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Von schlechtem Karma bei Computern bis zum Ende des Metal - ein Interview mit Hansi Kürsch von Blind Guardian


2011-12-04  DasStampa  10 Likes  0 Kommentare 
Es gibt wohl kaum eine Metalformation, die die Szene derart geprägt hat wie die Power-Metaller Blind Guardian. Für viele Metaller ist diese Band, die stets für mindestens eine Überraschung gut ist, quasi die "Einstiegsdroge" in die wunderbare Welt der Stromgitarrenmusik und des Headbangens. In einem sehr amüsanten wie informativen Interview mit der sympathischen Stimmgewalt, dem Frontmann der "Blinden Wächter", plauderten wir über aktuelle Projekte, die Zukunft des Metal und natürlich auch über Videospiele.

Jan-Dirk Steffens: Moin Hansi, wie geht's Dir?

Hansi Kürsch: Och, ganz gut. Ich bin so ein bisschen im Stress was so die Best Of-Platte angeht, aber ansonsten geht es.

JD: Perfekte Überleitung, da sind wir auch schon mitten in der Thematik. Kannst Du uns Näheres über das Best Of erzählen? Ich hab gelesen, dass 2 Lieder pro Album gefeatured werden sollen. Ist es dabei geblieben?

HK: Dieses Ziel ist nicht ganz erreicht worden, mehr oder weniger ist es aber so. Wir sind von unserer alten Plattenfirma EMI angesprochen worden, ob wir Lust haben, die Platten von 1987 - 2005 abzumischen. Wir fanden die Idee eines Best Of-Albums aufgrund der Tatsache, dass wir im nächsten Jahr unser 25-jähriges feiern, gar nicht so verkehrt und waren dann nur der Meinung, wenn wir schon so ein Album machen würden, dann sollte auch die Zeit die praktisch nach unserem Abgang bei der Virgin, die ja auch noch ein paar schöne Platten hervorgebracht hat, berücksichtigt werden, sodass wir darauf bestanden haben, dass wie auch Nuclear Blast Material verwenden wollten, um ein möglichst repräsentatives Produkt auf den Markt zu bringen. Und da ging es uns so ein bisschen um die Auswahl der Songs und haben für uns entschieden, so repräsentativ wie möglich für jede Ära dieses Album zu gestalten. Die ursprüngliche Idee war, von jedem Album 2 Titel zu verwenden. Letztendlich ist uns das auch fast komplett gelungen.Wir haben lediglich von unseren ersten Album "Battalions of Fear" und unserem vorletztem Album "A Twist In The Myth" insgesamt 2 Nummern auf dem Album, dafür aber dann, aufgrund der besonderen Stellung, die "The Bard's Song" in unserer Karriere einnimmt, 3 Nummern von der "Somewhere Far Beyond"

JD: Man kann also sagen, dass es sich so grob ausgleicht?

HK: Genau, es gleicht sich grob aus und da fällt mir ein, dass von der "A Night At The Opera" auch nur ein Stück aufs Album kommt. Allerdings geht dieses Stück 15 Minuten lang (And Then There Was Silence, Anm. des Redakteurs) und allgemein kann man sagen, dass schon eine Menge Material drauf ist. Parallel dazu gibt es noch eine Special Edition mit 3 CDs. Auf dieser dritten CD gibt es dann noch rares Material, die ersten Demos zum Beispiel und diverse Demoaufnahmen, die wir zu Beginn unserer Karriere immer vor den jeweiligen Alben gemacht haben, sodass dann einige Alben, wenn man diese dritte CD hinzuzählt, auch stärker vertreten sind.

JD: Wow, das klingt interessant. Sind das dann noch Stücke, die ihr unter Lucifer's Heritage aufgenommen habt?

HK: Ja, genau, da hatten wir 2 Demos gemacht, die allerdings auch schon teilweise auf dem Remaster-Release von 2007 zu hören sind. Nun sind wir aber speziell ans erste Lucifer's Heritage-Demo herangegangen und haben da technisch nochmal was aufgearbeitet, weil da damals etwas falsch gelaufen ist was wir jetzt glücklicherweise korrigieren konnten und jetzt klingt's auch anständig.

JD: Ich sehe, wir dürfen also seht gespannt sein. 20. Januar 2012 ist der offizielle Release, richtig?

