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Ein Mann wie Dynamit Review


2010-02-20  Tonio Gas  13 Likes  0 Kommentare 
Ein Mann wie Dynamit (The Restless Breed), Western, USA 1957, 81 Min., Regie: Allan Dwan, mit Scott Brady, Anne Bancroft

Stolz kündigt das Cover Vol. 1 einer Reihe "vergessene Western" an. Ein lobenswertes Motiv - aber der vorliegende Film ist allenfalls Durchschnitt, ein vergessener wie zu vergessender Western, und die Edition ist ebenfalls nicht gerade herausragend. Vollbild statt 1:1,85, keine Untertitel (immerhin aber deutscher und englischer Ton), die falsche Coverangabe "schwarzweiß" und bei einem ansonsten ganz ordentlichen Bild reichlich patinierte Farben.

Das Beste, was man über die Geschichte eines Revolverhelden, der den Tod seines Vaters rächt und in einem Sündenpfuhl aufräumt, sagen kann: Sie ist immerhin nicht langweilig. Das ist recht brauchbare Konfektionsware, weswegen die Hälfte der Punkte vergeben werden kann. Mehr aber auch nicht, leider! Große Teile sind haarklein vorhersehbar, man hat sowas einfach schon viel zu oft gesehen, die Inszenierung ist dramatisch wie stilistisch uninteressant, und die Hauptdarsteller können kaum überzeugen: Scott Brady als harter Knochen wirkt allzu gewollt und ein bißchen hölzern, er hat einfach nicht die stoische Ruhe mit den traurigen Augen eines Robert Mitchum und nicht die schnodderige harte Coolness des jungen Clint Eastwood. Er zieht seine Rachesprüche ab und baggert nicht minder subtil seinen love interest an, der mit einem aufgezwungenen Kuss in höchste Verzückung zu bringen ist. Überhaupt, dieser love interest. "Angelita" eine mexikanische Adoptivtochter eines Laienpredigers, trägt den Diminutiv im Namen völlig zu Recht, denn sie ist noch ein halbes Kind, und Drehbuch wie Brady behandeln sie auch so. "Mein Püppchen", "mein Kind" muss sie sich von Brady sagen lassen - und istnur das schmachtende Kindfrauchen an seiner Seite. Das ist insbesondere deswegen schade, weil sie von Anne Bancroft gespielt wird. Diese Darstellerin schätze ich wirklich sehr, aber trotz eines beeindruckenden Debüts in "Versuchung auf 809" (1953) musste sie in den ersten Jahren ihrer Filmkarriere wirklich grenzwertige Rollen annehmen. Diese Angelita scheint gemäß einem sexy Bild, das die Kamera viel zu oft betonen zu meinen glaubt, ein heißer Feger und eine feurige Tänzerin zu sein. Aber im bewegten Bild sehen wir davon wenig, nur ein bißchen am Anfang - anschließend wird sie schmachtend, züchtig, und man kann sich so richtig schön vorstellen, wie sie ihrem Mann die Hausschuhe hinterhertragen wird. Bei so einer Rollenanlage und dem minimalen bis unangenehmen Aufwand, den Brady betreiben muss, um sie rumzukriegen, wirkt die Liebesgeschichte unglaubwürdig bzw. lässt den Betrachter kalt.

Immerhin, die handelsüblichen Actionszenen sind solide, wenngleich man den Eindruck eines typischen B-Filmes hat. In einer Szene erkennbar Kulissenhintergrund, eher wenig bekannte Darsteller (bzw. bei der Bancroft jemand, der seine große Karriere noch vor sich hatte), keine Massenszenen und spektakulären Schauplätze, ein paarmal völlig unmotiviert Sonnenauf- oder -untergänge (aus dem Archiv?) hereingeschnippelt. Manche B-Filme können solche Mankos durch wirklich originelle Kreativität mehr als wettmachen, dieser hier kann es nicht.

War Regisseur Allan Dwan nicht mehr auf der Höhe seines Schaffens? Man muss es fast befürchten. Es widerstrebt mir generell, einen Regisseur (wie allgemein einen Künstler) vorschnell zum alten Eisen zu erklären, aber bei Dwan (*1885) hat man den Eindruck, dass er nur noch auf Autopilot lief. Der Mann war ein Filmpionier, hatte seit den zehner Jahren gearbeitet, hatte fast die gesamte technische Entwicklung des Filmens mitbekommen, und seine mir bekannten Spätwerke (z.B. "Die Flucht durch Burma", 1955) haben alle etwas allzu Routiniertes und gelegentlich Unausgegorenes. So wird in "Ein Mann wie Dynamit" eine geheimnisvolle Figur eingeführt, die nie spricht, aber alles beobachtet - doch sie entpuppt sich letztlich als banale Nebenfigur, die ebenso banal wieder aus der Geschichte verschwindet. Hmmm. war Dwan einfach froh, in Hollywood noch arbeiten zu können? Es gibt natürlich jede Menge Gegenbeispiele von Regisseuren, deren Alter vor Kreativität nicht schützt - Clint Eastwoods neuester Film kommt übermorgen in die deutschen Kinos, der Mann ist als Künstler (zu Recht) anerkannt wie nie und wird im Mai 80, um nur mal ein Beispiel zu nennen. Bei Dwan hat man hingegen den Eindruck, ab Mitte der 50er Jahre des 20. Jh. war die Luft raus. Und auch wenn in "Ein Mann wie Dynamit" scharf geschossen wird: Ins Herz des Zuschauers trifft der Film nicht.

Ein Western, wie viele andere auch. Kann man mal sehen. Muss man aber nicht.

Punktewertung

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   Titel Ein Mann wie Dynamit - Vergessene Western Vol. 1
   Genre
   Release 2010-02-19
   Systeme
   Publisher Voulez Vous Film (Intergroove)
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 12 Jahren Jahren
   Homepage
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