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The Silent House Review


2012-12-13  Dean  13 Likes  0 Kommentare 

Überblick

"La Casa Muda" - "The Silent House" ist eine von den DVDs im Regal des Medienfachverkäufers, die irgendwann für 4,99€ in der Ramschkiste landen oder gar in einer DVD-Box zusammen mit anderer B-Ware zum Schleuderpreis verkauft wird. Wieso? Weil "The Silent House" weder ein großes Budget, noch bekannte Darsteller hat und auch nicht von berühmten Filmemachern stammt. Jedoch die Tatsache, dass der 2010 erschienene Film bereits ein Jahr später von Hollywood als "Silent House" nachgemacht wurde (unter dem gleichen Regisseur) zeigt, dass "La Casa Muda" mehr ist als Ramsch. Viel viel mehr! Auf dem Cover sieht man die Hauptdarstellerin Laura mit einer schwach leuchtenden Lampe in der Dunkelheit. Ihr Hemd ist blutig, ihre Augen leer wegen der Angst, die sie durchlebt. Das FSK18 Logo verspricht zwar explizite Gewalt und Blut, ist aber nach Durchsicht des Filmes deplatziert. Hernández hat einen Horrorfilm der alten Schule geschaffen, dem es gelingt ohne Verstümmelungen oder explizite Gewaltorgien Angst zu erzeugen. "Nach einer wahren Begebenheit" , "Mit einer Digitalkamera gefilmt", "Echte Angst in Echtzeit" - der Trailer ist zweifelsohne gut. Aber hält der Film dieses Versprechen? Und was ist mit "echte Angst in Echtzeit" gemeint?

Ein Vater, eine Tochter

Der Film beginnt irgendwo im Nirgendwo. Es wird nicht gesagt, in welchem Land oder in welcher Stadt man sich befindet. Irgendwo auf dem Land steht ein altes Haus, das es zu verkaufen gilt. Der Besitzer beauftragt einen alten Freund und seine Tochter mit der Restaurierung des Gemäuers, woraufhin sich die Beiden auf den Weg machen. Quer durchs Feld, über Zäune und Stacheldrähte; zu Fuß bis zu dem Gebäude, das von Weinreben und Efeu gefesselt ist. Die Fenster sind vernagelt und kein Licht dringt ins Innere. Der Eigentümer führt die Zwei durch das Anwesen, erklärt was zu tun ist und ermahnt sie, auf keinen Fall in den zweiten Stock zu gehen, da dort die Dielen im Boden morsch sind. Eine Warnung, auf die Laura besser hätte hören sollen...

Im Haus der Vergangenheit

Das Haus ist alt - sehr alt. Zudem wurde es offenbar plötzlich verlassen und von außen mit Brettern versiegelt. Das Geschirr, die Möbel und sogar Besteck liegen herum wie gerade eben fallen gelassen. Die Treppen knarren unter dem Gewicht der schlanken Frau und kaum dass man die Lampe aus einem Raum entfernt hat, ergreift die Dunkelheit Besitz von ihm. Ob Tag oder Nacht: Im Haus herrscht Finsternis. Da es bereits Abend wird und die zwei Restauratoren einen langen Fußmarsch hinter sich hatten, beschließen sie im Wohnzimmer zu übernachten und morgen direkt in der Früh mit der Arbeit zu beginnen. Der Besitzer des Gebäudes jedoch weigert sich und fährt lieber in das weit entfernte Dorf zurück, da es im Haus weder Strom noch Wasser gibt. So machen es sich der Vater und Laura gemütlich. Sie schlafen ein und der Alptraum beginnt...

Die Schritte

Laura wacht mitten in der Nacht auf. Sie hört laute Schritte. Als ihr Vater sich weigert aufzustehen, macht sie sich selbst auf die Suche nach dem Ursprung der Geräusche. Allein und nur mit einer schwachen Lampe bewaffnet erforscht sie jeden Raum im Erdgeschoss, dicht gefolgt von der Kamera; der Zuschauer hautnah an ihr dran. Sie hört erneut Schritte - diesmal aus dem Obergeschoss. Die Warnungen des Eigentümers noch im Ohr, setzt sie langsam einen Schritt vor den anderen die alte, morsche Treppe hinauf. Mehrere dunkle Zimmer liegen vor ihr. Sie geht langsam in eines hinein, streckt die Lampe in die Finsternis und sucht nach einem Tier oder einem anderen Eindringling, doch was sie sieht ist weitaus schrecklicher. Sie schreit, lässt die Lampe fast fallen und eilt nach unten zu ihrem Vater, doch dieser ist verschwunden. Ab hier beginnt der Terror, den der Zuschauer in Echtzeit miterleben kann und an dessen Ende ein Moment steht, der nicht im Drehbuch stand...