HK: Ja, genau.Was ich sehr schön gelungen finde ist die Tatsache dass, obwohl da 25 Jahre Musik und noch mehr präsentiert werden, wir, wenn man jetzt mal von den Demoaufnahmen absieht, ein Soundgewand gewählt haben, was relativ modern klingt und das ganze auch sehr organisch erscheinen lässt. Also ich denke auch die Leute, die noch die alten Scheiben haben, entsprechend auch das Material auch schon mal zu hören bekommen haben, werden sich zum Beispiel mit einer Neuaufnahme von "Valhalla" anfreunden können.

JD: Das denke ich auch. Ihr habt ja auch eine wahnsinnige Entwicklung hinter euch gebracht, sprecht aber immer noch ein breites Publikum an. Ich war letztens auf einem Konzert und es waren Menschen unterschiedlichsten Alters dort. Auch international lässt sich euer Erfolg nicht bestreiten. Wie erklärst Du Dir den Erfolg eurer Band?

HK: Ich glaube, der Hauptgrund ist glücklicherweise bei uns immer noch die Musik, die hat sich verändert. Wir haben eigentlich nie unsere Wurzeln verleugnet und sind auch immer noch weitestgehend heraushörbar, aber man merkt schon, dass wir nicht auf einer Stelle getreten sind. Das liegt daran, dass wir uns einfach weiterentwickelt haben, nicht nur spieltechnisch, sondern auch mental. Es sind Sachen eingehoben worden, die zeitgemäß sind. Das machen viele Metalbands nicht. Wenn die einmal ihren Stil gefunden haben, produzieren sie eigentlich stets ein ähnliches Produkt. Wir haben diese Trademarks nie verleugnet und weben diese auch immer wieder ein, aber da sind immer wieder überraschende Elemente, die es auch jungen Leuten möglich machen, sich mit der Band zu identifizieren. Was uns sehr zum Vorteil kommt,ist, dass wir, wie die meisten anderen Bands, keine festgelegten Formen haben. Wir komponieren immer noch quasi im Freestyle und wissen manchmal zu Beginn einer Schaffensphase selber noch gar nicht, was hinten heraus kommt. Da ist auch sehr viel Überraschungsmoment für uns gegeben und das scheinen die Leute zu hören und das scheint auch draußen anzukommen. Damals glaube ich, jetzt so in den späten 1980ern, und dann auch in den 90ern, war das Entscheidende, dass wir direkt solch eine Erfolg hatten natürlich auch schon die Musik, aber auch die Verwebung mit mythischen und fantastischen Themen. Das, würde ich mal sagen, kam bei den Leuten gut an und war bei uns glaubwürdig.

JD: Stimmt, ihr hattet ja Ende der 1990er das Konzeptalbum "Nightfall in Middleearth", welches das Tolkien-Universum abgehandelt hat und auch die Welt um das "Rad der Zeit" wurde in eurem aktuellen Album in 2 Songs kurz angerissen. Könntet ihr euch vorstellen, auch andere Fantasy-Universen zu vertonen? Ich denke da beispielsweise an "Das Schwarze Auge" oder "Dungeons and Dragons" oder gar ein ganzes "Ancaria"-Album.

HK: Ancaria wäre schon mal nicht ganz so verkehrt, da haben wir uns schon ein bisschen eingearbeitet. Es ist immer die Frage, wie stark die Inspiration uns bei solchen Themen überfällt. Das war jetzt bei "Wheel of Time" relativ stark und deswegen sind diese beiden Nummern glaube ich auch so gut geworden und das ist meistens so. Irgendwann verweben sich die Themen mit den Songs. Bei den von Dir besagten Themen ist es bei mir noch nicht so gewesen, dass die mich jetzt so gekickt hätten. Da würde mir erst mal der Zugang fehlen. Bei Ancaria war es ein bisschen anders. Da gab es die Anfrage und Marcus und Andre waren schon riesige Fans vom ersten Spiel und dann konnte ich mich dann so richtig einarbeiten und auch ein Gefühl entwickeln. Es ist häufig schwierig, wenn ich die Sachen nicht wie der "Herr der Ringe" oder das "Rad der Zeit" praktisch schon mit der Muttermilch aufgenommen habe. Es muss diese Magie dabei sein.

