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Freundschaften dürfen enden – und trotzdem wehtun!

Sofia Portanet & Sainte Nicole über „Moi pour Toi“


12.12.2025  Captain  0 Likes  0 Kommentare 
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Foto: Sainte Nicole © Mila Darès / Sofia Portanet © Puria Safary . Mehr zum Thema Transparenz.

Über Liebeskummer wird viel gesprochen, über das Ende von Freundschaften dagegen kaum. Genau hier setzt „Moi pour Toi“ an, die deutsch-französische Zusammenarbeit von Sofia Portanet und Sainte Nicole. Der New-Wave-Pop-Song verbindet nostalgische 80s-Ästhetik mit einer emotionalen Offenheit, die bewusst Raum für Trauer, Erinnerung und Akzeptanz lässt. Im Interview spricht Sofia Portanet über persönliche Erfahrungen, die Entstehung des Songs, Mehrsprachigkeit als kreatives Zuhause und darüber, warum Freundschaften oft unterschätzt werden.

Moi pour Toi“ handelt vom Ende einer Freundschaft – wie kam es zu dieser sehr persönlichen Thematik?
Wir reden alle viel über romantische Trennungen, aber wenn eine Freundschaft zu Ende geht, wird damit ganz anders umgegangen. In unserer Gesellschaft haben freundschaftliche Trennungen wenig Raum, und nur wenige gestehen sich ein, dass auch sie, wie romantische, Herzschmerz und viele gemischte Emotionen mit sich bringen können. Irgendwie ist das fast schon ein Tabu. Ich habe vor einigen Jahren eine Freundin verloren, und das hat mich lange beschäftigt und tut es teilweise bis heute noch.

Manchmal gehen Freundschaften eben zu Ende, und das ist okay. Aber man darf auch darum trauern.


Wie habt ihr euch kennengelernt, und wann stand fest, dass ihr gemeinsam einen Song machen wollt?
Sainte Nicole und ich haben uns in Paris während eines Writing-Camps kennengelernt. Wir waren für eine gemeinsame Session eingeplant und hatten sofort einen guten Draht zueinander. Sie meinte, sie habe da eine Idee für ein Thema: es sollte um den Verlust einer Freundschaft gehen. Damit hat sie bei mir sofort den richtigen Nerv getroffen, denn aufgrund meiner eigenen Erfahrungen wollte ich schon länger darüber schreiben. Das Thema stand also schnell fest, und ich wusste sofort, dass mir dieser Song wichtig werden würde. Das ist bei Writing-Camps ja nicht immer der Fall.

Der Song klingt sehr nostalgisch – war der 80s-New-Wave-Sound von Anfang an Teil eurer Vision?
Wir wollten einen gemeinsamen Nenner zwischen Sainte Nicole's und meiner Klangästhetik finden – und der 80s-Sound war dafür eine gute Grundlage. Beim Writing ging der Song zunächst noch etwas stärker in eine elektronische Richtung. Als wir die Produktion später in Norwegen finalisiert haben, war uns jedoch klar, dass wir den Song organischer, waviger klingen lassen wollten. Also haben wir echte Gitarren und einen echten E-Bass eingespielt. Für mich waren Künstlerinnen wie Mylène Farmer, Christine and the Queens / Redcar und Kate Bush klare Referenzen, was Emotionalität und Klangästhetik angeht.

Wie beeinflusst Mehrsprachigkeit euren kreativen Prozess?
Ich bin dreisprachig aufgewachsen: Deutsch, Spanisch und Französisch sind meine drei Sprachen, Englisch kam später dazu. Für mich gibt es beim Schreiben keine sprachlichen Grenzen. Meine Musik ist ein weiteres Vehikel, um meiner Mehrsprachigkeit und den darin enthaltenen Identitäten sowie kulturellen Einflüssen Ausdruck zu verleihen. Ich habe zwanzig Jahre in Paris gelebt, und einen Song auf Französisch zu schreiben bringt mich diesem Teil meiner Identität wieder näher.

Freundschaften haben nicht denselben Stellenwert wie romantische Beziehungen.


In Zeiten von Social Media werden Freundschaften oft oberflächlich – spiegelt „Moi pour Toi“ auch ein Stück Kritik an unserer schnelllebigen Welt wider?
Es ist keine Kritik per se, aber die Tatsache, dass das Thema mit einer gewissen Besonderheit behandelt wird, ist ein Indikator dafür, dass Freundschaft in unserer Gesellschaft definitiv zu kurz kommt. Freundschaften haben nicht denselben Stellenwert wie romantische Beziehungen. Paare werden allgemein als „wichtig“ anerkannt, doch zu sagen, dass auch Freundschaften gewisse Verantwortungen mit sich bringen und dass man ihnen einen Wert beimisst, der über das gemeinsame Feiern / oberflächlichem Zeitvertrieb hinausgeht, ist keineswegs selbstverständlich. Freundschaften spiegeln uns wider – sie zeigen uns, wer wir sind und wo wir mit uns und unserem Leben stehen. Im besten Fall geben sie uns Liebe und Halt. Aber wenn man sie nicht pflegt, kann man auch nicht allzu viel von ihnen erwarten.

Wie wichtig ist euch visuelle Ästhetik – etwa bei Cover, Styling und Musikvideo – im Gesamtbild eurer Musik?
Ich habe in den letzten Jahren viele Musikvideos veröffentlicht. Jeder, der meine Arbeit kennt, weiß, dass ich großen Wert auf das Visuelle als Ergänzung zur Musik lege. Für diesen Song haben wir jedoch kein Video gedreht, sondern uns auf Social-Media-Content konzentriert. Das Thema ist so nahbar, dass auch die visuelle Umsetzung nahbar und echt sein sollte – und dafür ist Social Media ein ideales Vehikel.

Das Cover stammt aus einer ganz normalen Photo Booth, wie wir sie alle kennen und mit der wir lustige Momente mit Freund:innen verbinden. Wir wollten etwas schaffen, das natürlich ist – so wie eben Freundschaften.

Wenn ihr „Moi pour Toi“ mit drei Worten beschreiben müsstet – welche wären das?

Nostalgisch, Düster, Ehrlich.


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