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Von Pong und blauen Bytes: Ein Interview mit Jochen Peketz


2010-08-06  Spielemagazin  10 Likes  0 Kommentare 
Von Pong und blauen Bytes: Ein Interview mit Jochen Peketz Bild Von Pong und blauen Bytes: Ein Interview mit Jochen Peketz Screenshot Von Pong und blauen Bytes: Ein Interview mit Jochen Peketz Foto

1.) Herr Peketz, Sie sind Leiter des "Gameslab" beim Spielehersteller "Blue Byte", der sicherlich vielen unserer Leser bekannt ist. Aber was können wir uns unter dem "Gameslab" vorstellen?
Das Gameslab ist dafür eingerichtet worden, unsere Spiele noch besser verständlich und zugänglicher für die Spieler zu machen.

D.h. wir machen im Gameslab keine Fehlersuche im eigentlichen Sinne, sondern testen Beispielsweise, ob eine UI sinnvoll aufgebaut ist und alle Buttons verständlich und gut zu erreichen sind.

Die Tests können einfache Aufgaben und Teilbereiche beinhalten, aber auch durchaus mal ein kompletter Walkthrough sein. So können wir die Schwierigkeitsverteilung über ein komplettes Spiel ausbalancieren.

Um Ergebnisse zu erzielen, die möglichst nah an der Zielgruppe sind, werden anhand spezieller Profile Endkunden zu uns eingeladen, um mit ihnen die Tests durchzuführen.

2.) Was genau sind Ihre Aufgaben als Leiter des "Gameslab"?
Da decke ich verschiedenste Bereiche ab. Zum Einen muss so ein Test ja geplant werden. Das fängt damit an, dass ein Team auf mich zukommt und sagt, wir wollen etwas Bestimmtes getestet haben.

Dann geht es erst mal um viel Organisatorisches: Die Räume für die Tests müssen bereit gestellt, Testversionen erstellt und natürlich die Tester eingeladen werden.

Ist das alles so weit vorbereitet fange ich an, einen Testplan zu erarbeiten. D.h. es wird ein Dokument erstellt, welches hinterher zur Beobachtung während der Tests dient. Dieses Dokument ist so angelegt, dass unsere Beobachter nach einer kurzen Einweisung in der Lage sind, selbstständig die Tester zu beobachten. Die Fragestellungen sind dabei so ausgelegt, dass möglichst neutrale Ergebnisse erzielt werden, um nicht schon durch die Fragestellung die Antwort zu beeinflussen. Das können ganz einfache Dinge sein, wie z.B. das Zählen von Button-Clicks, um zu sehen, ob bestimmte Dinge ergonomisch sind oder nicht. Aber auch komplexere Sachverhalte: Ein Beispiel aus Siedler VII wäre hier, dass der Spieler gefragt wird, was er alles tun muss, um am Ende eine Kanone zu bauen. So kann man erkennen, ob die Warenkreisläufe und wesentliche Bedienelemente verstanden wurden.

Dann muss so ein Test natürlich durchgeführt und ausgewertet werden, damit die Teams schnell sehen können, wo noch Bedarf an Nachbesserung besteht.

Außerdem kommt noch der ganze "Kleinkram" hinzu: Beobachter finden, unsere Datenbank pflegen, interne Kommunikation usw. usw.

3.) Wie muss man sich den kreativen Prozess bei der Erstellung eines Spiels vorstellen? Können Sie einen kurzen Überblick über den Entwicklungsprozess geben?
Gewöhnlich fängt die Entwicklung mit einer Idee an. Oft werden dann bestimmte Elemente auch in Prototypen schon mal ausprobiert, um zu sehen, ob sich Dinge auch wirklich umsetzen lassen und ob sie Spaß machen. Dann kann es auch schon mit der Produktion losgehen: Das Gamedesign Dokument wird erstellt und daraus werden die Aufgaben für die einzelnen Abteilungen abgeleitet. Was muss Programmiert werden? Welche Grafiken brauchen wir? Wie werden die Level aussehen? etc. Ab dann beginnt ein iterativer Prozess: Sachen ins Spiel einbauen, testen, ggf. ändern und immer weiter bis zur Fertigstellung arbeiten.