Ich weiß noch, als wir in den 90ern angefangen haben, an der Somewhere Far Beyond zu arbeiten, spielte der Andre ein Computerspiel namens "The Bard's Tale" und das hatte so einen starken Einfluss, dass ich dan die Idee hatte, ein Konzeptalbum zu kreieren, was im Grunde genommen nur dadurch entstanden ist, das Andre dieses Spiel in den höchsten Tönen gelobt hat und dann auch so ein bisschen ins Detail gegangen ist. Ich bin eigentlich überhaupt kein Computer-Rollenspiel-Fan, aber das war dann einfach so stimmig und kompakt, dass wir den Barden dann auch irgendwie zu unserem Trademark gemacht haben. Zu "The Bard's Song" selbst stand auf anderen Seite überhaupt kein Bezug dazu, es ist einfach manchmal ziemlich komisch, wie sich die Sachen so entwickeln.

JD: Also ist das Spiel "The Bard's Tale" quasi "Schuld", dass es die "Somewhere Far Beyond", wenn man es so will?!

HK: Irgendwie schon, ja. Wir lassen uns einfach von vielen Dingen inspirieren um dann hoffentlich auch andere Leute zu inspirieren. Ich bin froh, dass viele Leute über uns zum Metal kommen. Gerade Leute, die dann is extremere Musikrichtungen abmarschieren, haben mit uns tatsächlich ihren Einstieg gefunden.

JD: Das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen, in meinem Freundes- und Bekanntenkreis ist das genau so.

HK: Ja, es ist teilweise echt verblüffend. Ich bin natürlich froh über die Leute die bleiben (lacht), weil manchmal redet man dann mit Leuten, die sagen: Ja, ihr wart damals die Besten und die Größten, aber mittlerweile höre ich euch nicht mehr so häufig. Ja, auch das passiert, aber ich denke, das ist der Lauf der Dinge.

JD: Ja, ich kann mich erinnern, dass es in der Fangemeinde viele Unkenrufe gab, als ihr die orchestrale Schiene eingeschlagen habt, getreu dem Motto: "Aaaah, das sind gar nicht mehr Blind Guardian, ihr habe eure Wurzeln verraten!", wo ich dann auch gedacht habe: Das ist doch hanebüchener Blödsinn, es ist eine Entwicklung und Du hattest in einem Interview selber mal gesagt, dass das Album ein Experiment sei und ihr euch musikalisch ausprobieren wolltet. Ich denke, es wird all zu häufig vergessen, dass Musik Kunst ist und Kunst nun mal dynamisch.

HK: Ja, das würde ich so unterstreichen. Ich empfinde es nach wie vor als Kunst und sind dann auch dementsprechend mit jedem Stück vertraut und das bedeutet uns dann immer auch so viel. Ich glaube, das ist die Kehrseite der Medaille. Wir haben so viele Sachen gemacht, unter anderem diese orchestralen Elemente, die mal stärker und mal schwächer zum Vorschein kommen und das bietet natürlich Angriffsfläche. Zum Einen bei denen, die einen eh nicht mögen, zum Anderen entstehen dann aber auch kontroverse Meinungen bei den Fans, weil man vielleicht eine bestimmte musikalische Richtung bevorzugt und dann enttäuscht ist, dass die ursprüngliche Härte dem doch eher sanften Orchestralen weicht. Oder aber, man weicht von dem Traditionellen ab und geht musikalisch modernere Wege.

"Fly" ist ein gutes Beispiel. Einigen hat das Lied sehr gut gefallen, anderen wiederum nicht. Ich finde, das macht Kunst und Musik aus und es gibt nichts Schlimmeres, als ein uniformes "Rumgespiele", was alle nett finden, aber keiner überragend. Dann lieber auch mal dem einen oder anderen Fan vor den Kopf stoßen, man muss es einfach so hart sagen, dafür dann aber für sich selbst, und vielleicht auch für eine andere Zielgruppe etwas ganz Besonderes zu schaffen.

JD: Das denke ich auch, zumal ja jedes Album ein Kunstwerk für sich ist. Da komme ich auch gleich zum nächsten Thema, und zwar: Studioalben. 2013 sei ein denkbares Jahr und es steht im Raum, ob es denn ein traditionelles oder wieder ein orchestrales Album werden soll.

HK: Das, steht auch so immer noch im Raum. Das kann man wirklich nicht so festlegen, weil wenn wir jetzt einen guten Run haben mit regulären Songs, dann würde ich das fast vorziehen wollen. Sollte sich das Ganze eher zäh gestalten, dann bleiben wir doch etwas konzentrierter bei den orchestralen Sachen und werden die zuerst veröffentlichen. Ich glaube aber generell, das beide Alben zeitnah beieinander liegen werden, sprich zum Beispiel ein Release in 2013 und den anderen dann ein Jahr später.

