Filme » Reviews

St. George und der Drache Review


2010-11-15  Tonio Gas  13 Likes  0 Kommentare 
Zaubermittelchen aus dem Märchenreich sind die Vorläufer psychedelischer Drogen - in echt!
Rezension zu "St. George und der Drache", USA 1962, (sehr viel) Farbe, deutscher und englischer Ton, 77 Minuten, mit Basis Rathbone, Regie und vieles andere: Bert I. Gordon

Der sehr böse Zauberer Lodac (Basil Rathbone) entführt sehr blonde Frauen, um einmal pro Woche seinem (Pappmaché-)Drachen Futter zu geben. Nun hat es eine noch viel blondere Prinzessin erwischt; zur Rettungsind sieben Flüche zu überwinden. Ein Grünschnabel macht sich mit sieben (als Flüchefutter schnell verheizten) Recken auf den Weg, und mit einem Nebenbuhler, von dem wir sofort ahnen, dass er mit Lodac unter einer Decke steckt. Aber unser jugendlicher Held hat noch die Hilfe seiner Adoptivmutter, der mächtigen, aber etwas schusseligen Zauberin Sybil. Natürlich wird das Gute siegen! Dieser Film ist sicherlich nicht anspruchsvoll! Dennoch - die gnadenlose imdb-Wertung von 3,5 Punkten (Maximum: 10), die hat er nicht verdient! Denn "St. George und der Drache" ist eine hübsch kurzweilige Märchenunterhaltung mit einem gewissen trashigen Charme. Handwerklich ist er immerhin deutlich besser als Ed-Wood-Filme (zugegeben, das heißt nicht viel), und vor allem nie langweilig. Wer sich an der simplen Geschichte, vorhersehbaren Plot-Elementen und gehäuften Klischees nicht gerade stört, kann dem Ganzen einen gewissen Charme abgewinnen. Zum einen sind Witze, die man kennt, oft nicht schlecht, und leben gewisse Wendungen einfach davon, dass das Erwartete eintritt - zumal, wenn es ein bißchen mit Schadenfreude gepaart ist. Konkret: Einer der Gefolgsleute unseres Retters ist Franzose und als solcher mit dem Stereotyp behaftet, dass sofort sein Verstand aussetzt, wenn eine schöne Frau in seinen Blick gerät. Also kreuzt auf einmal eine solche auf, trägt schulterfrei, hat einen verlockenden Blick und singt das Allerweltsfranzosenlied "Frère Jacques". "Ooooooh - vous êtes française?" Und nach einer Minute knutschen sie herum. Natürlich ahnen wir längst, dass das eine listige Falle des bösen Lodac ist und können es kaum erwarten, bis schniedelwutzgesteuerte Doofheit bestraft wird. Wenn sich die Schöne als alte Hexe erweist, grinsen wir uns einen, und uns hätte irgendwie etwas gefehlt, wenn der Film es gewagt hätte, komplex zu werden und die Erwartungen unserer niederen Instinkte zu unterlaufen.

Solcherart können wir den Film ganz gut auf einem tiefergelegten Level goutieren - zumal die Musik mit gelegentlich komischen fagottquakenden Melodien uns sehr genau sagt, dass sich dieser Film selbst nicht zu ernst nimmt. Dazu passt das Chargieren fast aller Darsteller, und dazu passen gewisse Extravaganzen im Design. Eine wirklich hübsch schräge Idee ist es beispielsweise, bei der Begegnung mit dem ersten Fluch die Bäume des Waldes mit freigelegten Wurzeln zu zeigen - aber sie stehen doch. Hier mussten in einem ansonsten nicht sehr aufwändigen Film tatsächlich einmal ein paar (vermutlich Studio-)Bäume so gebaut werden, dass sie trotz sichtbaren Wurzelwerks nicht umfallen. Die Idee gehört zu den besseren des Filmes, weil sich das Bild kaum aufdrängt - die Bäume sind einfach da, die Kamera betont das Irreale nicht, aber es ist eine originelle Idee, um zu zeigen, dass das "Unten" (die Macht der Hölle, des bösen Zaubers) nun nach oben gekommen ist. Ansonsten arbeitet der Film eher mit dem Offensichtlichen, aber das sorgt immerhin für viele knallige Effekte. Die Kostüme der Damen sind oft hochgeschlossen, aber so brustbetont, wie man das hochgeschlossen überhaupt hinbekommen kann. Die Farben sind sehr kreischend; ein Amazonrezensent hat das zu Recht mit den Poe-Verfilmungen Roger Cormans aus etwa derselben Zeit verglichen. In der Höhle Sybils beispielsweise ist alles in ein monochromes Rot getaucht, und sie hat eine echt schräge Entourage, bestehend aus einem Schimpansen und zwei siamesischen Zwillingen (okay, zwei Menschen in einem komischen Anzug), die auch noch synchron monotone Gemeinplätze sprechen. Schreiende Farbeffekte gibt es noch öfter - beispielsweise bei den diversen "Zaubertricks", die im Wesentlichen aus Überblendungen bestehen, wie man sie schon in der Stummfilmzeit machen konnte (an deren schräge Viragierungen, d.h. Zweifarben-Bearbeitungen von Schwarzweißmaterial, auch die Farben erinnern). Wenn einmal eine schwarz-gelbe Hypnosespirale dabei erscheint, ist dies vielleicht der Schlüssel zu "St. George und der Drache". Mehr noch als den Poe-Verfilmungen ist er den psychedelischen filmischen Drogentrips der zweiten Hälfte der 1960er Jahre verhaftet. Man weiß nicht so genau, wie gezielt. Aber es macht irgendwie Spaß. Liebe Kinder und Jugendliche, bevor Ihr Euch also bedenkliche Substanzen einwerft, versucht es bitte mit einem DVD-Abend mit "St. George und der Drache", das wirkt auch und macht keinen Kater!

Bei allem Spaß möchte ich in der Wertung versuchen, halbwegs objektiv zu bleiben. Bei einem Film, der gut unterhält und dies nicht ganz unfreiwillig tut, sind immer mehr als die Hälfte der Punkte drin. Aber allzu viel Spielraum ist da nicht mehr - wo wären ansonsten die ganzen wirklich guten Filme, oder die vielschichtigeren Filme mit kleinen Schwächen anzusiedeln? Daher 59 Punkte.

Flacher Märchenfilm mit einem gewissen Trash-Appeal und kunterbuntem Bilderquatsch, darin unbedingt unterhaltsam.

Punktewertung

Fehler gefunden? Melden.

Dieser Artikel kann Affiliate-Links enthalten, die mit gekennzeichnet sind. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für dich ändert sich dadurch nichts, auch nicht am Preis, aber du unterstützt damit dieses Projekt. Deswegen bereits im Voraus: Danke.
   Titel St. George Und Der Drache
   Genre
   Release 2010-09-24
   Systeme
   Publisher Voulez Vous (Intergroove)
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 16 Jahren Jahren
   Homepage
Werbung

Super Mario

Jetzt bestellen!
Paypal Trinkgeld