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Quest For Infamy Review


2014-07-28  Spielemagazin  11 Likes  0 Kommentare 
Wann habt ihr das letzte Mal ein richtig gutes Point-and-Click Adventure gespielt? Das goldene Zeitalter der irrwitzigen Abenteuer, die durch geniale Dialoge, Selbstironie und Pixelgrafik einzigartig wurden, scheint vorüber. Außer ein paar vereinzelten HD-Remakes gibt es an der Aktionsleisten-Front nichts Neues zu berichten. Denkste! "Quest For Infamy" haucht wieder neues Leben ins vergessene Genre. Mühelos dreht das Abenteuer mit RPG-Elementen die Uhr zurück- dabei feiert es 2014 seine Veröffentlichung. Diesmal spielt ihr aber keinen glänzenden Helden. Wer will schon berühmt werden, wenn er doch berüchtigt sein kann?

Von wegen Parabelreiter
Auf dem Pfad der Tugendhaften wandelt euer Held, Roehm, eher ungerne. Bereits in der Eröffnungssequenz findet sich der Rumtreiber in den Armen einer scheinbar sehr von ihm angetanen Maid wieder. Dabei handelt es sich um keine Geringere als die Tochter des Barons. Das Drama ist vorprogrammiert, denn der Herr Papa klopft auch prompt an der Tür und bricht kurzerhand die Tür auf (Das Leben als Tür ist in "Quest For Infamy" ziemlich gefährlich). Nach einer Slapstick-Hetzjagd durch das Anwesen gelingt es Roehm, durch das Fenster zu fliehen und den Baron hinter sich zu lassen. Lange laufen muss er nicht, schon bald findet er einen freundlichen Heulieferanten, der sich bereiterklärt, den flüchtigen Lover mitzunehmen,
Eines Tages kommt das kleine Gespann in einem Dorf namens Volksville an. Willkommen in eurem neuen Zuhause.

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Von Udo, einem Gemischtwarenhändler, kriegt ihr zwar eine Übersicht über die Stadt, das macht eine Erkundung auf eigene Faust aber nicht vermeidbar. Es wäre auch schade drum, denn Volksville wimmelt vor schrägen Gestalten, die es lohnt, kennenzulernen. Zum Sammelsurium gehören unter anderem einige Diebe, ein sarkastischer Magier, Gasthausbetreiber Kessel und seine liebreizende Tochter Ina, einen trinkenden Bruce Willis Verschnitt, einen deutschen Apotheker, Stadtdiktator Rayford (Der Saftsack!) und viele mehr. Viel Zeit zum Reden hat aber keiner von ihnen, denn zufällig findet bald das Nonplusultra mittelalterlicher Unterhaltung statt: Ein Mörder und Dieb soll öffentlich hingerichtet werden (auch ihr habt die Chance hingerichtet zu werden, wenn ihr aus Frust die Tür von Rayford (dem Saftsack!) eintretet).
Schon bald habt ihr die Möglichkeit, einen von 3 Pfaden zu wählen: ihr könnt Dieb, Magier oder Schläger werden, eure Aufträge sind natürlich völlig gesetzeskonform *hust*.
Bereits in der ersten Nacht sollt ihr einen Bärenmutanten erschlagen, die Gründe sind verschieden, manche wollen das Blut, andere die Zähne aus purem Silber. Schafft ihr das, seid ihr offiziell auf eurem Pfad aufgenommen, der die Reaktionen eures Charakters und dessen Verhalten beeinflusst.

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Doch kurz nach eurem Abstecher zu dem Silberzahnbären überschlagen sich die Ereignisse. Ihr erfahrt, dass der hingerichtete Dieb einer von Redfords Vertrauten war und die Todesstrafe völlig unüblich. Die Brücke, die das Dorf mit dem Rest der Welt verbindet, wird durch randalierendes Gletschereis in Stücke geschlagen und ein seltsamer Kult beginnt Ermittlungen gegen den Fremden, der das Haustier des Meister auf dem Gewissen hat, einen Bären mit Silberzähnen!
Zu allem Überfluss scheint die Ankunft eines eigenartigen Gottes unbehaglich nahe zu sein.

Born to be Wild!
Doch darauf, den leuchtenden Ritter zu geben, hat Roehm so gar keine Lust. Nicht in einem Dorf wie Volksville. Ihr seid dabei, euch euren Ruf hart zu erkämpfen und gute Taten helfen da nicht.
Stattdessen beklaut ihr die Mitbürger, schlagt Goblins zusammen, prügelt euch mit dem Dorfbully, betrinkt euch heftig, beleidigt Jäger, tretet unschuldige Türen ein und genießt die Gesellschaft der vielen schönen Damen im Dorf. Ihr könnt rauchen gehen und danach weitertrinken, Hauptsache euer Ruf steigt! Langeweile kommt da garantiert nicht auf, denn jeder Auftrag ist anders und bringt unbekannte Elemente ins Spiel. Ihr wollt Wetttrinken? Dafür müsst ihr bloß stets auf den Knopf zum Weitertrinken statt den zum Aufgaben drücken. Aber das wäre zu einfach, darum macht eure Maus mit dem steigenden Alkoholgehalt immer stärkere Ausschläge und die Buttons werden unleserlicher. Das Kampfsystem ist rundenbasiert und lässt euch die Wahl des Stichs, Schlags, Schwingers, selbst Heiltränke könnt ihr nehmen. Braucht ihr aber zu lange, wird eure Runde übersprungen und der Gegner nutzt seine Chance. Das Gameplay wird durch die verschiedenen Elemente erfrischend abwechslungsreich und dürft vor allzu großem Frust bewahren, spielen könnt ihr das komplette Spiel alleine mit einer Maus.
Besonders die Schreibarbeit, die bei "Quest for Infamy" geleistet wurde, ist brillant. Fast alles kann untersucht werden und ist interaktiv, Dialoge und Handlung sind stark gefärbt vom typischen, urkomischen Charme älterer Adventures. Kein Gespräch ist langweilig und wird beim ersten Mal garantiert nicht weggeklickt, zuhören lohnt sich.