In Echtzeit

"La Casa Muda" rühmt sich mit der Aufschrift, dass es "der bisher einzige Horrorfilm [ist], der ohne Schnitte und somit in Echtzeit gedreht wurde". Ob dies nun stimmt oder nicht wissen nur die Jungs und Mädels von der Postproduktion, aber das soll dem Film keinen Abbruch tun. Die Nähe, die der Zuschauer zum Geschehen hat, ist ohne Beispiel. Man fühlt sich als Teil der Geschichte, als Beobachter und Mitstreiter und man hat tatsächlich an vielen Punkten panische Angst davor, dass man etwas sieht; bzw. das man von etwas angesehen wird. Das schwache Licht der Lampe dringt kaum in die alles verschlingende Finsternis und wenn man denk, man sehe etwas ist es auch schon wieder weg. Plötzlich kommt ein Geräusch aus einem anderen Raum; Schritte, Knarren, ein Schrei und sofort muss man im Zimmer alle Lampen anmachen, um sich zu vergewissern, dass dies alles nur im Film ist. Die Nähe und die Macht mit der dieser Film den Zuschauer in seinen Bann zieht, ist unangefochten gnadenlos. Dies gelingt dem Regisseur Hernández vor allem dadurch, dass Laura bzw. die Schauspielerin Florencia Colucci keine Ahnung hatte, was wann wie wo passieren würde. Die Momente in denen sie Angst "spielt" hatte sie tatsächlich Angst und die Momente, die sie erschrocken auf den Boden sinken und weinen ließen waren nahezu real. Die Grenze zwischen Spiel und Realität verwischen in diesem Film nicht nur bei ihr, sondern auch beim Publikum.

Die Musik macht den Ton

Ein weiterer Aspekt, der das beklemmende Gefühl Teil dieser Geschichte zu sein hervorruft ist, dass es keine Hintergrundmusik gibt. Nichts. Kein Orchester, kein sanftes Pochen, keine Schockmomente durch einen lauten Paukenschlag - nichts! Erst hier merkt man, wie sehr die Musik unsere Emotionen beeinflusst. Ohne Musik nehmen wir fast automatisch die Gefühle der Protagonisten an und die sind in diesem Film nahezu immer panische Angst und Verzweiflung. Keine Musik, nur eine digitale Kamera, nur 4 Darsteller und trotzdem ein stimmungsvoller Horrorfilm? Das nennt man effektive Budgetnutzung im LowLowLow Budget Bereich.

Fazit

"The Silent House" ist kein Mainstream Horrorfilm der jedem gefällt - aber das will er auch nicht. Der Film ist experimentell, hat kein Budget und wirkt an vielen Stellen unplausibel und nicht durchdacht. Dadurch, dass Colucci meistens nur "Zwischen Tür und Angel" Regieanweisungen und Drehbuchinformationen gegeben wurden, wirkt ihr Spiel gelegentlich unstrukturiert und unbeholfen. Wie soll man denn auch einen "starken Moment" spielen, wenn man eigentlich panische Angst vor der nächsten Türe hat? Die Kritiken um diesen Film sind legitim und vielleicht ist ja die amerikanische Version wirklich besser, doch allein, dass sich "La Casa Muda" traut völlig neue Wege einzuschlagen und dies auch konsequent durchzieht, ist einige Fehlgriffe beim Spiel, Set oder der Kameraeinstellung wert. Zudem hat der Film den "Brech-Bonus" (wenn etwas unglaublich schreckliches passiert übergibt sich der Darsteller) sowie den "überraschendes Ende-Bonus" - das qualifiziert ihn zumindest dazu nicht in der Ramsch Kiste oder einer fünftklassigen Filmbox zu landen.



Experimentell, erdrückend, fesselnd - ein kaum beachteter Diamant der Horrorfilm-Welt!

Punktewertung

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   Titel The Silent House
   Genre
   Release 2011-07-07
   Systeme
   Publisher STUDIOCANAL
   Altersfreigabe Freigegeben ab Freigegeben ab 18 Jahren Jahren
   Homepage
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