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Frankenstein Review

Monster-Epos voller Schmerz, Schönheit und Menschlichkeit


13.11.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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Guillermo del Toro hat es wieder getan. Und vielleicht hat er diesmal sogar sein persönlichstes, verletzlichstes Werk geschaffen. Frankenstein (2025) ist kein klassischer Horrorfilm, kein Creature Feature und schon gar kein Remake für Zwischendurch – es ist ein großes, traurig-schönes Gothic-Drama, das Mary Shelleys Kern aufgreift und gleichzeitig Del Toros unverwechselbare Handschrift atmet. Ein Film, der atmet, blutet, liebt und leidet. Und der einem noch lange nach dem Abspann unter der Haut bleibt.

Ein Monster, das so menschlich ist, dass es wehtut
Schon in den ersten Minuten wird klar: Diese Version des Monsters ist keine stumme, tapsige Kreatur, sondern ein fühlendes Wesen, das in seiner Haut gefangen ist. Jacob Elordi – ja, der Jacob Elordi – liefert die bisher stärkste Leistung seiner Karriere. Sein Wesen ist gleichzeitig furchterregend und zerbrechlich, brutal und sanft. Man nimmt ihm jedes Zucken, jede Träne, jede Selbstverachtung ab.

Del Toro zeigt die Kreatur nicht als Metapher, nicht als Schockeffekt, sondern als Tragödie. Ein Wesen, das nie darum gebeten hat, zu leben – und das dennoch verzweifelt nach einem Platz in der Welt sucht.

Victor Frankenstein als Täter, Genie und gebrochener Mensch
Oscar Isaac brilliert als Victor Frankenstein. Kein Hollywood-Genie, kein romantischer Held – sondern ein Mann, zerrissen von Obsessionen, Schuld und Wahnsinn. Er ist brillant und feige, schuldig und zugleich selbst Opfer seiner eigenen Hybris. Isaac gibt der Figur eine Tiefe, die selten so klar herausgearbeitet wurde: ein Mann, der Leben erschafft und gleichzeitig zerstört, weil er nicht versteht, was Verantwortung bedeutet.

Die Dynamik zwischen Victor und der Kreatur ist das Herz des Films. Eine toxische Vater-Sohn-Beziehung, erzählt wie ein verzweifeltes Klagelied.

Eine Welt aus Schatten, Schnee und Blut – visuell überwältigend

Man erkennt Del Toro in jeder Sekunde.


Die gotischen Sets sind opulent, voller Texturen, Schatten, Staub. Die Kamera schwebt durch Kathedralen, Labore und Schneelandschaften wie ein geisterhaftes Wesen. Alles wirkt wie ein düsteres Gemälde, jedes Bild könnte ein Poster sein.

Die Entscheidung, viele Effekte praktisch umzusetzen, zahlt sich aus: Die Welt fühlt sich greifbar an, kalt, nass, schwer. Es ist ein Film, der nach Kerzenwachs riecht, nach Metall und winterlicher Luft. Ein Film, der Atmosphäre nicht spielt – er beschwört sie.

Der Score von Alexandre Desplat verstärkt diese emotionale Wucht: mal leise, mal opernhaft, und immer zutiefst melancholisch.

Zwischen Treue und Mut: Del Toro schreibt Shelley weiter – nicht um
Der Film ist nicht sklavisch nah an der Vorlage – und das ist gut so. Del Toro hält die Essenz von Shelleys Geschichte fest: Einsamkeit, Verantwortung, die Konsequenzen wissenschaftlicher Hybris. Gleichzeitig nimmt er sich erzählerische Freiheiten, die den Stoff emotionaler, moderner und persönlicher machen.

Manche Figuren sind anders, manche Wege neu gedacht – aber der Kern bleibt: Wer ist hier wirklich das Monster?

Die Antwort trifft härter, als man erwartet.


Brutal, poetisch, tieftraurig – und manchmal überlang
Es wäre kein Del-Toro-Film ohne eine Prise Melodram. Und ja, Frankenstein ist lang. Vielleicht ein bisschen zu lang. Manche Szenen verharren eine Spur zu intensiv im Gefühl, manche Dialoge wiederholen bereits Gesagtes. Aber gleichzeitig ist genau das Teil der Inszenierung: Dieser Film will nicht hetzen, er will fühlen.

Und wenn er trifft, dann trifft er wie ein Vorschlaghammer ins Herz.



Guillermo del Toros Frankenstein ist ein düsteres Kunstwerk: technisch meisterhaft, emotional verheerend und getragen von zwei überragenden Hauptdarstellern. Es ist kein Popcorn-Horror, sondern eine tragische Oper über Leben, Tod, Einsamkeit und Verantwortung. Ein Film, der sich tief in die Seele brennt und dort bleibt. Ein modernes Monster-Meisterwerk – im besten Sinne.

Punktewertung

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