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Auch Rollenspielelemente haben Einzug in "Quest for Infamy" gefunden. Geht ihr an den oberen Rand des Spielfensters , findet ihr neben euren möglichen Aktionen, dem Speicherbildschirm und der Tagesanzeige auch euer Inventar und eure Stats, die ihr durch verschiedene Handlungen wie Kämpfen aufbessern könnt.
  • In der Tagesanzeige werden eure vergangenen Tage und die aktuelle Tageszeit angezeigt. Ihr habt die Möglichkeit, euch auszuruhen oder zu schlafen.

  • Im Inventar könnt ihr gefundene Gegenstände kombinieren. Die Lösungen zu Kombinationen oder Rätseln sind, wie in solchen Spielen üblich, sehr abstrakt und verlangen zeitweise viel Erkundungsarbeit, die das Ergebnis aber mehr als wert ist.2014-07-21_00013

  • Im Speicherbildschirm könnt ihr natürlich speichern, logisch. Und das solltet ihr oft tun, denn es wird häufig vorkommen, dass euch unvorhergesehen das Zeitliche segnet. In Volksville lauert praktisch Gefahr hinter jeder Ecke und Hecke, wenn ihr dann zwei Stunden von neu beginnen müsst kann das den Spielspaß stark verderben. Bei besonders wichtigen Spielabschnitten sind Autosaves eingerichtet.

Fensterfrust
Mit einer kompletten Steuerung per Maus ist bei Point-and-Click-Abenteuern an sich nichts verkehrt. Mit der rechten Maustaste schaltet ihr eure Befehle durch: Reden mit, Nehmen/Berühren, Ansehen, Item anwenden auf, Angreifen.
Mit links interagiert ihr entsprechend den Befehlen, klickt eure Gesprächsthemen zusammen, spielt Spiele und bewegt euch. Letzteres gestaltet sich davon noch am schwierigsten, vor allem, wenn ihr die Szenerie wechseln wollt und dafür an den Bildschirmrand klickt. Denn das Spiel startet im Fenstermodus und bietet keine Möglichkeit, die Auflösung und den Anzeigemodus des Spiels anzupassen, ein Optionsmenü fehlt völlig.
Die geringe Auflösung kommt der Grafik des Spiels sicher zugute, für den Spieler hingegen bedeutet das in vielen Situationen eine völlig unpassende Unterbrechung des Spiels, zumal die Zonen, die für einen Übergang in die nächste Szene angeklickt werden müssen, recht klein gewählt sind

Wie sieht's aus?
Die grafische Darstellung ist fantastisch umgesetzt und trifft bei der Erschaffung einer altbekannten Atmosphäre den Nagel auf den Kopf. Hintergründe sind liebevoll gestaltet und wirken, zusammen mit den dargestellten Charakteren, alt, aber keinesfalls schäbig. Sämtliche Szenarien sind vielfältig und bunt, kommen aber gleichzeitig herrlich gut ohne HD-Texturen oder Ähnliches aus.

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Auch im Sound steht der Titel seinen Vorbildern in nichts nach. Die Tracks machen Spaß und sind angenehm zu hören, alle Einzelteile dieses Spiels fügen sich zu einem großartigen Ganzen, dass eine Zeitreise ins goldene Zeitalter ermöglicht, dabei aber die Qualität eines spaßigen und spannenden Adventures zu halten.
Eine weitere großartige Ergänzung ist die Wahl der Synchronsprecher, die ihre Charaktere wunderbar ergänzen und fantastische Arbeit leisten. Akzente sind gekonnt überspitzt und gut eingesetzt.

Pro
  • Großartige Story, großartige Dialoge: Lesen macht hier selbst Storymuffeln Spaß!

  • Fantastische Grafik, die jede Stadt und jeden Sumpf lebhaft wirken lassen.

  • Synchronsprecher leisten sehr gute Arbeit, der Sound weiß zu überzeugen.

Contra

  • Der Fenstermodus ist beim Wechseln zwischen Szenarien unpraktisch.

  • Für Neulinge im Genre vielleicht etwas schwer.

  • Rayford (der Saftsack!)


"Quest For Infamy" erinnert an die goldenen Tage der Point-and-Click-Adventures und lässt dabei kein Detail aus. Wer diesen Titel spielt, wird sich verlieben.

Punktewertung

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