4.) Im "Gameslab" sollen Spieler die Möglichkeit bekommen aktuelle Neuentwicklungen für ihr Haus zu testen. Wie läuft das in der Praxis ab?

Wir rufen oder schreiben potentielle Kandidaten an und stellen so Testgruppen zusammen. Zum Termin kommen die Tester dann hier nach Düsseldorf. Wir haben hier spezielle Räume in denen unser ganzes Testequipment steht.

Die erste Phase des Tests ist meistens, dass die Spieler ohne jegliche Hilfestellung durch uns den entsprechenden Titel oder Teilbereiche spielen. Danach werden Fragen gestellt und die Daten aufgenommen. Am Schluss gibt es noch die Möglichkeit, allgemeines Feedback abseits des von uns vorbereiteten Fragenkatalogs anzubringen.

5.) Die Spielereihen "Anno" und "Die Siedler" gehören zu den bekanntesten Marken aus dem Hause Blue Byte. Welches Spiel aus eigener Schmiede der letzten Jahre ist aus ihrer persönlichen Sicht das Beste gewesen?
Mir persönlich gefällt tatsächlich der aktuelle Siedler Teil (Siedler VII) am besten. Ich denke, wir haben es geschafft, wieder einen guten Schritt in Richtung der alten Werte zu machen und z.B. die Warenkreisläufe zu stärken. Darüber hinaus sind aber die Siegpunkte ein innovatives Feature, welches die Multiplayerpartien einfach spannend macht.

6.) Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten? Was am wenigsten?
Es ist sicherlich sehr spannend, verschiedene Projekte von Anfang bis Ende zu begleiten und dabei zu helfen, sie besser und besser zu machen. Es ist aber auch toll, dass ich mit vielen verschiedenen Leuten zu tun habe, die hier vorbei gucken, um uns mit ihrem Feedback zu helfen. Dabei lernt man immer wieder interessante Menschen kennen.

Am wenigsten, hmm mal überlegen, vielleicht dass unsere Firmeneistruhe nicht immer das Eis zum Verkauf anbietet, auf das ich gerade Lust habe.

7.) Darf man fragen, welches ihr erstes Lieblingsspiel war? Und warum dieses Spiel?

Hui, da muss ich ja jetzt damit rausrücken, wie alt ich bin *lach*. Das erste Lieblingsspiel war entweder Pong oder Fußball auf dem ColecoVision. Es war einfach völlig neu, ein Gerät an den Fernseher anzuschließen und selber beeinflussen zu können, dass da etwas passiert und dann noch gegen Freunde spielen und diese besiegen zu können. Obwohl die Spiele primitiv waren und mich Spiele hinterher auch immer wieder begeistern konnten, konnte diese Art der Faszination durch Innovation einfach nicht wiederholt werden.

8.) Was war der bisher schlimmste Job?
Arzneimitteltester, das erklärt auch so einiges an mir. Nein, jetzt mal ernst. Während meines Studiums habe ich nebenbei Verkaufsdisplays in einer Fabrik bestückt und verpackt. Das war anstrengend und oft auch stupide, aber selbst dem Job konnte man Gutes abgewinnen und mit den richtigen Kollegen geht fast alles.

9.) Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie und sehe einfach meinem Sohn beim Größerwerden und Erfahrungen sammeln zu. Wenn es meine Zeit zu lässt, bin ich aber auch am Computer oder der Konsole zu finden, um zu zocken. Leider habe ich in den letzten Jahren nicht mehr die Zeit, um in Bands zu spielen, wie ich es früher gemacht habe.

10.) Welche aktuellen Projekte stehen bei Ihnen in nächster Zeit an?
Das ist für uns immer ein heikles Thema und ich kann da leider nicht viel zu sagen. Aber so viel ist sicher: wir werden weiter spannende Titel entwickeln und mit Sicherheit auch noch die eine oder andere Überraschung präsentieren.

11.) Möchten Sie uns sonst noch etwas sagen?
Oh, Platz für eine Lebensweisheit ;): Macht das woran ihr Spaß habt. Dann wird es auch gut.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Links zum Thema:
http://www.spielemagazin.de/main/spiele/spielenews/blue-byte-eroffnet-das-gameslab/

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