JD: Dann steht ja spätestens zu diesem Zeitpunkt eine längere Tour an, richtig?

HK: Jein, wenn das orchestrale Album zuerst kommen sollte, wird das von der Organisation her wesentlich schwieriger. Wir sind im nächsten Jahr noch unterwegs und spielen einige Festivals in Deutschland. Danach wird es dann erst mal ne Zeit lang ruhiger. Aber wenn das nächste reguläre Album erscheint, kann man schon fast damit rechnen, dass wir in diesem Jahr dann auch noch touren werden. Es ist halt ziemlich aufwändig, eine orchestrale Tour zu planen. Wenn man sich die orchestralen Sachen bereits jetzt anhören könnte, und das können die meisten Leute ja nicht bis wir das Album veröffentlichen, dann wärst Du und die Leute, die diesen Artikel lesen werden, noch gespannter, denn es ist echt sehr spannendes Zeugs.

JD: Du spannst mich jetzt reell auf die Folter. (lacht) Du spielst mit unfairen Mitteln.

HK: (lacht) Ja, aber das gehört ja auch dazu.

JD: Apropos Konzerte und Festivals: Geiselwind rückt immer näher, ihr seid Headliner und Iced Earth sind auch da. Dürfen wir mit einem Auftritt von "Demons & Wizards" rechnen?

HK: Nein, das wird nicht funktionieren. Jon ist ja mittlerweile seit 2 Monaten unterwegs und wir haben da überhaupt keine Chance, das im Vorfeld einzuproben. Natürlich ist es rein theoretisch bei solch einer Show möglich, ist aber aufgrund der Iced Earth-Thematik nicht möglich gewesen. Aber irgendwann, denn ich hätte auch tierisch Bock auf eine Tour, denn mit Demons and Wizards haben wir ja nicht viele Shows gespielt. Aber auch die Studioarbeit ist eine tolle Abwechslung.

JD: Also quasi kultureller Austausch und sich mal wieder neu (er-)finden.

HK: (lacht) Ja, es befruchtet sich dann immer ganz nett und man nimmt immer ein bisschen mit rüber.Es ist dann sehr individuell ,wie man die Erfahrungen für sich transportiert.

JD: Ja, ich verstehe. Nächstes Jahr seid ihr auf dem Metalfest West am Loreleyfelsen. Was sind Deine Erwartungen hierzu?

HK: Ich weiß erst seit ca. 2 - 3 Wochen, dass es ein Loreleyhappening geben soll und wir dort spielen. Ich denke mal, dass es dort eine unfassbar schöne Location ist und dass wir, zwar mit weniger Leuten, aber ähnlich atmosphärisch etwas gestalten können wie in Wacken.

JD: Seid ihr denn eher eine Band, die kleinere Festivals bevorzugt oder sagt ihr: Wacken, und alles was kleiner ist, haut mich nicht vom metallischen Hocker?

HK: Es ist immer schwierig. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Promoter denken, dass wir auf kleineren Festivals gar nicht spielen, was aber eigentlich gar nicht der Fall ist. Wenn es sich zeitlich ermöglicht, klar, dann spielen wir auch auf kleineren Festivals, nur wenn wir eine Tour gemacht haben, nehmen wir noch das eine oder andere Festival mit und sind von der Bildfläche verschwunden. Momentan ist es aber anders, aufgrund des 25-Jährigen und des Best Of-Albums und anderer Aktivitäten, die wir in unseren Köpfe herumschwirren haben, und da sind solche kleineren Festivals eine willkommene Abwechslung. Prinzipiell ist die Größe des Festivals nicht entscheidend, es muss halt gut vorbereitet sein und unsere Spielzeit sollte angemessen sein.

Solange wir dann im oberen Drittel oder ganz oben spielen dürfen, sprich ca. 80 - 90 Minuten, ist alles gut. Im Ausland spielen wir manchmal auch Shows, wo wir dann nur 60 Minuten auf die Bühne dürfen und das ist echt gewöhnungsbedürftig. Da macht es schon mehr Sinn, eine Headliner-Festival-Tour zu machen, wie sie im nächsten Jahr stattfindet.

