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Aileen: Queen of the Serial Killers

Ein Spiegel in die Tiefe


11.11.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
Aileen: Queen of the Serial Killers Bild Aileen: Queen of the Serial Killers Screenshot Aileen: Queen of the Serial Killers Foto

Aileen Wuornos – der Name steht für eine der berüchtigtsten Serienmörderinnen der USA. Doch die neue Netflix -Dokumentation Aileen: Queen of the Serial Killers versucht mehr, als bloß die Chronik ihrer Taten zu erzählen. Sie will verstehen. Und genau darin liegt ihre Stärke – und ihre Schwäche zugleich.

Ein vertrautes Gesicht, ein neuer Blick
Wer sich im True-Crime-Genre auskennt, wird vieles wiedererkennen: bekannte Interviews, Gerichtsaussagen, alte Fernsehaufnahmen. Neu ist weniger das Material, sondern der Blickwinkel. Statt die Mörderin als Monster zu präsentieren, sucht der Film nach dem Menschen dahinter – nach dem Mädchen, das früh missbraucht, verstoßen und vergessen wurde.

Diese Perspektive bringt Tiefe, lässt den Zuschauer Aileens Zerrissenheit spüren – aber sie verwischt auch Grenzen. Denn zwischen Verständnis und Verklärung ist der Abstand gefährlich klein. Manche Szenen wirken, als wolle man die Schuld relativieren, anstatt sie zu konfrontieren.

Zwischen Einfühlungsversuch und Einseitigkeit
Es ist ein Film, der Mitgefühl wecken will – und das gelingt durchaus. Man sieht eine Frau, die aus ihrer Wut, Angst und seelischen Zerstörung heraus handelte. Doch die Dokumentation verpasst es, den Fokus auch auf die Opfer zu richten. Die Männer, die Aileen tötete, bleiben schemenhaft, kaum mehr als Namen in der Statistik. Dadurch verliert der Film die Balance, die er selbst zu halten versucht.

Statt einer neutralen Analyse entsteht so eine Art emotionale Verteidigungsrede – interessant, aber einseitig. Das Publikum wird gezwungen, die moralische Bewertung selbst zu übernehmen, und nicht jeder wird sich dabei wohlfühlen.

Starke Atmosphäre, schwaches Fundament
Handwerklich ist Aileen: Queen of the Serial Killers solide gemacht. Die Archivaufnahmen sind sauber restauriert, die ruhige Tonspur erzeugt eine beklemmende Dichte. Die Gespräche und Briefe aus dem Todestrakt zählen zu den stärksten Momenten des Films – sie zeigen eine Frau, die zwischen Wahnsinn, Reue und Trotz schwankt.

Doch die Struktur wirkt brüchig. Der Film verliert sich immer wieder in Nebenschauplätzen – etwa in der Beziehung zu ihrer damaligen Partnerin – und übersieht dabei das zentrale Thema: Warum Aileen wirklich mordete. So bleibt vieles angedeutet, aber wenig erklärt.

Ein Spiegel der Abgründe – aber kein neues Kapitel
Am Ende ist diese Doku kein bahnbrechender Beitrag zur Geschichte von Aileen Wuornos, sondern ein weiterer Versuch, ihre Figur zu entschlüsseln. Sie zeigt, dass sich Schuld und Trauma nicht klar voneinander trennen lassen – dass in einer Welt voller Gewalt selbst Täter manchmal Opfer sind.

Und doch bleibt der Eindruck, dass hier mehr möglich gewesen wäre. Ein stärkerer Fokus auf die psychologischen Hintergründe, mehr Distanz in der Erzählung – und Aileen: Queen of the Serial Killers hätte ein wirklich tiefgehendes Porträt werden können, statt eines soliden, aber unentschlossenen Films über Schuld und Sympathie.

Ein intensives, aber nicht ausgewogenes Porträt – emotional, visuell stark, inhaltlich jedoch zu einseitig. Wer Aileens Geschichte kennt, findet hier wenig Neues, aber eine eindrucksvolle Erinnerung daran, wie dünn die Grenze zwischen Opfer und Täterin sein kann.

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