmes mit einer festen Genrekonvention auf katastrophale Weise bricht: In einer wilden Schießerei tötet der Fremde aus Versehen ein Kind, das zuvor als Sympathieträger, da als zu Unrecht Ausgestoßener präsentiert wurde. Auch die Mutter "Kit" (Maureen O'Hara) ist eine Ausgestoßene: Dass sie das Kind von einem Mann hat, den sie in einer weit entfernten, heute längst verlassenen Stadt begraben musste, glaubt ihr niemand. Doch komme, was wolle, Kit hat sich in den Kopf gesetzt, den Sohn bei dem Vater beizusetzen und muss dazu durch unwegsames Indianerland reisen. Ausgerechnet der Fremde besteht darauf, sie zu begleiten. Möchte er dadurch Buße tun? Und warum ist er so interessiert daran, seine beiden neuen Spießgesellen dabeizuhaben?

Peckinpah erzählt diese ungewöhnliche Reise nicht nur als Trip eines Mannes, der einer Frau und damit sich selbst helfen will. Er zeigt dadurch nicht nur ungewöhnliche Psychogramme von verletzlichen oder verdorbenen Männern und einer starken Frau. Auch die Gesellschaft, in die das alles eingebettet ist, kennt ihre alte Ordnung nicht mehr. Weiße skalpieren, "Rote" saufen und überfallen Kutschen in der Art des weißen Mannes. In einer Stadt weiß man seit zwei Jahren die Wochentage nicht mehr, und so findet der Gottesdienst - vielleicht - werktags statt. Dass keine Kirche zur Verfügung steht und mal eben Bilder von nackten Frauen im Saloon zugedeckt werden müssen, zeigt ebenfalls, wie stark Dinge vermischt werden, die man sich eigentlich sauber geschieden vorstellt. Am allerwenigsten kann man sich auf die öffentlichen Gewalten verlassen. Ein Sheriff kommt hier nie vor, und Gangster Turk (Chill Wills) schwadroniert die ganze Zeit davon, dass er ausgerechnet Indianer als Söldner anheuern, ihnen Uniformen machen und einen Staat gründen will - das alles mit ihm als General und auf der Grundlage der Beute eines Bankraubes. Auch ein Statement zu dem, was Amerika groß gemacht hat. Dieser Western legt also seinen Finger in ein paar Wunden und regt zum Nachdenken an. Daneben ist er auch von einer niemals kitschigen, wehmütigen Schönheit. Hierzu trägt beispielsweise die ungewöhnliche Filmmusik von Marlin Skiles bei. Er wählt weder einen wuchtigen sinfonischen noch einen aus einfachen Westernmelodien bestehenden Track - dies waren im wesentlichen die damals üblichen Varianten. Statt dessen gibt es ein reduziertes Ensemble, in dem oftmals ein Akkordeon und eine Gitarre hervorstechen oder ganz allein zu hören sind. Doch sie spielen nur selten gefällige Balladen, sondern untermalen die Stimmung mit nachdenklichen Tönen und ungewöhnlichen Harmonien. Kongenial ist des weiteren die wie immer phantastische Fotografie von William H. Clothier. Er war einer der gefragtesten Outdoor-Kameramänner und kann sehr nuanciert mit Licht umgehen, um wirklich jede der verschiedenen Tageszeiten und Stimmungen perfekt einzufangen.

Ein Wort zu den Hauptdarstellern: Maureen O'Hara ist die gewohnt couragierte Westernerin, Brian Keith erinnert ein bißchen an John Wayne - und ich habe mich gefragt, ob der echte "Duke" nicht noch besser gewesen wäre, der ja ein Stamm-Partner der O'Hara war. Sein Charisma hätte den Film vielleicht noch mehr belebt, zumal der Duke durchaus auch gebrochene, verletzliche Helden spielen konnte. Doch ob man sich ein Schlussbild hätte vorstellen können, in dem Wayne radikal seinen Schutzpanzer (seinen Hut) ablegt und an O'Haras Brust sinkt wie ein Kind zu seiner Mutter? Die Geste und die Positionierung lassen keinen Zweifel, wer hier der Stärkere und wer der Schwächere ist, und dies hätte Wayne, der ja gegen Ende immer noch die Kurve kriegt, vielleicht doch nicht mitgemacht. Von daher mag es konsequent sein, dass in diesem ungewöhnlichen Western nur die stärkste Rolle mit einem wirklich großen Star besetzt ist - erfreulicherweise ist es eine Frau. Auch darin ist dieser Western also ungewöhnlich, den man sich nicht entgehen lassen und bei dem man genau hinsehen sollte.

Die DVD bietet in guter Bild- und Tonqualität die deutsch synchronisierte und die englische Orginalversion, leider ohne Untertitel. Die Sahnehäubchen des Bonusmaterials sind ein deutscher Audiokommentar von Mike Siegel sowie ein Dokumentarfilm über "The Early Sam" (Peckinpah).

Ungewöhnlicher Todes-Treck, der ohne Peckinpah-Gewaltexzesse auskommt, aber in jeder Hinsicht beeindruckt.

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   Titel Sam Peckinpahs Gefährten des Todes [Special Edition]
   Genre
   Release 2010-04-09
   Systeme
   Publisher Koch Media GmbH - DVD
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
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