JD: Wo Du gerade Headliner-Festival sagst: Das Blind Guardian-Festival war seiner Zeit ziemlich erfolgreich. Wird es so etwas in Zukunft nochmal geben?

HK: Nach dem Orchester-Album wäre es rein theoretisch möglich. Wir haben immer mal wieder darüber gesprochen, haben es dann aber schließlich wieder zu de Akten gelegt, da es logistisch doch recht schwierig ist, zumal das Festival ja keinen regelmäßigen Turnus hat und wir uns immer wieder neu in die Thematik einarbeiten müssen. Es steht aber im Raum und es wird irgendwann nochmal solch ein Festival geben. Denn ich war von der Stimmung und der Organisation, obwohl ich privat nicht der Mensch bin, der sich wahnsinnig viele Festivals als Fan anschaut, echt begeistert. Ich konnte mich gut in die Leute hineinversetzen und hätte mich als Fan sehr wohl gefühlt.

JD: Das ist schön zu hören und auch hier dürfen wir einmal mehr hoffen. Nun habe ich eine grundsätzliche Frage an Dich: Was wünscht Du Dir für die Zukunft des Metal und wo siehst Du den Metal in 50 Jahren?

HK: In 50 Jahren? Das ist mal gut, das ist ein Zeitrahmen, der schwer vorher zu sagen ist. Ich denke, dass sich die Musik extremst verändert hat und da wäre ich wirklich noch überrascht, wenn es Metal noch geben würde. Ich glaube, es gibt dann eher eine Verquickung von moderneren Jazz-Genres über Punk und Metal, irgendwas in dieser Kombination was die alten Stilistiken außer Kraft setzt, was nun nicht heißt, dass die alten Klassiker nicht mehr funktionieren. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Metal komplett so weiter entwickelt. Da fehlt mir ehrlich gesagt so ein bisschen die Fantasie. Ich denke, dass es musikalisch basicher werden wird, sprich man bevorzugt rein handgemachte Sachen, eher Richtung Blues/Rock n Roll oder eben sehr bombastisch-orchestral weiter fortschreitet, dann aber auch sehr innovativ. Quasi Pink Flyd in der Zukunft.

JD: Musik spiegelt ja auch immer den Zeitgeist wieder.

HK: Ja, zum einen das, zum anderen habe ich das Gefühl, dass die Metal-Szene den anderen Genres häufig 2 Schritte vorweg ist. Wenn Metal innovativer wird, dann wird die restliche Musikszene sehr traditionell und bieder. Umgekehrt ist dies aber auch der Fall, quasi eine wechselseitige Beziehung. Ich habe immer das Gefühl, Metal ist immer so ein bisschen vorne oder ein bisschen hinten, das ist schwer zu sagen. Wir sind glücklicherweise wieder freier, was die Digitalisierung anbelangt. Das ist beispielsweise im Pop momentan sehr extrem. Ich glaube generell, das handgemachte Sachen immer eine Daseinsberechtigung haben werden und momentan habe ich auch so das Gefühl, dass das von den Acts auch so erkannt wird.

JD: Das nenne ich doch mal eine Prognose. Wir sprechen uns dann in 50 Jahren noch einmal wieder. (lacht)

HK: (lacht) Ja, wir können und ja alle 5 Jahre kurzschließen und den Status Quo irgendwie bestimmen.

JD: Von der Entwicklung in 50 Jahren kommen wir zurück zur Gegenwart. Gibt es in Deinen Augen Hoffnungsträger, die Du uns reinen Gewissens ans Herz legen kannst?

HK: Ich müsste wirklich lange überlegen. In dem Bereich, in dem wir unterwegs sind, fand ich Steelwing jetzt nicht verkehrt, wobei die sehr traditionell sind. Die letzte wirklich große Band, mit der wir getourt haben und wo ich den Eindruck hatte, dass sie den Metal nach Vorne bringen, sind Nevermore und danach wird es dann echt schwer.

JD: Was hältst Du von dem aktuellen Revival der 1980er? Ich denke da zum Beispiel an Bands wie Skull Fist oder Battle Beast.

HK: Ja, diese Kontrabewegung wird ja auch von Jüngern bekannterer Metalpäste propagiert. Ich sehe diese Entwicklung zwiegespalten. Denn ich glaube nicht, dass sich das so lange halten kann, weil es etwas Aufgewärmtes ist. Aber auch diese Bands können sich entwickeln und können dann tatsächlich diese 80er Jahre-Sachen neu definieren und vielleicht darüber ja Erfolg generieren. Jetzt würde ich sagen, dass diese Musik nur einem erlauchten Kreis an Leuten zugänglich ist, weil nicht jeder diese Zeitreise mitmachen möchte. Aber vielleicht liege ich da auch falsch.

JD: Ein interessanter Ansatz. Natürlich wollen wir auch über Videospiele reden sprechen. Du sagtest gerade, dass Computer-Rollenspiel nicht so Dein Ding ist.Spielst Du überhaupt Videospiele oder bist Du eher der Typ, der dann doch zum Brettspiel und/oder Ähnlichem greift?

HK: Kartenspiele sind wunderbar bei mir. Videospiel-technisch gibt es in unserem Haushalt mittlerweile eine Playstation, eine Wii und mein Sohn besitzt auch einen Nintendo DS. Mich sieht man da relativ selten zocken und ich muss sagen, dass das Videospiel bei uns in der Familie generell keine all zu große Rolle spielt. Ich hab in Sacred reingespielt, aber auch nur, um eim Gefühl dafür zu bekommen, wie man das musikalisch umsetzen könnte (lacht). Da bin ich schon eher bei Outburst, Ligretto, Abalone, Schach... Diese Spiele spiele ich eher zuhause.

JD: Das wäre dann auch so Dein Spieltipp, wenn Du dann einen abgeben müsstest?

HK: Mein Spieltipp, ganz ehrlich, ist ein Tisch-Eishockey-Spiel der Firma "Stiga". Das Spiel habe ich zuerst bekommen als ich 12 war und habe es über die Jahre zu einer bestimmten Fertigkeit gebracht. Ich war total traurig, als die Produktion dieses Spiels offiziell eingestellt wurde und umn so glücklicher, als ich einen Stiga-Tisch in einem Spielzeug-Laden wiederfand. Danach kommt Tippkick und dann Schach. Auch das elektronische "Schiffe versenken" gehört zu meinen Favoriten.

JD: Beantworte mir zum Schluss bitte noch folgende Frage bzw. vervollständige folgenden Satz: Ich spiele (nicht) gerne, weil...

HK: Ok, ich spiele Computerspiele nicht gerne, weil ich nach wie vor kein Interesse an Computern habe und kein Talent für diese Spiele. Dazu muss ich den Satz doch ein kleines Bisschen erweitern: In den 80ern, als die C64-spiele doch sehr populär gewesen sind, und Andre schon der Voll-Computer-Crack gewesen ist, wollte er mich immer an seinen neuen Spielen, die teilweise echt nett ausgesehen haben, teilhaben lassen. Nun war es aber so, dass er auch die eine oder andere gecrackte Version hatte, und diese haben, wann immer ich mit dabei war, nie nie nie funktioniert.

JD: Also hast Du quasi schlechtes Computer-Karma?

HK: So ähnlich. Wenn ich in die Nähe eines Computersystems gekommen bin, sind diese regelrecht zusammengebrochen. Bis vor 10 Jahren ging es sogar so weit, dass die PCs in den Studios regelmäßig abgestürzt sind. Das war echt Thema und es gab Leute, die darauf bestanden haben, dass ich den Raum verlasse, darunter Charlie Bauerfeind, der in solchen Geschichten eher weniger abergläubisch eingestellt ist, er ist da schon sehr rational. Aber selbst er hat mich zum Ende der Produktion zu "Nightfall in Middleearth" aus dem Raum geschickt. Das hat sich in den letzten 10 Jahren deutlich verändert oder Computer sind einfach stabiler geworden. Und so entstehen Aversionen.Es war zwecklos. Wannimmer wir geplant haben, die Nacht durch zu zocken, ist es stets ins Wasser gefallen. Zum Glück hatten wir genug zu trinken (lacht).

JD: Ja, aber mit leckeren Getränken kann man sich auch einen schönen Abend machen. (lacht)

HK: Ja, das ist wohl wahr.

JD: Hansi, ich danke Dir für Deine Zeit und diese ehrlichen Aussagen und für die Informationen. Es steht einiges auf dem Plan und es wird Gott sei Dank nicht ruhig um euch und selbst wenn, dann arbeitet ihr fleißig weiter. Danke dafür. Dann sagen wir bis zum nächsten Mal.

HK: Ja, dank Dir auch. Tschüss.

Photocredit: Audrey Dujardin

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